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Börse Frankfurt-News: Verschenkter Wohlstand = Aktienkurse und Börsenumsätze

Veröffentlicht am 24.01.2013, 09:57
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Hüfners Wochenkommentar

23. Januar 2013. Martin Hüfner überlegt, welche Folgen für Anleger und Volkswirtschaft die steigenden Aktienbörse unter Ausschluss der Öffentlichkeit haben könnten.

Für Anleger war 2012 ein gutes Jahr, für Börsen und Banken ein schlechtes. Das ist ungewöhnlich. Norma­lerweise würde man erwarten, dass bei steigenden Bör­senkursen mehr und mehr Anleger auf den fahrenden Zug springen und von höheren Preisen für Aktien profi­tie­ren wollen. Das war aber offenbar nicht der Fall. Der deutsche Aktienindex DAX erhöhte sich im Jahresver­lauf um fast 30 Prozent. Die Umsätze an den Börsen und bei Brokern und Banken gingen dagegen deutlich zurück. Die Zahl der gehandelten Kontrakte von DAX-Futures (als Proxy für die Börsenumsätze) beispielsweise ist an der Eurex von Januar bis Dezember um rund ein Drittel eingebrochen. Das gilt übrigens nicht nur für die Eurex. Ähn­liches ist auch in Amerika beim S&P 500 und beim Euro Stoxx 50 zu beobachten. Wie kommt das?

Ich habe mir dazu einmal die Entwicklung bei den DAX-Futures an der Eurex in den letzten zwanzig Jahren angeschaut (siehe Grafik). Von dem Ergebnis war ich selbst überrascht. (Ich danke Philip Seegerer für die Hilfe bei den Zahlen und die Beratung bei der Interpre­tation).

Zwei Punkte sind interessant: Erstens haben die Kurs­entwicklung des DAX und die Bewegung der Börsenum­sätze auf lange Sicht relativ wenig miteinander zu tun. Die Börsenumsätze haben sich erhöht, sowohl wenn der DAX gestiegen als auch wenn er gefallen ist. Das Gleiche gilt auch für Zeiten sinkender Umsätze. Die Erfahrung des letzten Jahres ist also grundsätzlich nichts Ungewöhnliches. Sie war nur besonders stark ausgeprägt.

Auf den ersten Blick kann man das leicht erklären. Die Börsenumsätze umfassen sowohl Käufe als auch Ver­käufe. Es liegt nahe, dass es bei steigenden Kursen mehr Käufe gibt und bei fallenden Kursen mehr Ver­käufe.

Darüber hinaus spielt hier aber auch noch etwas ande­res eine Rolle. Das Herdenverhalten, über das immer wieder geklagt wird, ist offenbar nicht so groß wie viel­fach gedacht. Wenn die Kurse nach oben gehen, kom­men nicht immer mehr Anleger auf den Markt, um Aktien zu kaufen. Die Umsätze steigen nicht. Das ist bis zu ei­nem gewissen Grad ein gutes Zeichen. Die Anleger sind klüger und vorsichtiger, als viele meinen.

Zweitens ergibt sich aus der Grafik, dass es in der Ent­wicklung der Börsenumsätze in den letzten 20 Jah­ren einen Bruch gibt. Bis 2007/2008, also dem Beginn der weltweiten Finanzkrise, sind die Volumina perma­nent angestiegen. Seitdem wird an der Eurex im Schnitt weniger gehandelt.

Das hängt zum Teil damit zusammen, dass es inzwi­schen eine Reihe von alternativen Handelsplattformen gibt, die der Eurex insgesamt Geschäft weggenommen haben. Hinzu kommt aber noch etwas anderes. Seit der Krise haben sich einige Anlegergruppen zurückgezogen. Die Versicherungen haben ihr Aktienengagement durch die verschärften regulatorischen Vorschriften von Sol­vency zurückgeführt (sie müssen inzwischen mehr Ei­genkapital für Aktien vorhalten). Privatanleger sind vor­sichtiger geworden. Ich hatte vor einigen Wochen be­richtet, wie sie ihr Aktienengagement verringert haben.

Es sieht so aus, als habe sich diese Entwicklung in den letzten eineinhalb Jahren deutlich beschleunigt. Die Bör­senum­sätze gehen drastisch zurück. Das kann man jetzt nicht mehr allein mit der Vorsicht der Anleger erklären. Hier spielt vielmehr eine Rolle, dass die Banken ihren Eigen­handel deutlich abbauen. Auch die Hedge-Fonds halten sich im Handel stärker zurück.

Der Rückgang der Börsenumsätze bei steigenden Akti­enkursen ist insgesamt keine gute Entwicklung. Wenn die Umsätze an den Börsen zurückgehen, sinkt die Li­quidität und die Schwankungen nehmen zu. Genau das war in den letzten Jahren zu beobachten. Seit 2008 gab es beim DAX zwei tiefe Einbrüche (2008/9 und 2011) und zwei größere Aufwärtsentwicklungen. So viel Vola­til­ität hat es früher nicht gegeben.

Und noch eins: Anleger haben die Zeit niedriger Zin­sen nicht dazu genutzt, mit verstärkten Investi­tion in Dividendenpapiere eine bessere Rendite zu er­zielen. Sie bleiben vielmehr in Termineinlagen und in festver­zinslichen Wertpapieren. Das ist nicht nur scha­de für sie selbst, es ist auch volkswirtschaftlich ein Pro­blem. Die positive Kursentwicklung am Aktienmarkt geht an wich­tigen Teilen der Volkswirtschaft vorbei. Sie führt nicht da­zu, dass das Geldvermögen der privaten Haus­halte steigt (und sie damit zu mehr Konsum anregt). Auch die Unternehmen haben nichts davon (was unter anderem die Schwäche der Investitionen in letzter Zeit erklärt). Vom Aktienmarkt gehen damit keine positiven Impulse auf die Wirtschaftsentwicklung aus. Hier funktio­nieren offenbar die marktwirtschaftlichen Reflexe nicht mehr. Das ist ein Problem für die Banken und Börsen; sie müssen sich etwas einfallen lassen, um die Kunden zu hal­ten. Es ist aber auch ein wirtschaftspolitisches Problem.

Für den Anleger

Es ist gut, die Risiken im Kopf zu haben. Man sollte nicht vergessen, dass die Kurse derzeit historisch gesehen bereits sehr hoch sind. Andererseits wäre es falsch, sich zu sehr aus dem Aktienmarkt zurückzuziehen. Man ver­gibt die Chance, sich an der Wohlstandsentwicklung des Auf­schwungs zu beteiligen. Schließlich: Schauen Sie sich zur Beurteilung der Aktienentwicklung von Banken und Börsen an, was diese Institutionen tun, um der Ent­wick­lung entgegenzuwirken.

Anmerkungen oder Anregungen? Martin Hüfner freut sich auf den Dialog mit Ihnen: redaktion@deutsche-boerse.com.

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© 23. Januar 2013 /Martin Hüfner

Dr. Martin W. Hüfner ist Chief Economist bei Assenagon Asset Management S.A. Er war viele Jahre Chefvolkswirt beziehungsweise Senior Economist bei der HypoVereinsbank und der Deutschen Bank. In Brüssel leitete er den renommierten Wirtschafts- und Währungsausschuss der Chefvolkswirte der Europäischen Bankenvereinigung. Hüfner schreibt für große internationale Zeitungen wie die Neue Züricher Zeitung oder die Schweizer Finanz und Wirtschaft sowie für große Zeitungen in Deutschland. Er ist Autor mehrerer Bücher, u. a. 'Europa Die Macht von Morgen' und 'Comeback für Deutschland'.

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(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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