FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 29. Januar 2014. Mit dem Einbruch der vergangenen Woche sind einige kurzfristige Aufwärtstrends erst einmal beendet worden - auch der des DAX. Das könnte eine gesunde Korrektur sein, aber auch der Anfang vom Ende der langfristigen Hausse.
Gerade schienen die 10.000 Punkte schon in greifbare Nähe gerückt, da legt der DAX den Rückwärtsgang ein. Ende vergangener Woche sackte das deutsche Börsenbarometer zeitweise um fast 500 Punkte ab, aktuell notiert der Leitindex mit 9.450 Punkten rund 350 Zähler unter dem Stand von vergangenem Mittwoch.
War es das nun mit der langfristigen Rallye? Oder verschnauft der Markt nur kurz, um dann zur nächsten Aufwärtsbewegung anzusetzen. Aus Sicht von Wieland Staud, technischer Analyst und Geschäftsführer von Staud Research, hat sich die Lage seit vergangenem Freitag zumindest verschlechtert. 'Die Charts vieler wichtiger Indizes sehen seit Freitag alles andere als überzeugend aus. Es wimmelt nur so von gebrochenen Aufwärtstrends, Bearish Engulfings' der Candlesticks und negativen Divergenzen' diverser Indikatoren. Dies sind sicher nicht die technischen Zutaten für eine unmittelbare Fortsetzung der jeweiligen Aufwärtstrends', erklärt der Techniker und ergänzt, dass so im Normalfall Charts aussähen, die am Beginn einer ausgedehnten Konsolidierung bzw. Korrektur stehen.
Staud empfiehlt Börsianern daher sich zunächst auf eine 'ruppige Zeit' einzustellen und geht davon aus, dass die jüngste Konsolidierung noch nicht abgeschlossen ist. Dennoch: Der langfristige Aufwärtstrend sei bisher noch intakt: 'Die Erfahrung lehrt, dass vergleichbare Entwicklungen auch in den stabilsten langfristigen Aufwärtstrends vorkommen, ohne diese ernsthaft zu gefährden. Die Wahrscheinlichkeit, dass ab sofort alles aus und vorbei ist und DAX, Dow und Co. in langfristige Abwärtstrends erster Güteklasse übergehen, bleibt relativ klein.'
Korrektur war überfällig
Nach Einschätzung von Christoph Geyer von der Commerzbank sollte sich die Stimmung ebenso schnell wieder aufhellen, wie sie sich eingetrübt hat. 'Bei einem nüchternen Blick auf den Chart wird leicht erkennbar, dass eine Korrektur überfällig war und diese nun vollzogen wurde. Dabei bewegte sich der DAX innerhalb seines seit Sommer vergangenen Jahres bestehenden Aufwärtstrendkanals', argumentiert der Chartanalyst und weist darauf hin, dass die technischen Indikatoren die jüngste Korrektur mustergültig angezeigt hätten.
'Der MACD-Indikator hatte mit dem Abprallen an seiner Triggerlinie zunächst ein Kaufsignal generiert und kurz darauf ein Verkaufssignal. Der Stochastik-Indikator bildete in der gleichen Zeit eine Divergenz.' Diese sei inzwischen zwar abgearbeitet, das Verkaufssignal beim MACD-Indikator wirke aber noch. Trotzdem dürfte die Korrekturbewegung aus Sicht von Geyer bereits weitgehend abgeschlossen sein. 'Sollten noch einmal Turbulenzen auftreten, ist es für den Trend wichtig, dass der Bereich um 9.000 Punkte nicht unterschritten wird', weiß der Techniker.
Attraktive Trading-Gelegenheit
Jörg Scherer von der HSBC stuft die jüngste Korrektur als gesunde Atempause für den DAX ein - zumindest solange eine negative Weichenstellung ausbleibt. 'In der Summe ergibt sich am heutigen Mittwoch möglicherweise sogar ein interessanter Einstiegszeitpunkt. Als Buy-Trigger auf der Oberseite definieren wir einen Anstieg über das gestrige Tageshoch bei 9.428 Punkten', erläutert der Techniker. Da die Korrektur dann zunächst ausgestanden wäre und gleichzeitig eine enge Absicherung auf Basis verschiedener Unterstützungen gewählt werden könne, entstehe eine Trading-Gelegenheit mit attraktivem Chance-Risiko-Verhältnis.
Abwärtsrisiko im Dow überwiegt
Deutlich schlechter sieht es offenbar für den US-Leitindex Dow Jones Industrial Average aus. Aus Sicht von Steffen Schneider, technischer Analyst der WGZ Bank, hat hier bereits eine übergeordnete Wende stattgefunden. Es sei zu befürchten, dass der US-Index zumindest bis Ende Mai schwächer tendieren werde. 'Die letzte Bestätigung für dieses Szenario steht aber noch aus. Bis Mitte nächster Woche kann sich das Börsenbarometer eventuell noch halten oder sogar leicht zulegen. Fällt der Index aber innerhalb dieses Zeitraums unter das Tief vom Montag, werden unsere Befürchtungen bestätigt', fasst der Analyst zusammen.
Auch Staud geht davon aus, dass der Dow Jones in nächster Zeit zurückkommen wird - wenn auch unter erheblichen Schwankungen. 'Im Idealfall fällt er in Kürze auf die Unterstützung um 15.650 bis 15.700 Punkte bzw. etwas darunter zurück, erholt sich und erzielt' danach neue Korrekturtiefs im Bereich um 15.000 Punkte oder sogar darunter', prognostiziert der Techniker.
Anlegerstimmung wieder deutlich besser
Die Zuversicht unter DAX-Anlegern ist zuletzt jedenfalls wieder deutlich gestiegen, wie die aktuelle Umfrage der Börse Frankfurt zeigt - und zwar sowohl bei institutionellen als auch bei privaten. Der Bull/Bear-Index für Profis steigt von 50 auf 66,1 Punkte. 16 Prozent der Befragten wechseln ins Bullenlager, immerhin 13 Prozent haben ihre Short-Positionen aufgegeben. Mit 55 zu 26 Prozent hat das Bullenlager damit wieder klar die Nase vorn.
Die Laune der Privatanleger hat sich ebenfalls verbessert: Der Bull/Bear-Index steigt von 57,9 auf 67,4 Punkte. Mit 59 Prozent Optimisten sind die Privaten sogar noch zuversichtlicher als die Institutionellen.
Der Bull/Bear-Index misst den absoluten Optimismus im Markt. Dafür werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Werte unter 50 Punkte zeigen eine pessimistische Gesamtstimmung der Anleger. Was es bedeutet, können Sie ab 17 Uhr bei boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.
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von Karoline Kopp, Deutsche Börse AG
© 29. Januar 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)