FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 19. Mai 2014. Nach dem Rekordhoch in der vergangenen Woche schwächelt der DAX wieder. Analysten befürchten, der Ausflug über 9.800 Punkte könnte sich als Bullenfalle erweisen.
Der DAX hat seinen kurzen Höhenflug offenbar schon wieder beendet. Seit dem von Zinsphantasien in Europa befeuerten Rekordhoch Mitte vergangener Woche bewegt sich das deutsche Börsenbarometer wieder im Rückwärtsgang: Am Montagmorgen notiert der Leitindex bei 9.630 Punkten und damit fast 200 Punkte unter dem Allzeithoch vom vergangenen Mittwoch bei 9.810 Punkten.
Wieland Staud, technischer Analyst und Geschäftsführer von Staud Research in Bad Homburg mahnt daher zur Vorsicht: "Nach einem zunächst überzeugenden Start ließ der DAX zum Wochenschluss seine Flügel deutlich hängen. Dass nach diesem Wochenreversal die Gefahr einer Bullenfalle aus technischer Sicht erheblich ist, lässt sich nicht leugnen. Hinzu kommen die momentan auf breiter Front wegknickenden Tagesindikatoren, von denen schon in Kürze erste Verkaufssignale drohen." Nicht zuletzt sei der im Wochenchart verbleibende, lehrbuchreife Shooting Star - ein Umkehr- bzw. Verkaufssignal - mit großer Vorsicht zu genießen.
Von einer Bullenfalle spricht man, wenn Anleger steigende Preise erwarten und deswegen long positioniert sind. Fallen nun die Preise entgegen den Erwartungen, sitzen diese Optimisten in der Falle, weil sie ihre Positionen glatt stellen müssen, um ihre Verluste zu begrenzen.
Bären im Vorteil?
Schon ein Rückfall unter die am Freitag "mit Ach und Krach" behaupteten Unterstützungen bei rund 9.630 Zählern würden die Bären nach Ansicht von Staud kurzfristig wieder in eine klare Vorteilsposition bringen. "Was es zum Wochenstart braucht, ist eine zügige Rückkehr über Werte von 9.720 Punkten, sonst droht der Mai seinem statistisch negativen Ruf einmal mehr gerecht zu werden", fasst der Charttechniker zusammen.
Antizyklisch Positionen reduzieren
Aber auch aus fundamentaler Sicht scheinen weitere Kurssteigerungen aktuell eher unwahrscheinlich. So weist Markus Reinwand von der Helaba darauf hin, dass angesichts einer bisher durchwachsen verlaufenden Berichtssaison und eines bereits hohen Bewertungsniveaus bei den international führenden Aktienindizes kaum noch Spielraum nach oben besteht.
"Der Renditerutsch bei Staatsanleihen hat Dividendentiteln angesichts der Verschiebung der relativen Bewertung zuletzt zwar noch etwas Luft verschafft. Sollten die Renditen von US-Treasuries und Bundesanleihen wie von uns erwartet in den kommenden Monaten wieder ansteigen, zöge auch dieses Argument nicht mehr. Für nachhaltig höhere Notierungen fehlt zunehmend die fundamentale Rechtfertigung", erläutert der Landesbankanalyst. Angesichts des insgesamt ungünstigen Chance-Risiko-Verhältnisses rät Reinwand daher, bei steigenden Notierungen antizyklisch Aktienpositionen zu reduzieren.
Rahmenbedingungen schwierig
Auch Werner Bader von der LBBW geht davon aus, dass mit dem erneuten Allzeithoch im DAX ein vorläufiger Gipfel erreicht worden sein könnte. Denn die Rahmenbedingungen blieben schwierig: "Der Ost-West-Konflikt, der im beinahe täglichen Wechsel einmal auf Entspannung, dann wieder auf Verschärfung hindeutet, schwelt weiter. Zudem ist die Bewertung durch den Kursanstieg in anspruchsvolle Bereiche geklettert und bietet wenig fundamentale Kursspielräume", erläutert der Analyst und rechnet für die kommende Woche mit einer Fortsetzung der Konsolidierungsbewegung.
Wichtige Konjunktur- und Unternehmensdaten
Datenseitig steht in dieser Woche der von der Großbank HSBC erhobene Einkaufsmanager-Index für die chinesische Industrie im Fokus von Investoren. Er wird laut LBBW ein mit Spannung erwartetes Signal für die aktuelle wirtschaftliche Situation in dem gerade für die deutschen Exportkonzerne so wichtigen Land liefern. In Deutschland steht indes der ifo-Index auf der Agenda. Außerdem legen weitere Unternehmen ihre Bücher offen.
Montag, 19. Mai
Quartalszahlen: Kabel Deutschland, Ryanair
Dienstag, 20. Mai
Quartalszahlen: United Internet, zooplus, Vodafone, Linde
Mittwoch, 21. Mai
Quartalszahlen: Indus, Schäffler, SAP
10.30 Uhr. Großbritannien: BoE-Sitzungsprotokoll.
20.00 Uhr. USA: FOMC-Sitzungsprotokoll. Beide Protokolle der jeweils letzten Notenbanksitzungen - in Großbritannien und den USA - dürften aus Sicht der HSBC genaustens darauf untersucht werden, ob es Hinweise auf den Zeitpunkt von anstehenden Zinserhöhungen gibt. In beiden Währungsräumen rechnen die Analysten mit entsprechenden Schritten erst in der zweiten Jahreshälfte 2015.
Donnerstag, 22. Mai
Quartalszahlen: Raiffeisenbank International, Lanxess, Salzgitter
3.45 Uhr. China: HSBC Flash-PMI, Mai. Dank eines stärkeren Exportsektors erwartet die DekaBank einen Anstieg des Einkaufsmanagerindexes von 48,1 auf 48,4 Punkte. Damit bliebe der Index jedoch weiterhin auf niedrigem Niveau. "Dies dürfte mit ein Grund dafür sein, dass die Regierung intensiv über weitere Maßnahmen zur Konjunkturstützung nachdenkt", vermuten die Analysten.
9.00 Uhr. Frankreich: PMI, Mai.
9.30 Uhr. Deutschland: PMI, Mai. Das konstruktive Bild für die deutsche Wirtschaft dürfte laut HSBC durch die vorläufigen Einkaufsmagerindizes bestätigt werden, die zwar leicht nachgeben aber auf solidem Niveau verharren sollten.
10.00 Uhr. Eurozone: PMI, Mai. Für die Eurozone rechnet die HSBC sogar mit marginal höheren Umfragewerten von 53,5 für das Verarbeitende Gewerbe bzw. 53,2 Punkten für den Dienstleistungssektor. "Im April lagen erstmals in allen Volkswirtschaften der Währungsunion die Umfragen im Verarbeitenden Gewerbe oberhalb des Schwellenwertes von 50 Punkten, was Hoffnungen schürt, dass die Erholung des BIP im zweiten Quartal an Breite gewinnt" erläutern die Analysten. Mit einer deutlichen Dynamisierung rechnet die Bank allerdings nicht.
Freitag, 23. Mai
10.00 Uhr. Deutschland: ifo-Index, Mai. Die Stimmung der deutschen Wirtschaft hat sich nach Einschätzung der DekaBank im Mai nicht verbessert. Während die Lageeinschätzung noch leicht gestiegen sein dürfte, sollten die Geschäftserwartungen ihre überraschenden "Gewinne" aus dem Vormonat wieder abgegeben haben. "Neben der Schwäche in den Schwellenländern und dem immer noch starken Euro lastet nun auch die Eskalation der Ukraine-Krise auf den Zukunftserwartungen der Unternehmen", begründet die Bank ihre Einschätzung.
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von Karoline Kopp, Deutsche Börse AG
© 19. Mai 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)