FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 19. Februar 2015. Ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro würde an den Finanzmärkten ein größeres Beben auslösen als viele vermuten.
Was passiert, wenn es bei dem Gepokere über die Zukunft Griechenlands im Euro doch zu einem "Grexit" kommt? Keiner will, dass das Land aus dem Euro ausscheidet. Aber keiner kann es ausschließen. Finanzminister Varoufakis hat ausdrücklich gesagt, dass er bei Verhandlungen immer auch ein Scheitern einkalkuliert.
Ein "Grexit" ist nach wie vor nicht das wahrscheinlichste Szenario. Aber zu 40 Prozent sollte man schon damit rechnen. Auf das Wetter übertragen: Bei solch einer Regen-wahrscheinlichkeit nimmt man besser einen Regenschirm mit. Die englische Regierung hat offiziell verlauten lassen, dass sie sich auf die Folgen eines "Grexits" vorbereitet. In vielen Unternehmen und Banken liegen die Notfallpläne in der Schublade. Auf was muss sich der Anleger einstellen?
Wenn es zu einem "Grexit" kommt, erwartet der bekannte amerikanische Ökonom Barry Eichengreen in Anlehnung an die fatale Pleite der Investmentbank Lehman Brothers 2008 ein "Lehman zum Quadrat". Das ist übertrieben. So schlimm kommt es nicht. Griechenland ist ein kleines Land. Es macht weniger als 2 Prozent des BIP des Euroraums aus (siehe Grafik).
Aber einen großen Knall wird es schon geben. Finanzmärkte reagieren sensibel auf Unsicherheit. Internationale Investoren schauen sich um, wo das "nächste Griechenland" im Euroraum sein könnte. Es könnte zu erheblichen Spekulationswellen kommen. Nach der Freigabe des Schweizer Frankens hat man gesehen, dass von regional begrenzten Ereignissen oft mehr Bereiche betroffen sind als ursprünglich vermutet.Der erste Gedanke, den jeder für einen solchen Fall hat, ist: Da möchte man nicht dabei sein. Das Geld sollte vorher in Sicherheit gebracht werden. Die meisten denken dabei an Fluchtorte wie die Schweiz oder Norwegen, vielleicht auch an Kanada oder Dänemark.
Das ist jedoch falsch. Nur für die Griechen ist es sinnvoll, ihr Geld außer Landes zu bringen, denn die neue Drachme wird sich abwerten. Zudem wird die Regierung in Athen den Kapitalverkehr beschränken. In allen anderen Ländern des Euroraums macht eine Kapitalflucht keinen Sinn. Zwar verlieren diese Staaten aller Wahrscheinlichkeit nach ihre Forderungen gegenüber Griechenland. Zudem geht der Nimbus der Unauflöslichkeit des Euros verloren. Beides schwächt die Gemeinschaftswährung. Auf der anderen Seite hat der Euro nach einem "Grexit" aber ein paar Probleme weniger. Er wird für die internationale Gemeinschaft attraktiver. Das gilt noch mehr, wenn zusammen mit Griechenland auch andere Währungen ausscheiden würden, die eher zu den schwächeren zählen (zum Beispiel Zypern).