FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 22. September 2015. Zu einem Ausverkauf von Aktien-ETFs ist es nach der US-Notenbanksitzung nicht gekommen, Händler melden Zu- und Abflüsse. Eindeutig verkauft werden Autowerte.
Nach der abermals verschobenen Zinserhöhung in den USA werden Indexfonds mit Aktien zum Teil verkauft, zum Teil aber auch gekauft. "Panik herrscht zwar nicht, es dominieren aber schon die Abgaben", erklärt Carsten Schröder von der Commerzbank. Laut Gregor Hamme von der Unicredit (MILAN:CRDI) Group handeln Anleger Bluechips in beide Richtungen, die Käufer setzten vor allem auf defensive Werte.
Die Aktienmärkte hatten auf die Entscheidung der US-Notenbank vom Donnerstag, die Zinsen unverändert zu lassen, mit Verlusten reagiert, besonders europäische Aktien litten. Der DAX rutschte am Freitag wieder unter die 10.000 Punkte-Marke, am heutigen Dienstag geht der Kursrutsch - ausgelöst durch den VW-Manipulationsskandal - weiter. Seit dem Rekordhoch von 12.375 Punkten im April dieses Jahres hat der Index mittlerweile über 20 Prozent verloren. "Dass die Fed die Zinsen abermals nicht erhöhen will, zeigt, dass die Sorgen um die Schwellenländer doch größer sind als gedacht", kommentiert Schröder.
Vor dem vergangenen Donnerstag war Warten angesagt, die Umsätze waren niedrig. Bei der Commerzbank belebte sich das Geschäft dann aber: "Freitag war definitiv der aktivste Tag der Woche", meint Schröder. Auf Wochensicht meldet er dennoch unterdurchschnittliche 28.000 Trades. "Die Umsätze sind seit Anfang September deutlich zurückgegangen, selbst am Freitag hat sich das volatile Marktgeschehen nicht in unserem Handelsaufkommen niedergeschlagen", bemerkt Hamme.
Volatilitätsstrategien gefragt
Bei der Commerzbank werden Aktien-ETFs seit Freitag eher verkauft, in der Wochenstatistik halten sich die Zu- und Abflüsse auf DAX- und Euro Stoxx 50-ETFs aber noch die Waage, bei Stoxx 600-Tracker überwiegen die Verkäufe, bei S&P 500-ETFs die Käufe. Auch Hamme berichtet von Transaktionen in beide Richtungen bei DAX- und Euro Stoxx-Indexfonds. "Allerdings bewegt sich das auf niedrigem Niveau." Zugegriffen werde bei defensiven Titeln wie dem iShares MSCI Europe Minimum Volatility (WKN A1KB2C) und dem iShares MSCI World Minimum Volatility (WKN A1KB2D), die beide schwankungsärmere Aktien abbilden.
Laut Ralf Bendig von der ICF Bank nutzen viele die niedrigen Kurse für einen Einstieg, gesetzt werde besonders auf den Deka DAX (WKN ETFL01). "Das geht bereits seit einigen Tagen so." Darüber hinaus seien viele kurzfristig orientierte Händler unterwegs, rege Umsätze gebe es etwa in ETNs wie dem ETFS 3x Daily Short DAX 30 (WKN A1YKTK) und vor allem dem ETFS 3x Daily Long DAX 30 (WKN A1YKTG), in beiden Richtungen.
Bloß keine Autoaktien
VW und die Autobranche beherrschen heute die Schlagzeilen, das macht sich auch im Handel mit Branchen-ETFs bemerkbar. Dass Volkswagen die Abgaswerte einzelner Dieselmodelle in den USA manipuliert hat, finden Investoren überhaupt nicht gut, sie trennen sich von Auto-ETFs. "Dazu kam noch die Gewinnwarnung des Autozulieferers ElringKlinger", bemerkt Schröder. Betroffen von der Verkaufswelle sei etwa der Lyxor Stoxx Europe 600 Automobiles & Parts (WKN LYX0AN). Der hatte schon zuvor unter dem wieder stärkeren Euro gelitten, auf Dreimonatssicht hat der ETF 23 Prozent verloren.
Außerdem berichten die Händler von Käufen bei Gesundheitstiteln und Verkäufen von Bankaktien. Laut Hamme positionieren sich Investoren etwa im db x-trackers Stoxx Europe 600 Health Care (WKN DBX1SH). "Auch bei Branchen-ETFs geht der Trend zu Konjunkturunabhängigem." Abgegeben werde hingegen der iShares Euro Stoxx Banks (WKN 628930). Bei der Commerzbank standen noch Immobilien-ETFs wie der iShares Stoxx Europe 600 Real Estate (WKN A0Q4R4) auf den Abgabelisten.
Angeschlagene Schwellenländer
Von Schwellenländer-ETFs wollen Anleger weiterhin nichts wissen, wie Hammes Kollege Stefano Valenti ernüchtert feststellt. "Verkäufe, Verkäufe, Verkäufe - wir sehen gar nichts anderes", schildert der Händler die Lage. Dabei verzeichneten die Börseb einiger Emerging Markets vergangene Woche durchaus Gewinne, etwa in Indien, Türkei, Brasilien und Südkorea. "Das heißt aber nicht, das entsprechende ETFs gekauft werden."
Nach Berechnungen von BlackRock sind zwischen Januar und August dieses Jahres bereits 21 Milliarden US-Dollar aus Emerging Markets-ETFs abgeflossen, fast 10 Prozent der gesamten ETF-Anlagen in Schwellenländern. Der db x-trackers MSCI Emerging Markets hat auf Sicht von drei Monaten 15,7 Prozent verloren, auf Zwölfmonatssicht 9,2 Prozent und auf Dreijahressicht 2,3 Prozent.
Kein großes Thema sind Renten-ETFs. Schröder meldet Abflüsse aus europäischen Staatsanleihen und Zuflüsse in Unternehmensanleihen sowie Geldmarktpapiere.
Von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG
© 22. September 2015
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