😎 Sommerzeit, Hammer-Deals! Bei InvestingPro winken jetzt bis zu 50% Rabatt auf KI-Aktien-TippsJETZT ZUGREIFEN

Börse Frankfurt-News: "Die Krise nach der Krise" (Hüfner)

Veröffentlicht am 24.10.2014, 14:57
Börse Frankfurt-News: "Die Krise nach der Krise" (Hüfner)

n FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 24. Oktober 2014. Seit einigen Wochen gibt es eine neue Eurokrise auf den Märkten. Sie ist noch relativ klein, kann aber, wenn man nicht aufpasst, größer werden. Die Struktur der neuen Eurokrise unterscheidet sich in wichtigen Punkten von dem, was vor vier Jahren begann. Daher sind auch die Konsequenzen für Anleger andere.

Eine Ursache für die gegenwärtige Verunsicherung der Märkte ist die unbefriedigende Entwicklung in Europa der vergangenen Monaten. Es gibt Indizien, dass das Gespenst der Eurokrise wieder zurück ist. Die Lage auf dem alten Kontinent ist, schrieb die Süddeutsche Zeitung vergangene Woche, so ernst wie seit zwei Jahren nicht mehr. Ist das richtig? Stehen wir wieder am Anfang einer neuen Krise und müssen uns auf Jahre mit Nachtsitzungen in Brüssel und schmerzhaften Reparaturarbeiten einstellen?

Meine Antwort: Ja, es gibt eine neue Krise in Europa. Wichtigstes Indiz ist, dass kein Kapital mehr aus dem Ausland auf den Kontinent kommt. Aber nein, das ist keine Neuauflage der Ereignisse, wie wir sie 2010 hatten. Es ist - jedenfalls bisher - kleiner, weniger gefährlich und unterscheidet sich in wichtigen Punkten. Es erscheint nur deshalb so dramatisch, weil die erste Eurokrise noch nicht vorbei ist.

Un das sind die Gründe:

Schauen Sie sich zunächst die Target-Salden im Europäischen Zahlungsverkehr in der Grafik an. Sie sind ein guter Indikator für die Lage in der Währungsunion. Ich habe das in meinem neuen Buch "40 Geldfallen, die Sie besser vermeiden" ausführlich beschrieben. Diese Salden sind bis 2012 auf 750 Milliarden Euro gestiegen. Sie haben sich seitdem bis auf 450 Milliarden Euro verringert. In den letzten zwei Monaten haben sie sich gerade mal um 36 Milliarden Euro erhöht, das sind 5 Prozent der ursprünglichen Größenordnung.

Das sieht nicht nach einer neuen Krise aus. Es ist eher eine Unterbrechung des vorherigen Besserungsprozesses. Freilich besteht die Gefahr, dass es, wenn wir nicht aufpassen, größer wird.

Wichtig ist ferner: Anders als in der ersten Eurokrise geht es jetzt nicht mehr um die Existenz der Gemeinschaftswährung. Sie steht nirgendwo mehr zur Disposition. Kaum jemand will zu den früheren nationalen Währungen zurück. Was allenfalls gefordert wird ist, dass Griechenland aus der Währungsunion austreten sollte. Aber es ist nicht zu erwarten, dass sich dadurch die jetzigen Probleme nachhaltig bessern würden.

Manche argumentieren, der Euro sei aber an den Devisenmärkten schwach geworden. Natürlich hat sich der Wechselkurs der Gemeinschaftswährung zuletzt abgewertet. Aber das ist keine Schwäche, sondern allenfalls eine Korrektur früherer überzogener Aufwertungen. Mit Kursen von 1,27 US-Dollar je Euro ist der Euro immer noch stark. Die Kaufkraftparität liegt nach OECD-Berechnungen bei 1,11 US-Dollar.

Die Ursachen der Krise sind andere als früher. Im Mittelpunkt stehen nicht die zu hohen Staatsschulden. Es sind vielmehr in erster Linie die schwache Konjunktur und die Gefahr einer Deflation. Manche sprechen daher nicht von einer Eurokrise, sondern von einer Eurokonjunkturkrise. So etwas lässt sich leichter reparieren und dauert - weil zyklisch bedingt - in der Regel auch nicht so lange.

Freilich darf man sich die Sache nicht zu einfach machen. Zwei Dinge beunruhigen mich. Das eine ist die Weigerung (oder Unfähigkeit) der französischen Regierung zu Strukturreformen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Zudem hält sich Paris nicht mehr an die Regeln der Währungsunion.

Das zweite ist, dass in Italien zuletzt Bonitätsprobleme aufgetaucht sind. Es gibt Anzeichen, dass die Bereitschaft der europäischen Banken abnimmt, Forderungen gegenüber Italien in die Bücher zu nehmen. Der negative Target-Saldo Italiens gegenüber der Europäischen Zentralbank hat sich im August/September um 67 Milliarden Euro erhöht. Beides ist ernst zu nehmen. Es zehrt am Vertrauen in die gemeinsame Währung. Zudem stellt es die Funktionsfähigkeit der Geldpolitik in Frage.

Die betroffenen Staaten sind in der neuen Eurokrise andere. Im Mittelpunkt stehen nicht mehr die Peripherieländer Irland, Portugal und Spanien. Sorgenkinder sind eher die Staaten in der Mitte Europas, also Deutschland und Österreich sowie Frankreich und Italien. Spanien wird in diesem und im nächsten Jahr stärker wachsen als Deutschland. Nur Griechenland war damals wie heute ein Problem.

Auslöser der Krise ist nicht die Zahlungsunfähigkeit einzelner Staaten. Entstanden ist die Situation vielmehr durch Kapitalabzüge nach dem Ende der sogenannten "Recovery Trades". Das waren Geldanlagen (unter anderem US-amerikanischer Hedge-Fonds), die von der Verbesserung auf den europäischen Märkten im Zuge des Abklingens der Eurokrise profitieren wollten. Sie hatten Anleihen und Aktien der Peripherieländer gekauft und konnten sie im Sommer mit erheblichen Gewinnen verkaufen. Diese Kapitalabflüsse sind jetzt weitgehend zu Ende. Nach Befragungen US-amerikanischer Fondsgesellschaften ist die Übergewichtung Europas in den Portfolien weitgehend abgebaut.

Für Anleger

Für eine Flucht aus dem Euro, die bei der ersten Eurokrise von manchem in Erwägung gezogen wurde, gibt es keinen Anlass. Die Währung ist stabil und wird nicht zerbrechen. Man sollte auch nicht alle Euro-Anlagen in Aktien und Renten in Frage stellen. Es gibt Märkte, zum Beispiel Spanien, in denen die Regierungen ihre Hausaufgaben gemacht haben und die sich wirtschaftlich gut entwickeln werden, es bleiben dort allerdings politische Risiken. Freilich ist die Nervosität der Anleger groß. Es kann daher zunächst noch zu größeren Schwankungen kommen. Es empfehlen sich daher defensivere Anlagen. Innerhalb Europas kommen auch Anlagen in Frage, die von dem neuen Trend zur privaten Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen profitieren.

Anmerkungen oder Anregungen? Martin Hüfner freut sich auf den Dialog mit Ihnen: redaktion@deutsche-boerse.com.

von Martin Hüfner, Assenagon

© 22. Oktober 2014

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

nn

Aktuelle Kommentare

Installieren Sie unsere App
Risikohinweis: Beim Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen bestehen erhebliche Risiken, die zum vollständigen oder teilweisen Verlust Ihres investierten Kapitals führen können. Die Kurse von Kryptowährungen unterliegen extremen Schwankungen und können durch externe Einflüsse wie finanzielle, regulatorische oder politische Ereignisse beeinflusst werden. Durch den Einsatz von Margin-Trading wird das finanzielle Risiko erhöht.
Vor Beginn des Handels mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen ist es wichtig, die damit verbundenen Risiken vollständig zu verstehen. Es wird empfohlen, sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten zu lassen.
Fusion Media weist darauf hin, dass die auf dieser Website bereitgestellten Kurse und Daten möglicherweise nicht in Echtzeit oder vollständig genau sind. Diese Informationen werden nicht unbedingt von Börsen, sondern von Market Makern zur Verfügung gestellt, was bedeutet, dass sie indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sein können. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für Handelsverluste, die durch die Verwendung dieser Daten entstehen können.
Die Nutzung, Speicherung, Vervielfältigung, Anzeige, Änderung, Übertragung oder Verbreitung der auf dieser Website enthaltenen Daten ohne vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenproviders ist untersagt. Alle Rechte am geistigen Eigentum liegen bei den Anbietern und/oder der Börse, die die Daten auf dieser Website bereitstellen.
Fusion Media kann von Werbetreibenden auf der Website aufgrund Ihrer Interaktion mit Anzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.
Im Falle von Auslegungsunterschieden zwischen der englischen und der deutschen Version dieser Vereinbarung ist die englische Version maßgeblich.
© 2007-2024 - Fusion Media Limited. Alle Rechte vorbehalten.