FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 27. Februar 2015. Das anstehende Kaufprogramm der EZB beflügelt den Markt für Staatsanleihen der Euroländer.
Auf das Ja zur Fortsetzung des Hilfsprogramms für Griechenland, den Beginn des Abzugs schwerer Waffen vonseiten der ukrainischen Armee und die Verschiebung einer Zinserhöhung in den USA reagieren Anleger mit Erleichterung. "Der Wegfall der Störfeuer treibt sowohl Aktien- als auch Anleihemärkte nach oben", berichtet Arthur Brunner von der ICF Bank. Das beflügelte unter anderem den Euro-Bund-Future, der gestern erstmals auf 160 Prozent kletterte. "Gleichzeitig fiel die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen zwischenzeitlich auf ein Rekordtief von 0,285 Prozent." Am Morgen notiert das hiesige Rentenbarometer mit 159,52 Prozent wieder etwas leichter.
Rendite-Tiefststände gibt es auch für Bonds anderer Eurostaaten. Zehnjährige italienische Anleihen bringen nach Berechnung Brunners derzeit 1,3 Prozent, spanische kommen auf 1,23 Prozent und portugiesische erwirtschaften aktuell 1,77 Prozent. Exemplarisch für die hohe Nachfrage nach Rentenwerten insgesamt nennt der Händler eine in dieser Woche neu emittierte spanische 15-jährige Staatsanleihe (WKN A1ZXQ6) mit einem Kupon von 1,95 Prozent, die nach einem Ausgabekurs von 99,59 mittlerweile bei 101,95 Prozent notiere.
EZB bestimmt den Kurs
Brunner ergänzt, dass damit das im März beginnende Anleihen-Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank seine Schatten voraus werfe. Anleger deckten sich insbesondere mit Werten ein, die auf der Einkaufsliste der Notenbank stünden. Bei der Suche nach positiver Verzinsung sind der Helaba zufolge überwiegend lange und ultralange Laufzeiten gefragt.
Die Rechnung ohne den Wirt gemacht
Allerdings könnten die derzeitigen Anleihen-Besitzer dem neuen EZB-Programm durchaus einen Strich durch die Rechnung machen. Nach Meinung von Klaus Stopp von der Baader Bank halten viele Banken und Fondsmanager lieber an ihren Beständen fest, da diese oft noch aus Zeiten höherer Zinsphasen stammten.
"Kreditinstitute nutzen insbesondere kurzfristige Staatsanleihen gerne als Liquiditätspuffer", begründet der Händler. Denn für diese Wertpapiere müsse anders als bei alternativen Anlagen kein Eigenkapital vorgehalten werden. Bei Abgabe der Bonds würde indes für die Erlöse ein negativer Einlagenzins in Höhe von 0,2 Prozent fällig. "Damit lohnt sich der Verkauf von Staatsanleihen an die EZB nicht." Setze sich diese Haltung fort, könne das QE-Programm an Kraft verlieren und die Gelder würden sich vermutlich andere Kanäle suchen.
Preistreiber für Pfandbriefe
Schon jetzt trügen die Währungshüter zu einem Druck auf den Primärmarkt von Pfandbriefen bei. "Zwischen 20 und 45 Prozent einer liquiden Emission werden derzeit von der Notenbank gezeichnet." Zulässig seien gar 70 Prozent. Das im vergangenen Jahr beschlossene dritte Ankaufprogram für Pfandbriefe habe die Preise künstlich erhöht und entsprechend die Renditen gedrückt. Der Verband deutscher Pfandbriefbanken hofft nun, dass mit dem beginnenden Anleihen-Kaufprogramm der Primärmarkt für Pfandbriefe etwas entlastet wird.
Parkgebühr für die Bundesregierung
Erstmalig platzierte Deutschland fünfjährige Bundesobligationen zu einer Negativrendite von durchschnittlich minus 0,08 Prozent, wie Brunner berichtet. Die Gebote des mit null Prozent Zinsen ausgestatteten Bonds hätten den zugeteilten Betrag von 3,281 Milliarden Euro um das Doppelte übertroffen. Den negativen Ertrag bezeichnen Analysten als eine Art "Parkgebühr" für die Finanzagentur, damit diese das angelegte Geld verwahrt. "Interessant wird sein, wie die Steuerbehörden diese Investitionen einstufen wird", meint Brunner.
Schwacher Euro lockt
Viele Unternehmen nutzten den schwachen Euro zur günstigen Refinanzierung. Beispielsweise hat sich Mexiko nach Angaben von Brunner in dieser Woche mit zwei Tranchen erfolgreich an europäische Anleger gewandt. Käufer einer in 2024 fälligen Anleihe erhalten einen jährlichen Zins von 1,625 Prozent. Ein bis 2045 laufender Wert sei mit einem Kupon von 3 Prozent ausgestattet.
Mit gleich fünf Tranchen mit Fälligkeiten zwischen zwei und 20 Jahren habe sich Coca Cola insgesamt 8,5 Milliarden Euro frisches Geld über den Kapitalmarkt besorgt. "Die Nachfrage war gut", bemerkt Brunner. Anleger hätten deutlich mehr gezahlt als ursprünglich geplant.
Total nutzt Gunst der Stunde
Dass die französische Ölgesellschaft Total trotz des niedrigen Ölpreises an den Kapitalmärkten mittels zweier Anleihen insgesamt 5 Milliarden Euro aufnehmen kann, ist nach Ansicht von Stopp mehr als eine Randnotiz wert. Bei den Hybrid-Anleihen sei die erste (WKN A1ZXH6) mit einem Kupon von 2,25 Prozent zum Februar 2021 beidseitig kündbar. Die zweite Emission (WKN A1ZXH7) komme mit einem Zinssatz von 2,625 Prozent und einer gegenseitigen Kündbarkeit zum Februar 2025.
ThyssenKrupp beliebt
Im Handel mit Unternehmensanleihen gab es nach Beobachtung von Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft rege Nachfrage für einen ThyssenKrupp-Wert (WKN A14J57) mit fünfjähriger Laufzeit und einem Kupon von 1,75 Prozent. "Auf Wochensicht stieg die Anleihe von 99,35 auf 99,77 Prozent.SeniVita gesucht
Gut entwickelt hat sich laut Brunner auch eine kündbare SeniVita-Anleihe (WKN A1XFUZ) mit einem Zins bis zu 7 Prozent plus gewinnabhängiger Komponente. "Innerhalb einer Woche ging es von 97 auf 100 Prozent rauf."
Das Segment hat die Anleihe der insoventen MIFA Mitteldeutsche Fahrradwerke AG gewechselt (WKN A1X25B). Sie ist jetzt in den Open Market einbezogen worden und nicht mehr im Entry Standard.
von Iris Merker, Deutsche Börse AG© 27. Februar 2015
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.