FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 23. März 2012. Roger Peeters zieht in dieser Woche eine Parallele zwischen dem Wechsel von Hausse zu Baisse und den Jahreszeiten. Man werde von beiden Phänomenen immer wieder auf Neue überrascht.
Der Frühling hat diese Woche kalendarisch begonnen und auch meteorologisch scheint Petrus pünklich zu 'liefern', wie man in der Finanzsprache sagt. Die Aufbruchsstimmung und Belebung, die mit der Ablösung des Winters durch die wärmere Jahreszeit von statten geht, ist jedes Jahr aufs Neue bemerkenswert. Man ist dynamischer, besser gelaunt und spürt förmlich, wie sich der Körper mit Energie füllt.
Dies ist besonders zu Beginn ein Genuss, weil es den Reiz des diesjährig Neuen ausmacht: Der erste Nachhauseweg im Hellen. Das erste kühle Getränk im Biergarten. Der erste Morgen ohne Mantel über dem Sakko.
Im Laufe der Monate gewöhnen wir uns dann immer mehr an die Wärme, die langsam in Hitze übergeht. Es wird normaler, sich (zumindest in der Freizeit) im T-Shirt zu bewegen und die 20ste Grillparty im Jahr ist mitunter auch nicht mehr so bemerkenswert wie die erste. Wir freuen uns über kalte Duschen, weil der hitzige Tag im stickigen Büro doch recht anstrengend war. Klammheimlich sehen wir der kühlen Jahreszeit freundlich entgegen, während diese auch prompt beginnt.
So durchleben es viele von uns Jahr für Jahr auf Neue und ganz ähnlich funktionieren auch an der Börse die Mechanismen von Hausse und Baisse, die sich ebenfalls ablösen. Nicht ganz so kalendarisch fixierbar wie die Jahreszeiten, aber auch mit Sicherheit über kurz oder lang.
Die Parallele ist unsere Gewöhnung an den Status quo und die doch immer wieder bemerkenswerte Überraschung, dass das Geschehen dann wieder vorbei ist. Dabei erliegen Anleger immer wieder der Versuchung, dass sie laufende Trends zu lange und zu schematisch fortschreiben. Besonders in Aufschwungphasen ist der latente Übergang von der Freude zur Euphorie für den einzelnen oft nicht wahrzunehmen, was fatal werden kann.
Einen ersten Moment dieses übersteigerten Optimismus war vor Wochenfrist anschaulich zu beobachten: Nachdem die Märkte seit nunmehr drei Monaten in einem Ausmaß gestiegen sind, das faktisch jeden Experten massiv überrascht hat und die allermeisten Indizes einen Start in 2012 hingelegt haben, wie er seit Jahrzehnten nicht zu sehen waren, machen sich die Bären auf dem Parkett zunehmend rar.
Der VDAX-NEW als wichtigster Volatilitätsmesser verharrte auf einem doch sehr niedrigen Niveau, während auch öffentlich immer mutigere Kursziele ausgesprochen worden. Kaum hatte der DAX 7.200 Punkte erreicht, war schnell und auffallend oft in der Presse zu lesen, dass nun 7.600 oder gar 8.000 Punkte in Reichweite sind.
Doch erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Die ganze Woche gaben die Märke nach. Nicht stark, aber doch konstant. Schnell wurden Kommentare zurückhaltend. Auf einmal auch wieder die Probleme in der Weltwirtschaft benannt und in den Mittelpunkt gerückt. Ist dies kritisch zu sehen? Ganz und gar nicht. Denn bekanntermaßen stirbt die Hausse in der Euphorie. Um die Metapher von oben noch mal aufzunehmen: Der letzte überraschende Bodenfrost im April verhindert nicht das Ergrünen des Gartens.
Sie können sic kostenlos für unseren täglichen Newsletter per E-Mail anmelden. Schicken sie uns eine E-Mail an redaktion@deutsche-boerse.com
© 23. März 2012/Roger Peeters
*Roger Peeters ist Vorstand der Close Brothers Seydler Research AG, einer Tochter der Close Brothers Seydler Bank. Zuvor leitete Peeters viele Jahre die Redaktion der 'Platow Börse' und beriet den von ihm konzipierten DB Platinum III Platow Fonds. 2008 erschien von ihm 'Finde die richtige Aktie - ein Profi zeigt seine Methoden' im Finanzbuchverlag. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.
Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Der Frühling hat diese Woche kalendarisch begonnen und auch meteorologisch scheint Petrus pünklich zu 'liefern', wie man in der Finanzsprache sagt. Die Aufbruchsstimmung und Belebung, die mit der Ablösung des Winters durch die wärmere Jahreszeit von statten geht, ist jedes Jahr aufs Neue bemerkenswert. Man ist dynamischer, besser gelaunt und spürt förmlich, wie sich der Körper mit Energie füllt.
Dies ist besonders zu Beginn ein Genuss, weil es den Reiz des diesjährig Neuen ausmacht: Der erste Nachhauseweg im Hellen. Das erste kühle Getränk im Biergarten. Der erste Morgen ohne Mantel über dem Sakko.
Im Laufe der Monate gewöhnen wir uns dann immer mehr an die Wärme, die langsam in Hitze übergeht. Es wird normaler, sich (zumindest in der Freizeit) im T-Shirt zu bewegen und die 20ste Grillparty im Jahr ist mitunter auch nicht mehr so bemerkenswert wie die erste. Wir freuen uns über kalte Duschen, weil der hitzige Tag im stickigen Büro doch recht anstrengend war. Klammheimlich sehen wir der kühlen Jahreszeit freundlich entgegen, während diese auch prompt beginnt.
So durchleben es viele von uns Jahr für Jahr auf Neue und ganz ähnlich funktionieren auch an der Börse die Mechanismen von Hausse und Baisse, die sich ebenfalls ablösen. Nicht ganz so kalendarisch fixierbar wie die Jahreszeiten, aber auch mit Sicherheit über kurz oder lang.
Die Parallele ist unsere Gewöhnung an den Status quo und die doch immer wieder bemerkenswerte Überraschung, dass das Geschehen dann wieder vorbei ist. Dabei erliegen Anleger immer wieder der Versuchung, dass sie laufende Trends zu lange und zu schematisch fortschreiben. Besonders in Aufschwungphasen ist der latente Übergang von der Freude zur Euphorie für den einzelnen oft nicht wahrzunehmen, was fatal werden kann.
Einen ersten Moment dieses übersteigerten Optimismus war vor Wochenfrist anschaulich zu beobachten: Nachdem die Märkte seit nunmehr drei Monaten in einem Ausmaß gestiegen sind, das faktisch jeden Experten massiv überrascht hat und die allermeisten Indizes einen Start in 2012 hingelegt haben, wie er seit Jahrzehnten nicht zu sehen waren, machen sich die Bären auf dem Parkett zunehmend rar.
Der VDAX-NEW als wichtigster Volatilitätsmesser verharrte auf einem doch sehr niedrigen Niveau, während auch öffentlich immer mutigere Kursziele ausgesprochen worden. Kaum hatte der DAX 7.200 Punkte erreicht, war schnell und auffallend oft in der Presse zu lesen, dass nun 7.600 oder gar 8.000 Punkte in Reichweite sind.
Doch erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Die ganze Woche gaben die Märke nach. Nicht stark, aber doch konstant. Schnell wurden Kommentare zurückhaltend. Auf einmal auch wieder die Probleme in der Weltwirtschaft benannt und in den Mittelpunkt gerückt. Ist dies kritisch zu sehen? Ganz und gar nicht. Denn bekanntermaßen stirbt die Hausse in der Euphorie. Um die Metapher von oben noch mal aufzunehmen: Der letzte überraschende Bodenfrost im April verhindert nicht das Ergrünen des Gartens.
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© 23. März 2012/Roger Peeters
*Roger Peeters ist Vorstand der Close Brothers Seydler Research AG, einer Tochter der Close Brothers Seydler Bank. Zuvor leitete Peeters viele Jahre die Redaktion der 'Platow Börse' und beriet den von ihm konzipierten DB Platinum III Platow Fonds. 2008 erschien von ihm 'Finde die richtige Aktie - ein Profi zeigt seine Methoden' im Finanzbuchverlag. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.
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