LONDON (dpa-AFX) - Der Gouverneur der Bank of England (BoE), Mark Carney, sieht die Aussichten für Großbritanniens Wirtschaft aufgrund des anstehenden Brexits skeptisch. "Die Entwicklungen bezüglich des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union bleiben der wichtigste Einflussfaktor und die wichtigste Quelle von Unsicherheit für den wirtschaftlichen Ausblick", schrieb Carney in einem am Donnerstag von der BoE veröffentlichten Brief an den britischen Finanzminister Philip Hammond.
"Unsicherheiten in Verbindung mit dem Brexit belasten die binnenwirtschaftliche Aktivität, die verhalten bleibt, obwohl das weltweite Wachstum deutlich angezogen hat", schrieb der Notenbankchef weiter. Der anstehende Brexit könnte demnach die Wachstumsverlangsamung, die bereits in den vergangenen Jahren verzeichnet worden sei, noch verstärken. 2017 hatte die britische Wirtschaft mit 1,8 Prozent so schwach zugelegt wie seit fünf Jahren nicht mehr. Wegen der Brexit-Unsicherheit halten sich Unternehmen mit Investitionen zurück. Hinzu kommt eine geschwächte Kaufkraft der Briten. Das Schreiben an Hammond musste Carney aufsetzen, weil die britische Inflation im November mit 3,1 Prozent um über einen Prozentpunkt vom eigentlich angepeilten Inflationsziel von zwei Prozent abgewichen war. In einem solchen Fall ist in Großbritannien der Chefwährungshüter dazu verpflichtet, die Abweichung gegenüber dem Finanzminister zu erläutern und darzulegen, was dagegen unternommen wird. Zuletzt hatte Carney dies im Oktober 2016 machen müssen - damals jedoch wegen einer Verfehlung des Inflationsziels nach unten. Die hohe Inflation führt der Notenbanker in dem aktuellen Schreiben maßgeblich auf das im Anschluss an das Brexit-Votum deutlich geschwächte Pfund zurück, das die Preise für importierte Güter nach oben trieb. In einer ebenfalls am Donnerstag veröffentlichten Antwort bestätigte der Finanzminister diese Sichtweise.