FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 29. März 2012. Oliver Roth beschäftigt sich in dieser Woche mit der konjunkturellen Entwicklungen an den Finanzmärkten.
Seit Jahresbeginn stieg der Dax um zwanzig Prozent. Auch die Börsen an der Wall Street und in Tokyo profitieren vom derzeitigen Marktumfeld. Doch auf was begründet sich der Kursanstieg der letzten Monate? Ist die Entwicklung nachhaltig oder crashed es demnächst schon wieder?
Seit Anfang Januar konnte der Deutsche Aktien Index über 1100 Punkte zulegen. Der Dow Jones erklomm die Höhe von 13.000 Punkten und der Nikkei in Tokyo eroberte die Marke von 10.000 zurück. An den Börsen läuft es derzeit wie geschmiert. Interessanterweise profitieren die normalerweise gegensätzlich laufenden Märkte von Anleihen und Aktien gleichermaßen. Der Börsenboom kommt für viele überraschend und auch einige Experten reagieren verwundert. Woher kommt die starke Reaktion der Börsen? Die Frage ist berechtigt, bei so vielen lauernden Gefahren und Krisen. Schuldenkrise, Wirtschaftskrise in Europa, Inflationsangst und nicht zuletzt die Eurokrise haben uns pessimistisch werden lassen. Die Angst vor einer Inflation ist besonders den Deutschen fast genetisch vorbestimmt und nicht verwunderlich nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts. Und trotzdem stürmte die Börse seit Jahresbeginn zögerlichen Investoren auf und davon. Oberflächlich betrachtet könnte das einen Beobachter verwundern. Doch bei genauerem Hinsehen wird ein Muster überdeutlich. War doch der Dax in der Finanz- und Wirtschaftskrise von über 8.000 Punkten im Jahre 2008 auf 3.800 Punkte im März 2009 abgestürzt. Mit viel Geld stemmten sich Notenbanken und Politik gegen die Mutter aller Krisen. Niedrige Zinsen und Konjunkturpakete ließen die Finanzmärkte wieder Luft holen und die westlichen Staaten in die Schuldenfalle tappen. Innerhalb von zwei Jahren erholten sich die Kurse und die Wirtschaft wieder. Der Dax stieg in der Folge auf über 7500 Punkte, bevor die Schuldenkrise uns wieder einholte. Die zu hohen Staatsschulden wurden zum Ballast. Die Bonitäts-Herabstufung der USA war der Auslöser für weitere Kursabstürze. Davon erholten sich vor allem die Finanzmärkte nur stotternd. Denn auch in Europa eskalierte die Schuldenkrise und ließ die Währungsunion wackeln.
Zurück zu unserer derzeitigen Lage. Natürlich gibt es gute Gründe für die Rallye. Sowohl die US Notenbank als auch die EZB fluten die Finanzmärkte mit billigem Geld. Auf unterschiedliche Art und Weise zwar, aber das Ergebnis ist das gleiche. Geschäftsbanken haben kurzfristig Geld im Überfluss und neben Staatsanleihen erwerben sie auch noch Aktien mit. Fundamental spricht für eine derartige Rallye derzeit nur eine wage Hoffnung auf eine verbesserte Weltkonjunktur im zweiten Halbjahr diesen Jahres. Das ganze nennt man Liquiditätshausse im Fachjargon. Denn hauptsächlich billiges Geld treibt die Börsen aktuell an. Doch diese Sondermaßnahmen der Notenbanken wirken nur eine gewisse Zeit. So wie im kommenden Sommer ein Grillanzünder ohne Kohle kein Barbecue ermöglicht, so brauchen die Finanzmärkte ein substantielles Fundament um nachhaltig zu brennen. Ohne eine stabile Aufwärtsentwicklung der Weltwirtschaft wird diese Rallye schneller zu Ende sein, als jetzt noch viele glauben.
Die Weltkonjunktur könnte tatsächlich in der zweiten Jahreshälfte Fahrt aufnehmen. Doch sicher ist das keineswegs. Viele Risiken gefährden diese gewünschte Stabilität. Schuldenkrise in den USA und Europa, Eskalation im Atomstreit mit dem Iran, steigende Rohstoffpreise, Stagnation in den Schwellenländern sind einige der Themen die den Finanzmärkten einen Strich durch die Rechnung machen könnten.
Grundsätzlich sind niedrige Zinsen Balsam auf die Seelen von Aktienanlegern. Das gilt auch jetzt. Doch ohne fundamentale Unterstützung wirtschaftlicher Rahmendaten möchte ich an dieser Stelle an die Kurssprünge der letzten Jahre erinnern und darauf hinweisen, das Timing alles ist und beim Kaufpreis der Gewinn gemacht wird. Damit das Grillen auch morgen noch Spaß macht.
© 29. März 2012/Oliver Roth
* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der Close Brothers Seydler Bank AG, ein eigenständiges Tochterunternehmen der an der London Stock Exchange gelisteten Close Brothers Group plc, London. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de.
Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Seit Jahresbeginn stieg der Dax um zwanzig Prozent. Auch die Börsen an der Wall Street und in Tokyo profitieren vom derzeitigen Marktumfeld. Doch auf was begründet sich der Kursanstieg der letzten Monate? Ist die Entwicklung nachhaltig oder crashed es demnächst schon wieder?
Seit Anfang Januar konnte der Deutsche Aktien Index über 1100 Punkte zulegen. Der Dow Jones erklomm die Höhe von 13.000 Punkten und der Nikkei in Tokyo eroberte die Marke von 10.000 zurück. An den Börsen läuft es derzeit wie geschmiert. Interessanterweise profitieren die normalerweise gegensätzlich laufenden Märkte von Anleihen und Aktien gleichermaßen. Der Börsenboom kommt für viele überraschend und auch einige Experten reagieren verwundert. Woher kommt die starke Reaktion der Börsen? Die Frage ist berechtigt, bei so vielen lauernden Gefahren und Krisen. Schuldenkrise, Wirtschaftskrise in Europa, Inflationsangst und nicht zuletzt die Eurokrise haben uns pessimistisch werden lassen. Die Angst vor einer Inflation ist besonders den Deutschen fast genetisch vorbestimmt und nicht verwunderlich nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts. Und trotzdem stürmte die Börse seit Jahresbeginn zögerlichen Investoren auf und davon. Oberflächlich betrachtet könnte das einen Beobachter verwundern. Doch bei genauerem Hinsehen wird ein Muster überdeutlich. War doch der Dax in der Finanz- und Wirtschaftskrise von über 8.000 Punkten im Jahre 2008 auf 3.800 Punkte im März 2009 abgestürzt. Mit viel Geld stemmten sich Notenbanken und Politik gegen die Mutter aller Krisen. Niedrige Zinsen und Konjunkturpakete ließen die Finanzmärkte wieder Luft holen und die westlichen Staaten in die Schuldenfalle tappen. Innerhalb von zwei Jahren erholten sich die Kurse und die Wirtschaft wieder. Der Dax stieg in der Folge auf über 7500 Punkte, bevor die Schuldenkrise uns wieder einholte. Die zu hohen Staatsschulden wurden zum Ballast. Die Bonitäts-Herabstufung der USA war der Auslöser für weitere Kursabstürze. Davon erholten sich vor allem die Finanzmärkte nur stotternd. Denn auch in Europa eskalierte die Schuldenkrise und ließ die Währungsunion wackeln.
Zurück zu unserer derzeitigen Lage. Natürlich gibt es gute Gründe für die Rallye. Sowohl die US Notenbank als auch die EZB fluten die Finanzmärkte mit billigem Geld. Auf unterschiedliche Art und Weise zwar, aber das Ergebnis ist das gleiche. Geschäftsbanken haben kurzfristig Geld im Überfluss und neben Staatsanleihen erwerben sie auch noch Aktien mit. Fundamental spricht für eine derartige Rallye derzeit nur eine wage Hoffnung auf eine verbesserte Weltkonjunktur im zweiten Halbjahr diesen Jahres. Das ganze nennt man Liquiditätshausse im Fachjargon. Denn hauptsächlich billiges Geld treibt die Börsen aktuell an. Doch diese Sondermaßnahmen der Notenbanken wirken nur eine gewisse Zeit. So wie im kommenden Sommer ein Grillanzünder ohne Kohle kein Barbecue ermöglicht, so brauchen die Finanzmärkte ein substantielles Fundament um nachhaltig zu brennen. Ohne eine stabile Aufwärtsentwicklung der Weltwirtschaft wird diese Rallye schneller zu Ende sein, als jetzt noch viele glauben.
Die Weltkonjunktur könnte tatsächlich in der zweiten Jahreshälfte Fahrt aufnehmen. Doch sicher ist das keineswegs. Viele Risiken gefährden diese gewünschte Stabilität. Schuldenkrise in den USA und Europa, Eskalation im Atomstreit mit dem Iran, steigende Rohstoffpreise, Stagnation in den Schwellenländern sind einige der Themen die den Finanzmärkten einen Strich durch die Rechnung machen könnten.
Grundsätzlich sind niedrige Zinsen Balsam auf die Seelen von Aktienanlegern. Das gilt auch jetzt. Doch ohne fundamentale Unterstützung wirtschaftlicher Rahmendaten möchte ich an dieser Stelle an die Kurssprünge der letzten Jahre erinnern und darauf hinweisen, das Timing alles ist und beim Kaufpreis der Gewinn gemacht wird. Damit das Grillen auch morgen noch Spaß macht.
© 29. März 2012/Oliver Roth
* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der Close Brothers Seydler Bank AG, ein eigenständiges Tochterunternehmen der an der London Stock Exchange gelisteten Close Brothers Group plc, London. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de.
Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)