FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 24. Februar. Roger Peeters befasst sich in dieser Woche mit der Frage, welche Auswirkungen der hohe Ölpreis auf die Wirtschaft haben könnte - außer dass sich Verbraucher darüber ärgern.
Diese Woche ging sicherlich dem einen oder anderen Verbraucher der alte Kalauer durch den Kopf: 'Mir doch egal, wie teuer der Sprit ist, ich tanke jedes Mal für 20 Euro'. Nach Lachen wird jedoch den wenigsten Verbrauchern zu Mute gewesen sein, wenn sie an der Tankstelle das Portemonnaie zücken mussten. Preise von 1,70 EUR je Liter Superbenzin passen definitiv nicht mehr in jedermanns Budget und bringen insbesondere Berufspendler in die Bredouille. So war es wenig verwunderlich, dass erste Lobbyisten wie etwa der ADAC dieser Tage ausgleichende Maßnahmen, namentlich eine Erhöhung der Pendlerpauschale, gefordert haben. Dass diese Wünsche erhört werden, kann zumindest angezweifelt werden, unstrittig jedoch reflektieren auch sie eine erhöhte Sensibilität der breiten Bevölkerung für den hohen Benzinpreis.
Wesentlich gelassener geben sich bislang die börsennotierten Großkonzerne. Die wenigsten Firmen gehen zurzeit bei den Vorlagen der Jahresabschlüsse für 2011 sowie den Ausblicken auf das laufende Jahr explizit auf die Lage am Rohstoffmarkt ein. Erfreulich selten werden Planabweichungen mit den hohen Ölpreisen rechtfertigt. Es scheint, als gebe es eine deutlich geringere Empfindlichkeit in den Konzernzentralen als 'auf der Straße'.
Es gibt nachvollziehbare Ursachen, die dies erklären. Schließlich hat sich die Lage für die Verbraucher an den Zapfzäulen durch die Euroschwäche im 2. Halbjahr 2011 verstärkt, während jede Schwächung des Euro für viele deutsche Unternehmen auch eine Erhöhung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit impliziert, die den teureren Einkauf wieder ausgleichen kann. Darüber hinaus glätten Konzerne im Gegensatz zu Verbrauchern ihren Ölbezug über Hedging-Maßnahmen.
Hinsichtlich der Stimmung an den Aktienmärkten ist noch zu konstatieren, dass große Indizes wie etwa der DAX auf Grund einer im Laufe der Zeit veränderten Zusammensetzung nicht mehr ganz so stark 'am Ölpreis hängen' wie noch vor 20, 30 Jahren. Firmen aus dem TecDAX mit Schwerpunkt Erneuerbare Energien profitieren sogar von steigenden Ölpreisen.
Trotz all dieser Faktoren können Börsianer sich dieser Tage durchaus die Frage stellen, ob die Gelassenheit auf Dauer Bestand hat. Das vielleicht akuteste geopolitische Risiko zurzeit ist die drohende Eskalation im Streit um Irans Atomprogramm, die je nach Verlauf noch zu drastischen Ausschlägen beim Ölpreis führen kann. Der Vollständigkeit halber sei jedoch erwähnt, dass eine kriegerische Auseinandersetzung in dieser Region nicht nur den Ölpreis, sondern auch die Weltwirtschaft und die Kapitalmärkte in Gänze tangieren würde. Und auch ohne diese mögliche Eskalation ist die Sorge vor einem globalen Abschwung ein wichtiges Thema.
Doch da eine deutliche Abschwächung der Weltwirtschaft auch mit einer nachlassenden Nachfrage nach dem 'schwarzen Gold' einher gänge, käme es mitunter zu Druck auf den Ölpreis. Der Absturz der Öl-Notierungen im 2. Halbjahr 2008 ist hier noch gut im Gedächtnis der Märkte verankert. Anders herum interpretiert: So robust wie der Ölpreis 2012 verläuft, scheint es um die Weltkonjunktur doch nicht so schlecht bestellt zu sein.
Insgesamt bleibt zu konstatieren, dass (von zweifellos vorhandenen Ausnahmen bei ölsensitiven Einzelwerten abgesehen) tatsächlich kein Anlass für Börsianer besteht, angesichts der Aufwärtsbewegung beim Ölpreis in Panik für die Aktienmärkte zu verfallen. Reicht ja auch, dass man sich schon an der Zapfsäule über die Entwicklung ärgert.
© 24. Februar 2012/Roger Peeters
*Roger Peeters ist Vorstand der Close Brothers Seydler Research AG, einer Tochter der Close Brothers Seydler Bank. Zuvor leitete Peeters viele Jahre die Redaktion der 'Platow Börse' und beriet den von ihm konzipierten DB Platinum III Platow Fonds. 2008 erschien von ihm 'Finde die richtige Aktie - ein Profi zeigt seine Methoden' im Finanzbuchverlag. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.
Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.
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Diese Woche ging sicherlich dem einen oder anderen Verbraucher der alte Kalauer durch den Kopf: 'Mir doch egal, wie teuer der Sprit ist, ich tanke jedes Mal für 20 Euro'. Nach Lachen wird jedoch den wenigsten Verbrauchern zu Mute gewesen sein, wenn sie an der Tankstelle das Portemonnaie zücken mussten. Preise von 1,70 EUR je Liter Superbenzin passen definitiv nicht mehr in jedermanns Budget und bringen insbesondere Berufspendler in die Bredouille. So war es wenig verwunderlich, dass erste Lobbyisten wie etwa der ADAC dieser Tage ausgleichende Maßnahmen, namentlich eine Erhöhung der Pendlerpauschale, gefordert haben. Dass diese Wünsche erhört werden, kann zumindest angezweifelt werden, unstrittig jedoch reflektieren auch sie eine erhöhte Sensibilität der breiten Bevölkerung für den hohen Benzinpreis.
Wesentlich gelassener geben sich bislang die börsennotierten Großkonzerne. Die wenigsten Firmen gehen zurzeit bei den Vorlagen der Jahresabschlüsse für 2011 sowie den Ausblicken auf das laufende Jahr explizit auf die Lage am Rohstoffmarkt ein. Erfreulich selten werden Planabweichungen mit den hohen Ölpreisen rechtfertigt. Es scheint, als gebe es eine deutlich geringere Empfindlichkeit in den Konzernzentralen als 'auf der Straße'.
Es gibt nachvollziehbare Ursachen, die dies erklären. Schließlich hat sich die Lage für die Verbraucher an den Zapfzäulen durch die Euroschwäche im 2. Halbjahr 2011 verstärkt, während jede Schwächung des Euro für viele deutsche Unternehmen auch eine Erhöhung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit impliziert, die den teureren Einkauf wieder ausgleichen kann. Darüber hinaus glätten Konzerne im Gegensatz zu Verbrauchern ihren Ölbezug über Hedging-Maßnahmen.
Hinsichtlich der Stimmung an den Aktienmärkten ist noch zu konstatieren, dass große Indizes wie etwa der DAX auf Grund einer im Laufe der Zeit veränderten Zusammensetzung nicht mehr ganz so stark 'am Ölpreis hängen' wie noch vor 20, 30 Jahren. Firmen aus dem TecDAX mit Schwerpunkt Erneuerbare Energien profitieren sogar von steigenden Ölpreisen.
Trotz all dieser Faktoren können Börsianer sich dieser Tage durchaus die Frage stellen, ob die Gelassenheit auf Dauer Bestand hat. Das vielleicht akuteste geopolitische Risiko zurzeit ist die drohende Eskalation im Streit um Irans Atomprogramm, die je nach Verlauf noch zu drastischen Ausschlägen beim Ölpreis führen kann. Der Vollständigkeit halber sei jedoch erwähnt, dass eine kriegerische Auseinandersetzung in dieser Region nicht nur den Ölpreis, sondern auch die Weltwirtschaft und die Kapitalmärkte in Gänze tangieren würde. Und auch ohne diese mögliche Eskalation ist die Sorge vor einem globalen Abschwung ein wichtiges Thema.
Doch da eine deutliche Abschwächung der Weltwirtschaft auch mit einer nachlassenden Nachfrage nach dem 'schwarzen Gold' einher gänge, käme es mitunter zu Druck auf den Ölpreis. Der Absturz der Öl-Notierungen im 2. Halbjahr 2008 ist hier noch gut im Gedächtnis der Märkte verankert. Anders herum interpretiert: So robust wie der Ölpreis 2012 verläuft, scheint es um die Weltkonjunktur doch nicht so schlecht bestellt zu sein.
Insgesamt bleibt zu konstatieren, dass (von zweifellos vorhandenen Ausnahmen bei ölsensitiven Einzelwerten abgesehen) tatsächlich kein Anlass für Börsianer besteht, angesichts der Aufwärtsbewegung beim Ölpreis in Panik für die Aktienmärkte zu verfallen. Reicht ja auch, dass man sich schon an der Zapfsäule über die Entwicklung ärgert.
© 24. Februar 2012/Roger Peeters
*Roger Peeters ist Vorstand der Close Brothers Seydler Research AG, einer Tochter der Close Brothers Seydler Bank. Zuvor leitete Peeters viele Jahre die Redaktion der 'Platow Börse' und beriet den von ihm konzipierten DB Platinum III Platow Fonds. 2008 erschien von ihm 'Finde die richtige Aktie - ein Profi zeigt seine Methoden' im Finanzbuchverlag. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.
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