😎 Sommerzeit, Hammer-Deals! Bei InvestingPro winken jetzt bis zu 50% Rabatt auf KI-Aktien-TippsJETZT ZUGREIFEN

Börse Frankfurt-News: 'Die Macht der Kapitalströme' (Roth)

Veröffentlicht am 18.01.2013, 13:03
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 18. Januar 2013. Roth befindet: 'Kapital hat eine rationale Logik, es wird dahin gehen, wo es Geld verdienen kann', überlegt, welche Auswirkungen dies auf die weltweiten Ökonomien haben könne und welche Auswege es aus der Kapitalfalle gebe.

In den letzten zehn Jahren haben sich die schnell wechselnden Kapitalströme zu einer echten Gefahr für die Weltökonomie entwickelt. Der Einfluss der internationalen Kapitalströme auf die Weltwirtschaft ist mittlerweile enorm und nimmt ständig zu. Besonders der Mittelzufluss in Entwicklungs- und Schwellenländern als Kapitalempfänger steigt seit Jahren drastisch. Schon 2011 rechnete der IWF mit einem Nettozufluss für diese Staaten von 960 Milliarden. Die Industriestaaten spielen dabei den Gegenpart als Kapitalsender.

Das Kapital verhält sich dabei wie eine Biene. Es fliegt von Blume zu Blume auf der Suche nach dem süßesten Nektar. Es ist unbestritten, dass mit der Liberalisierung der Weltökonomie und der Finanzmärkte viele positive Effekte für die Weltwirtschaft verbunden sind. Die zunehmende Abhängigkeit von Entwicklungsländern - aber auch manche Schwellenländern - vom internationalen Geldstrom, birgt jedoch auch große Gefahren für die Stabilität der Weltwirtschaft und der Finanzmärkte.

Gefahr der Abhängigkeit

Der Kapitalstrom ist Geld, das zu Investitionszwecken von einem Land in einen anderen Markt (Land) transferiert wird. Länder mit der höchsten Investitionsrendite infolge hoher Zinsen, Wirtschaftswachstum und Wachstum an den inländischen Finanzmärkten ziehen in der Regel das meiste ausländische Kapital an. Diese Länder haben einen positiven Kapitalfluss. Wenn der Aktienmarkt eines Landes gut dasteht und hohe Zinsen geboten werden, dann werden ausländische Quellen mit hoher Wahrscheinlichkeit Kapital in das Land investieren.

Besonders kleinere Länder können abhängig vom ausländischen Kapital werden, das zunächst für 'blühende Landschaften' sorgen kann. Aber im Falle einer Krise wird das Geld dann plötzlich wieder abgezogen. Kleinere Volkswirtschaften trifft eine Finanzkrise -wie 2008- doppelt hart. Es verhält sich wie mit Ebbe und Flut. Bei Flut presst das Geld in Länder mit hohen Zinsen, hohem Wirtschaftswachstum und attraktiven Börsen. Es werden Kredite verstärkt nachgefragt und auch vergeben. Im Falle einer externen Krise oder internen Verschlechterung der Rahmendaten erfolgt dann übergangslos die Ebbe. Plötzlich und konsequent ziehen ausländische Investoren das Geld wieder ab. Das Ergebnis ist das die Finanzmärkte des Landes kollabieren, die Immobilienpreise fallen und die Banken auf ihren 'faulen Krediten' sitzen bleiben, weil die Schuldner nicht mehr zahlen können. Diese Effekte eine Abwärtsspirale verstärken sich mit zunehmender Abhängigkeit vom Fremdkapital.

Gefahr der Spekulation

Die internationalen Kapitalströme haben sich innerhalb der letzten Jahrzehnte vervielfacht. Zunächst floss das Geld hauptsächlich innerhalb der Industrienationen hin und her. Doch im letzten Jahrzehnt verstärkte sich zusehends die Sogwirkung der Volkswirtschaften der Schwellenländer. Die Globalisierung der Weltökonomie ist dafür als Auslöser auszumachen. Durch die Revolution der Informations- und Kommunikationstechnik wurde es der Wirtschaft ermöglicht, die industriellen Produktionsabläufe zu segmentieren und zu internationalisieren. Waren wurden so auch fortan vermehrt im Absatzmarkt direkt hergestellt. Das einzige was dazu nötig war, waren Kapitaltransaktionen in größerem Ausmaß. Großvolumige Finanztransaktionen wurden erst durch die weltweite Liberalisierung des Handels und der Finanzmärkte möglichst.Diese Direktinvestitionen sind auch heute noch ein wesentlicher Bestandteil der weltweiten Kapitalströme.

Doch auch Finanzjongleure erkannten bald den großen Vorteil von schnellen Finanzumschichtungen. Investoren legen in stetig steigendem Volumen ihr Geld in Finanz- und Immobilienmärkten von Schwellenländern an. Zinsen und Wachstum sind hoch, Börsen- und Immobilienpreise steigen durch kontinuierlichen Kapitalzufluss. Noch im Jahre 2007 flossen 550 Milliarden US-Dollar in Schwellenländer.

Doch nach der Flut kommt die Ebbe. Mit der Krise brach der Kapitalstrom plötzlich ab. Die Industrieländer brauchten nun das Kapital selbst, um Schulden zurück zu zahlen. Drei Jahre später fiel die Investitionssumme in der Krise um bis zu 90 Prozent auf kurzfristig unter 50 Milliarden US-Dollar. Spätestens damals wurden die Risiken offensichtlich.

Bereits im Jahre 1999 versuchte der Internationale Währungsfonds erfolglos, internationale Stabilisierungsmaßnahmen zur besseren Kontrolle von Geldströmen durchzusetzen. Die Asienkrise von 1997/1998 war der Grund für die Bemühungen des IWF und gilt seither als perfektes Beispiel für die Schattenseiten, die die internationalen Kapitalströme haben können.

In Indonesien, Südkorea, Thailand und indirekt auch in Japan machte sich die Finanz-, Währungs- und Wirtschaftskrise hauptsächlich bemerkbar. Grundlage der Krise waren zuvor hohe ausländische Kapitalzuflüsse, die in die boomenden Volkswirtschaften dieser Länder drängten. Niedrigen Zinsen sorgten dann für eine Kreditblase und zu ausufernden Investitionen auf Pump. Die Kredite wurden meist in Fremdwährungen (Dollar, Yen) abgeschlossen und die Zinsen wurden oftmals, ohne Absicherung, nur kurzfristig festgeschrieben. Das führte dazu, dass in den genannten Ländern die Auslandsschulden phasenweise die eigenen Währungsreserven überstiegen. Japan steckte bereits zu dieser Zeit in einer schweren Rezession und wurde durch die anschließende Wirtschaftskrise Thailands und Südkoreas mit in die Krise verwickelt.

Das Abhängigkeitsverhältnis von Fremdkapital war zu diesem Zeitpunkt bereits fortgeschritten. Als nun Zweifel an einer Fortführung des Wirtschaftsbooms aufkamen und die Überschuldung der Länder immer deutlicher wurde, zogen die ersten Investoren Geld ab. Einige Finanzinstitute gerieten in Zahlungsprobleme und die Lawine kam ins Rollen. Immer mehr Investoren zogen ihr Geld ab und die kurzfristigen Kredite liefen aus. Liquiditäts-Schock. Immobilienpreise stürzten ab. Börsenkurse fielen. Die Blase platze und der IWF musste mit Krediten aushelfen. Viel zu spät, wie einige Kritiker meinen.

Um derartige Krisen künftig zu verhindern und Lösungswege aufzuzeigen, müssen zunächst genaue Analysen durchgeführt werden. Für diese Analyse braucht es genaue Daten über grenzüberschreitende Kapitalbewegungen. Bereits da fangen die Probleme an, denn es gibt von vielen Volkswirtschaften - besonders von Empfängern von Kapital - kaum verlässliche Statistiken über deren Kapitalströme. Teilweise wollen viele Staaten keine Daten an internationale Institutionen weitergeben. Teilweise verfügen viele Länder einfach über keine genauen Zahlen aus Mangel an vernünftigen Strukturen. Deshalb ist der IWF in seinen Berechnungen sehr stark von Schätzungen abhängig.

Die Schätzungen ergeben aber einen deutlichen Trend. Während bis zum Ende des Jahrtausends das Kapital hauptsächlich innerhalb der Industriestaaten floss, erhalten nun immer mehr Schwellen- und Entwicklungsländer Kapitalzuflüsse aus den OECD-Staaten. Der IWF erwartet im Jahr 2012 über 1 Billionen US-Dollar an Netto-Zuflüssen in solche Länder.

Die ansteigenden Geldbewegungen und die damit verbundenen Risiken machen geeignete Gegenmaßnahmen unausweichlich. Doch bisher ist dem IWF und anderen Institutionen nur wenig dazu eingefallen. Ein Instrument, das immer wieder ins Spiel gebracht wird, sind Kapitalverkehrskontrollen. Doch diese gelten in Zeiten des Freihandels als nicht mehrheitsfähig.

Viele Risiken für die Weltwirtschaft sind mit den internationalen Kapitalströmen verbunden. Bisher weiß man zu wenig über die direkten und indirekten Faktoren, die diese beeinflussen. Es wird höchste Zeit, die Bemühungen zu verstärken, um effektive Mittel zu finden, den Geldfluss in Zukunft besser kontrollieren zu können. Das ist die große Herausforderung der Zukunft.

Sie können sich kostenlos für unseren täglichen Newsletter per E-mail anmelden. Registrieren Sie sich bei www.boerse-frankfurt.de/newsletter.

© 18. Januar 2013/Oliver Roth

* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der Close Brothers Seydler Bank AG, ein eigenständiges Tochterunternehmen der an der London Stock Exchange gelisteten Close Brothers Group plc, London. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de

Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

Aktuelle Kommentare

Installieren Sie unsere App
Risikohinweis: Beim Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen bestehen erhebliche Risiken, die zum vollständigen oder teilweisen Verlust Ihres investierten Kapitals führen können. Die Kurse von Kryptowährungen unterliegen extremen Schwankungen und können durch externe Einflüsse wie finanzielle, regulatorische oder politische Ereignisse beeinflusst werden. Durch den Einsatz von Margin-Trading wird das finanzielle Risiko erhöht.
Vor Beginn des Handels mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen ist es wichtig, die damit verbundenen Risiken vollständig zu verstehen. Es wird empfohlen, sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten zu lassen.
Fusion Media weist darauf hin, dass die auf dieser Website bereitgestellten Kurse und Daten möglicherweise nicht in Echtzeit oder vollständig genau sind. Diese Informationen werden nicht unbedingt von Börsen, sondern von Market Makern zur Verfügung gestellt, was bedeutet, dass sie indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sein können. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für Handelsverluste, die durch die Verwendung dieser Daten entstehen können.
Die Nutzung, Speicherung, Vervielfältigung, Anzeige, Änderung, Übertragung oder Verbreitung der auf dieser Website enthaltenen Daten ohne vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenproviders ist untersagt. Alle Rechte am geistigen Eigentum liegen bei den Anbietern und/oder der Börse, die die Daten auf dieser Website bereitstellen.
Fusion Media kann von Werbetreibenden auf der Website aufgrund Ihrer Interaktion mit Anzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.
Im Falle von Auslegungsunterschieden zwischen der englischen und der deutschen Version dieser Vereinbarung ist die englische Version maßgeblich.
© 2007-2024 - Fusion Media Limited. Alle Rechte vorbehalten.