FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 24. August 2012. Diversen Börsenweisheiten zur Folge sind Anleger im Herbst besonderen Risiken ausgesetzt. Daher befasst sich Peeters in seiner Kolumne mit dem richtigen Verhalten in dieser Jahreszeit.
Sicher kennen Sie das bekannte Bonmot von Mark Twain über die Saisonalität an der Börse: 'Für Börsenspekulationen ist der Februar einer der gefährlichsten Monate. Die anderen elf sind März, April, Mai, Juni .'. Da ist sicher einiges dran, doch gibt es durchaus Phasen, in denen sich Anleger noch stärker über die Stabilität in ihrem Depot Gedanken machen (sollten), eben weil hier größere Abschwünge schlichtweg gehäuft vorkommen.
Ganz vorne sind hier der September und der Oktober zu nennen. In beiden Abschnitten kam es in der Vergangenheit immer wieder zu größeren Kursrutschen, die zwar oftmals doch nicht dauerhafter Natur waren, doch aber als große Crashs den Investoren deutlich im Gedächtnis blieben und dafür sorgen, dass der Herbstanfang an der Börse eine eher unbehagliche Stimmung hinterlässt.
Eine andere Regel wiederum macht Mut: In der wichtigsten Volkswirtschaft der Welt stehen Wahlen an und der Kampf um den Posten des US-Präsidenten ist klassischerweise mit anziehenden Kursen im Vorfeld verbunden. US-Wahljahre sind üblicherweise gute Börsenjahre, nicht nur in den Vereinigten Staaten selbst. Vor dem Hintergrund, dass der Wahlkampf mitsamt den verbundenen Versprechungen für die Wählerschaft insbesondere im Herbst auf Hochtouren läuft, könnte hier einiger Rückenwind aufkommen.
Doch haben all diese Regeln überhaupt Bestand vor dem Hintergrund dessen, dass wir uns momentan wahrscheinlich in einer historischen Situation befinden, in der das moderne Weltfinanzsystem durch die gesamte Schuldenlast und mithilfe einer global vernetzten und über Derivate massiv gehebelten Struktur in seinen Grundfesten erschüttert wird? Auch in einem positiven Szenario, in dem die Notenbanken das System vor einem Zusammenbruch bewahren, wird es zu Veränderungen kommen, die immens sind. Expansive Gegenmaßnahmen wie die 'Dicke Bertha' werden tiefe Spuren auch im Kapitalmarkt hinterlassen.
Grundsätzlich gilt an den Börsen der Leitsatz, dass die vier teuersten Worte wie folgt lauten: 'Diesmal ist alles anders'. Damit wird dem Sachverhalt Rechnung getragen, dass sich Muster stets wiederholen und Investoren fahrlässig agieren, wenn sie bekannte Schemata ignorieren und stattdessen von einem Sonderfall ausgehen. So richtig dieser Ansatz auch ist, so wenig darf indes ignoriert werden, dass es vielleicht ähnlich läuft wie früher, dafür aber auch intensiver. Die 'lenders of last resort' können ausgehen und somit wären sinnvolle Vergleiche nicht in den vergangenen Jahrzehnten zu finden.
Mahnt diese Sachlage nun zu einer besonderen Vorsicht in dieser besagt kritischen Phase des Jahres oder eröffnet sie im Gegenzug sogar Chancen? Das wird wohl schlussendlich die Markttechnik entscheiden. Ein Überschreiten der Hochs aus dem Frühjahr würde eine kleine 'Kaufpanik' auslösen, während bei einem stärkeren Rutsch viele kurzfristig orientierte Investoren ihre Gewinne der vergangenen zwei Monate einstreichen würden. Insgesamt dürften im Herbst jedoch auf dem Parkett eher die Risiken überwiegen.
© 24. August 2012/Roger Peeters
*Roger Peeters ist Vorstand der Close Brothers Seydler Research AG, einer Tochter der Close Brothers Seydler Bank. Zuvor leitete Peeters viele Jahre die Redaktion der 'Platow Börse' und beriet den von ihm konzipierten DB Platinum III Platow Fonds. 2008 erschien von ihm 'Finde die richtige Aktie - ein Profi zeigt seine Methoden' im Finanzbuchverlag. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.
Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.
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(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Sicher kennen Sie das bekannte Bonmot von Mark Twain über die Saisonalität an der Börse: 'Für Börsenspekulationen ist der Februar einer der gefährlichsten Monate. Die anderen elf sind März, April, Mai, Juni .'. Da ist sicher einiges dran, doch gibt es durchaus Phasen, in denen sich Anleger noch stärker über die Stabilität in ihrem Depot Gedanken machen (sollten), eben weil hier größere Abschwünge schlichtweg gehäuft vorkommen.
Ganz vorne sind hier der September und der Oktober zu nennen. In beiden Abschnitten kam es in der Vergangenheit immer wieder zu größeren Kursrutschen, die zwar oftmals doch nicht dauerhafter Natur waren, doch aber als große Crashs den Investoren deutlich im Gedächtnis blieben und dafür sorgen, dass der Herbstanfang an der Börse eine eher unbehagliche Stimmung hinterlässt.
Eine andere Regel wiederum macht Mut: In der wichtigsten Volkswirtschaft der Welt stehen Wahlen an und der Kampf um den Posten des US-Präsidenten ist klassischerweise mit anziehenden Kursen im Vorfeld verbunden. US-Wahljahre sind üblicherweise gute Börsenjahre, nicht nur in den Vereinigten Staaten selbst. Vor dem Hintergrund, dass der Wahlkampf mitsamt den verbundenen Versprechungen für die Wählerschaft insbesondere im Herbst auf Hochtouren läuft, könnte hier einiger Rückenwind aufkommen.
Doch haben all diese Regeln überhaupt Bestand vor dem Hintergrund dessen, dass wir uns momentan wahrscheinlich in einer historischen Situation befinden, in der das moderne Weltfinanzsystem durch die gesamte Schuldenlast und mithilfe einer global vernetzten und über Derivate massiv gehebelten Struktur in seinen Grundfesten erschüttert wird? Auch in einem positiven Szenario, in dem die Notenbanken das System vor einem Zusammenbruch bewahren, wird es zu Veränderungen kommen, die immens sind. Expansive Gegenmaßnahmen wie die 'Dicke Bertha' werden tiefe Spuren auch im Kapitalmarkt hinterlassen.
Grundsätzlich gilt an den Börsen der Leitsatz, dass die vier teuersten Worte wie folgt lauten: 'Diesmal ist alles anders'. Damit wird dem Sachverhalt Rechnung getragen, dass sich Muster stets wiederholen und Investoren fahrlässig agieren, wenn sie bekannte Schemata ignorieren und stattdessen von einem Sonderfall ausgehen. So richtig dieser Ansatz auch ist, so wenig darf indes ignoriert werden, dass es vielleicht ähnlich läuft wie früher, dafür aber auch intensiver. Die 'lenders of last resort' können ausgehen und somit wären sinnvolle Vergleiche nicht in den vergangenen Jahrzehnten zu finden.
Mahnt diese Sachlage nun zu einer besonderen Vorsicht in dieser besagt kritischen Phase des Jahres oder eröffnet sie im Gegenzug sogar Chancen? Das wird wohl schlussendlich die Markttechnik entscheiden. Ein Überschreiten der Hochs aus dem Frühjahr würde eine kleine 'Kaufpanik' auslösen, während bei einem stärkeren Rutsch viele kurzfristig orientierte Investoren ihre Gewinne der vergangenen zwei Monate einstreichen würden. Insgesamt dürften im Herbst jedoch auf dem Parkett eher die Risiken überwiegen.
© 24. August 2012/Roger Peeters
*Roger Peeters ist Vorstand der Close Brothers Seydler Research AG, einer Tochter der Close Brothers Seydler Bank. Zuvor leitete Peeters viele Jahre die Redaktion der 'Platow Börse' und beriet den von ihm konzipierten DB Platinum III Platow Fonds. 2008 erschien von ihm 'Finde die richtige Aktie - ein Profi zeigt seine Methoden' im Finanzbuchverlag. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.
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