FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Der DAX tritt per Saldo fast auf der Stelle. Vielleicht hat dieser Bewegungsmangel die Zurückhaltung der institutionellen Investoren begünstigt. Privatanleger zeigen sich dagegen deutlich aktiver.
29. Mai 2024. "Pfingsten sind die Geschenke am geringsten", das wusste schon der Dichter Bertolt Brecht. Für das Börsengeschehen galt dieser Satz auch noch nach dem Feiertag, denn sowohl Bullen als auch Bären mussten sich seither gewaltig anstrengen, wenn sie ordentliche Gewinne einstreichen wollten. Tatsächlich notieren wir bis zur heutigen Sentiment-Erhebung ein Handelsband von 1,8 Prozent, und wer sich vor dem Pfingstwochenende engagierte, befand sich ziemlich genau in der Mitte dieser Range. Das war auch bei unserer vergangenen Stimmungserhebung nicht anders: Der DAX gab zwar zeitweise um 0,9 Prozent nach, um sich danach um 1,8 Prozent zu erholen, aber am Ende schlägt im Punktvergleich seit vergangenem Mittwoch ein Minus von 0,5 Prozent zu Buche. Anders ausgedrückt: Das Börsenbarometer vermochte es während der vergangenen zehn Tage nicht, einen deutlichen und nachhaltigen Impuls nach oben oder unten zu geben.
Daher sollte es auch nicht verwundern, dass sich an der Stimmung der von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont - nicht zuletzt auch wegen des in manchen Teilen Deutschlands bevorstehenden Fronleichnamsfestes, das mit dem Freitag als Brückentag für viele Berufstätige ein verlängertes Wochenende möglich macht - gegenüber der Vorwoche nicht viel geändert hat. Unser Börse Frankfurt Sentiment-Index steigt nämlich gerade einmal um einen Punkt auf einen neuen Stand von -20. Allerdings hat sich die Polarisierung zwischen Bullen und Bären - leicht asymmetrisch zugunsten der Bullen - erhöht, da vormals neutral gestimmte Investoren sich möglicherweise an den Rändern des eingangs erwähnten Handelsbandes neu positioniert haben - die neuen Bullen vermutlich im unteren und die neuen Bären im oberen Kursbereich.
Bullishe Social-Media-Akteure
Eine deutlichere Verschiebung gab es dagegen bei den Privatanlegern. Der Börse Frankfurt Sentiment-Index in diesem Panel steigt um 5 Punkte auf einen neuen Stand von +10. Dabei hat sich das Bullenlager am Ende um 3 Prozentpunkte vergrößert, wobei zwei Drittel davon auf vormals bearish eingestellte Akteure zurückzuführen ist, die ihre Position direkt um 180° gedreht haben. Diese Verschiebung geht in erster Linie auf unsere Social-Media-Erhebung zurück, während die übrigen Privatanleger ihre Engagements fast nicht bewegt haben. Auch sind im Gegensatz zu ihnen die Social-Media-Teilnehmer erheblich bullisher eingestellt.
Mit der heutigen Erhebung hat sich die Stimmungskluft zwischen institutionellen und privaten Investoren noch einmal vergrößert, obwohl sich die Sentiment-Indices in beiden Panels - bei den Privatanlegern etwas stärker - verbessert haben.
Relativ neutral
Blickt man allerdings drei oder sechs Monate zurück, relativieren sich die Stimmungsergebnisse von heute. Bei den Privatanlegern handelt es sich bei dieser Betrachtungsweise um einen fast durchschnittlichen Optimismus, mithin um eine fast neutrale Positionierung. ?"hnliches gilt für die institutionellen Investoren, deren Pessimismus aus dieser Perspektive nur halb so hoch ist, wie es das absolute Ergebnis vermittelt.
Nach wie vor gehen wir davon aus, dass die bearishen Engagements der institutionellen Investoren im Falle erneuter Rücksetzer, vermutlich zwischen 18.250 und 18.300 Zählern, aber möglicherweise erstmals auch schon auf etwas höherem Niveau (18.400), zurückgedeckt werden. Diese zu erwartende Nachfrage mag dem DAX zumindest eine vorübergehende Stütze sein, würde aber im Ernstfall nicht ausreichen, um langfristigen Kapitalabflüssen (insbesondere aus dem Ausland) zu trotzen. Allein aus heimischer Perspektive ist die Sentiment-technische Sicht für den DAX derzeit als neutral mit leicht positiver Tendenz einzustufen.
Von Joachim Goldberg
29. Mai 2024, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
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