FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 19. Oktober 2012. Gewinne an Aktienmärkten, Abflüsse aus 'sicheren Häfen' Bundesanleihen, niedrigere Zinsen für Spanien: Die Eurokrise verliert offenbar langsam an Schrecken.
Es war eine Woche der Euro-Optimisten: Mehr und mehr setzt sich die Einschätzung durch, dass in Sachen Eurokrise das Schlimmste überstanden ist. Die Äußerung von Finanzminister Schäuble, Griechenland auf keinen Fall in die Insolvenz zu schicken, die Tatsache, dass die Ratingagentur Moody`s - anders als S&P in der Vorwoche - Spanien nicht herabstufte sowie wachsende Hoffnungen auf einen Hilfsantrag der Iberer sorgten für gute Laune. Das Interesse an den als sicher geltenden Bundesanleihen kühlte merklich ab.
'Befürchtet worden war, dass Moody's seine Einschätzung verschlechtern könnte und Spanien unter Investmentgrade herabstuft', erläutert die Commerzbank. Die Entscheidung sei mit einer verbesserten Lage in Spanien, der Reformbereitschaft der Regierung sowie dem Fortschreiten des Umbaus im Bankensektor begründet worden.
Entspannung bei Spaniens Zinsen
Der Zinsdruck auf Spanien ließ dem entsprechend nach: Etwa musste das Land bei einer Versteigerung von zehnjährigen Anleihen am gestrigen Donnerstag einen Zinssatz von 5,46 Prozent zahlen, im September waren es noch 5,67 Prozent gewesen. Auch italienische und portugiesische Staatsanleihen profitierten, allerdings nicht ganz so deutlich.
Zur Stimmungsaufhellung am Markt trugen auch nachlassende Konjunktursorgen bei: Etwa stiegen die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland, auch in den USA häufen sich positive Wirtschaftsdaten, etwa ist die Lage auf dem Immobilienmarkt nicht mehr ganz so desolat.
Einigung über Bankenaufsicht
Wenig neue Impulse kamen vom laufenden EU-Gipfeltreffen in Brüssel. 'Bereits gestern hat Bundeskanzlerin Merkel zum Ausdruck gebracht, dass der EU-Gipfel wohl keine konkreten Entscheidungen hervorbringen wird. Er gilt eher als Vorbereitung für den Gipfel im Dezember', erklärt die Helaba. Im Streit über die Einführung einer gemeinsamen Bankenaufsicht konnte man sich allerdings einigen: Der rechtliche Rahmen soll nun bis Jahresende stehen, im Laufe von 2013 soll die Aufsicht dann unter dem Dach der Europäischen Zentralbank ihre Arbeit aufnehmen.
Am heutigen Freitag notiert der Euro-Bund-Future bei 139,82 Prozent und damit deutlich unter dem Wert von vor einer Woche bei 141,67 Punkten. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen beträgt 1,63 Prozent, am vergangenen Freitag waren es nur 1,46 Prozent.
Die Stunde der Unternehmensanleihen
Extrem beliebt sind derzeit Corporate Bonds. 'Wir erleben im Moment eine Welle an Emissionen', meldet Daniel Förtsch von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft. Gerade auch Papiere mit einem 'etwas interessanteren' Kupon seien hoffnungslos überzeichnet. Anleihen älteren Datums mit hohen Zinsen würden 'durch die Bank gekauft.' Förtsch nennt als Beispiel die Anleihen von Air Berlin (WKN AB100A, AB100B, AB100C), die fest notierten, obwohl die Fluglinie gezwungen sei, einen noch härteren Sparkurs einzuschlagen. 'Anleger gehen offenbar aus Staatsanleihen heraus und setzen auf Unternehmensanleihen, weil diese höhere Zinsen bieten und manchem wohl auch sicherer erscheinen.'
Die zuvor stark abgestraften Anleihen von Solarworld (WKN A1CR73, A1H3W6) legten noch deutlicher zu: Das bis 2017 laufende Papier, das Anfang September noch zu 18 Prozent über den Tisch ging, wird heute zu über 30 Prozent gehandelt.
Minizinsen von Nestlé
Wie günstig sich solide Unternehmen im Moment finanzieren können, zeigt der Fall Nestlé: Der Lebensmittelkonzern bietet mit seiner neuen Anleihe (WKN A1HBEQ), die bis 2016 läuft und sich mit einer Stückelung von 1.000 Euro auch für Privatanleger eignet, lediglich einen Kupon von 0,75 Prozent, wie Klaus Stopp von der Baader Bank meldet.
Unterdessen wurde eine Anleihe von SAF-Holland (WKN A1HA97) am gestrigen Donnerstag bereits wenige Stunden nach Beginn des öffentlichen Angebots mit deutlicher Überzeichnung platziert und die Zeichnung vorzeitig geschlossen. Die Anleihe des Zulieferers für die LKW- und Trailer-Industrie läuft fünfeinhalb Jahre und wird zu 7 Prozent verzinst. Privatanlegerorders wurden einheitlich mit bis zu 3.000 Euro berücksichtigt. Seit dem heutigen Freitag kann die Anleihe an der Börse Frankfurt gekauft werden, gegen Mittag notiert sie bei 103 Prozent. Die Aufnahme in das neue Segment der Prime Standard-Anleihen ist für den 1. November geplant.
Erste Verkäufe von Fremdwährungsanleihen
Mit Beruhigung in der Eurokrise wurde auch der Drang der Anleger in Fremdwährungsanleihen gebremst. 'Short-Positionen im Euro sind out', bemerkt Stopp. Die Kursentwicklung der Gemeinschaftswährung gegenüber dem US-Dollar belege die neue Einschätzung, dass der Euro nicht zusammenbrechen werde. 'Dieser Trend spiegelt sich aber nicht nur gegenüber dem amerikanischen Greenback wider, sondern ebenso beim australischen und neuseeländischen Dollar.' Ähnliche Tendenzen gebe es auch bei der türkischen Lira und dem südafrikanischen Rand. Vor diesem Hintergrund komme es inzwischen vereinzelt zu Verkäufen bei ausgewählten Währungsanleihen. 'Die sind aber vorerst nur als Gewinnmitnahmen zu verstehen.'
Möchten Sie den Anleihen-Marktbericht jede Woche an Ihre E-Mail erhalten, dann melden Sie sich an für den Börse Frankfurt Newsletter unter www.boerse-frankfurt.de/newsletter.
© 19. Oktober 2012 / Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Es war eine Woche der Euro-Optimisten: Mehr und mehr setzt sich die Einschätzung durch, dass in Sachen Eurokrise das Schlimmste überstanden ist. Die Äußerung von Finanzminister Schäuble, Griechenland auf keinen Fall in die Insolvenz zu schicken, die Tatsache, dass die Ratingagentur Moody`s - anders als S&P in der Vorwoche - Spanien nicht herabstufte sowie wachsende Hoffnungen auf einen Hilfsantrag der Iberer sorgten für gute Laune. Das Interesse an den als sicher geltenden Bundesanleihen kühlte merklich ab.
'Befürchtet worden war, dass Moody's seine Einschätzung verschlechtern könnte und Spanien unter Investmentgrade herabstuft', erläutert die Commerzbank. Die Entscheidung sei mit einer verbesserten Lage in Spanien, der Reformbereitschaft der Regierung sowie dem Fortschreiten des Umbaus im Bankensektor begründet worden.
Entspannung bei Spaniens Zinsen
Der Zinsdruck auf Spanien ließ dem entsprechend nach: Etwa musste das Land bei einer Versteigerung von zehnjährigen Anleihen am gestrigen Donnerstag einen Zinssatz von 5,46 Prozent zahlen, im September waren es noch 5,67 Prozent gewesen. Auch italienische und portugiesische Staatsanleihen profitierten, allerdings nicht ganz so deutlich.
Zur Stimmungsaufhellung am Markt trugen auch nachlassende Konjunktursorgen bei: Etwa stiegen die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland, auch in den USA häufen sich positive Wirtschaftsdaten, etwa ist die Lage auf dem Immobilienmarkt nicht mehr ganz so desolat.
Einigung über Bankenaufsicht
Wenig neue Impulse kamen vom laufenden EU-Gipfeltreffen in Brüssel. 'Bereits gestern hat Bundeskanzlerin Merkel zum Ausdruck gebracht, dass der EU-Gipfel wohl keine konkreten Entscheidungen hervorbringen wird. Er gilt eher als Vorbereitung für den Gipfel im Dezember', erklärt die Helaba. Im Streit über die Einführung einer gemeinsamen Bankenaufsicht konnte man sich allerdings einigen: Der rechtliche Rahmen soll nun bis Jahresende stehen, im Laufe von 2013 soll die Aufsicht dann unter dem Dach der Europäischen Zentralbank ihre Arbeit aufnehmen.
Am heutigen Freitag notiert der Euro-Bund-Future bei 139,82 Prozent und damit deutlich unter dem Wert von vor einer Woche bei 141,67 Punkten. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen beträgt 1,63 Prozent, am vergangenen Freitag waren es nur 1,46 Prozent.
Die Stunde der Unternehmensanleihen
Extrem beliebt sind derzeit Corporate Bonds. 'Wir erleben im Moment eine Welle an Emissionen', meldet Daniel Förtsch von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft. Gerade auch Papiere mit einem 'etwas interessanteren' Kupon seien hoffnungslos überzeichnet. Anleihen älteren Datums mit hohen Zinsen würden 'durch die Bank gekauft.' Förtsch nennt als Beispiel die Anleihen von Air Berlin (WKN AB100A, AB100B, AB100C), die fest notierten, obwohl die Fluglinie gezwungen sei, einen noch härteren Sparkurs einzuschlagen. 'Anleger gehen offenbar aus Staatsanleihen heraus und setzen auf Unternehmensanleihen, weil diese höhere Zinsen bieten und manchem wohl auch sicherer erscheinen.'
Die zuvor stark abgestraften Anleihen von Solarworld (WKN A1CR73, A1H3W6) legten noch deutlicher zu: Das bis 2017 laufende Papier, das Anfang September noch zu 18 Prozent über den Tisch ging, wird heute zu über 30 Prozent gehandelt.
Minizinsen von Nestlé
Wie günstig sich solide Unternehmen im Moment finanzieren können, zeigt der Fall Nestlé: Der Lebensmittelkonzern bietet mit seiner neuen Anleihe (WKN A1HBEQ), die bis 2016 läuft und sich mit einer Stückelung von 1.000 Euro auch für Privatanleger eignet, lediglich einen Kupon von 0,75 Prozent, wie Klaus Stopp von der Baader Bank meldet.
Unterdessen wurde eine Anleihe von SAF-Holland (WKN A1HA97) am gestrigen Donnerstag bereits wenige Stunden nach Beginn des öffentlichen Angebots mit deutlicher Überzeichnung platziert und die Zeichnung vorzeitig geschlossen. Die Anleihe des Zulieferers für die LKW- und Trailer-Industrie läuft fünfeinhalb Jahre und wird zu 7 Prozent verzinst. Privatanlegerorders wurden einheitlich mit bis zu 3.000 Euro berücksichtigt. Seit dem heutigen Freitag kann die Anleihe an der Börse Frankfurt gekauft werden, gegen Mittag notiert sie bei 103 Prozent. Die Aufnahme in das neue Segment der Prime Standard-Anleihen ist für den 1. November geplant.
Erste Verkäufe von Fremdwährungsanleihen
Mit Beruhigung in der Eurokrise wurde auch der Drang der Anleger in Fremdwährungsanleihen gebremst. 'Short-Positionen im Euro sind out', bemerkt Stopp. Die Kursentwicklung der Gemeinschaftswährung gegenüber dem US-Dollar belege die neue Einschätzung, dass der Euro nicht zusammenbrechen werde. 'Dieser Trend spiegelt sich aber nicht nur gegenüber dem amerikanischen Greenback wider, sondern ebenso beim australischen und neuseeländischen Dollar.' Ähnliche Tendenzen gebe es auch bei der türkischen Lira und dem südafrikanischen Rand. Vor diesem Hintergrund komme es inzwischen vereinzelt zu Verkäufen bei ausgewählten Währungsanleihen. 'Die sind aber vorerst nur als Gewinnmitnahmen zu verstehen.'
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© 19. Oktober 2012 / Anna-Maria Borse
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