FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 21. Januar 2015. Ungeachtet der Kursgewinne zeihen sich hiesige Anleger zurück. Das könnte sich als gefährlich heraus stellen.
Wichtige Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Dennoch hat der DAX seinen Aufwärtstrend unbeirrt fortgesetzt und den Gewinn gegenüber der vergangenen Sentiment-Erhebung noch einmal um 3,6 Prozent ausbauen können. Obwohl das Börsenbarometer damit innerhalb von 14 Tagen um beinahe 8 Prozent an Wert gewonnen hat, scheint ein Großteil der mittelfristig orientierten institutionellen Marktteilnehmer an diesem Kursfeuerwerk nicht teilnehmen zu wollen. Im Gegenteil: Von denjenigen, die auf den fahrenden Bullenzug noch hätten verlustfrei aufspringen können - die neutral gestimmten Akteure, hat sich fast die Hälfte für die Bärenseite entschieden. Damit ist das Lager der Anleger ohne Engagement nahezu leergefegt und befindet sich mit nur 13 Prozent aller Panelteilnehmer auf dem niedrigsten Stand seit Ende 2013. Obwohl sich der Anteil der Optimisten gegenüber der Vorwoche nicht verändert hat, sorgt diese nun deutliche Polarisierung bei den Befragten dafür, dass sich der Börse Frankfurt Sentiment-Index auf einen Wert von -1 nach +8 in der Vorwoche zurückgebildet hat.
Die Gründe für die jüngst entstandene Skepsis der institutionellen Marktteilnehmer liegen auf der Hand. Zwar scheint man es für höchstwahrscheinlich zu halten, dass in der morgigen EZB-Sitzung, an die auch im Ausland hohe Erwartungen geknüpft werden, der Start eines quantitativen Lockerungsprogramms für die Eurozone verkündigt wird. Von dem man sich einen Stimulus für die Aktienmärkte erhofft. Gleichwohl scheint bei vielen Akteuren eine mindestens so große Angst vor einer Enttäuschung mitzuschwingen. So rechnen etliche Beobachter damit, dass EZB-Präsident Mario Draghi insbesondere in Rücksichtnahme auf seine Kritiker statt mit einer Radikalkur nur mit einem verwässerten Kompromiss aufwarten wird.
Das zweite Ereignisrisiko stellt die Griechenland-Wahl am kommenden Sonntag dar. Sofern man den jüngsten Umfragen Glauben schenken darf, dürfte dort die linksgerichtete Syriza-Partei das Ruder übernehmen und damit für mögliches Ungemach in der Eurozone sorgen, bis hin zu einem Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro, einem Grexit - ein Schritt, der mancherorts nicht ausgeschlossen wird.
macht auch vor Privatanlegern nicht halt
Ganz ähnlich gestaltet sich die Entwicklung bei den Privatanlegern. Dort ist der Optimismus, gemessen am Börse Frankfurt Sentiment-Index von +5 nach zuletzt +15 Punkten, sogar noch deutlicher zurückgegangen und spiegelt per Saldo eine Verringerung des Bullenlagers in Höhe von 7 Prozent aller Befragten wider. Fast alle Abwanderer haben sich auf die Seite der Skeptiker geschlagen. Immerhin mit dem großen Vorteil recht hoher Kursgewinne im Rücken, die durch die jüngsten Transaktionen realisiert worden sind.
Die deutlichen Kursgewinne des DAX während der vergangenen beiden Wochen, verbunden mit einem gleichzeitigen Rückgang des Optimismus bei institutionellen und privaten Anlegern, sollten uns Rätsel aufgeben. Denn es ist nicht gesichert, ob der DAX von längerfristigem ausländischem Kapital profitiert hat, das allein eine solche starke Aufwärtsbewegung hätte auslösen können.
Die jüngste Umfrage unter globalen Fondsmanagern von BofA Merrill Lynch (9. bis 15. Januar) zeigt nämlich, dass zwar 20 Prozent der Befragten europäische Aktien und vor allem deutsche übergewichtet haben. Dennoch ist dieser Wert für die Eurozone gegenüber dem Vormonat etwas zurückgegangen. Immerhin: Zwei Drittel der Befragten glauben, dass Aktien im Jahre 2015 besser als alle anderen Anlageklassen abschneiden werden. Davon scheint ein großer Teil unseres Panels allerdings nicht überzeugt zu sein. Und somit besteht für Anleger das Risiko, dass ihnen der DAX auf seinem Weg nach oben schlichtweg davonläuft.
von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de© 21. Januar 2015
[1] Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positiven in negative Werte markiert die neutrale Linie. Die Werte des früheren Cognitrend Bull/Bear-Index sind auf die neue Skalierung umgerechnet worden.
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