Washington (Reuters) - Die deutsche Wirtschaft sieht nach der Schwächung der Netzneutralität in den USA einen schwierigen Spagat zwischen dem Erhalt des offenen Internets und den Interessen der Betreiber.
"Die Steigerung des Datenvolumens und die immer größeren Leistungsanforderungen an die Telekommunikationsnetze erfordern auch in den nächsten Jahren Milliardeninvestitionen sowohl im Festnetz als auch im Mobilfunk", sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Achim Dercks, am Freitag. "Diese Kosten müssen zurückverdient werden." Die Herausforderung bestehe darin, "die Netze offen zu halten für alle Anbieter von Inhalten, Diensten und Anwendungen, und gleichzeitig die Geschäftsmöglichkeiten der Netzbetreiber nicht zu beschneiden".
Die US-Aufsichtsbehörde FCC hatte am Donnerstag die Regel aufgehoben, dass das Internet als öffentliche Dienstleistung eingestuft wird, die allen gleichberechtigt zur Verfügung gestellt werden muss. Mit der bisherigen Regelung wurde Netzanbietern untersagt, bestimmten Datenverkehr zu blockieren, zu verlangsamen oder gegen Bezahlung zu bevorzugen und zu beschleunigen.
"Eine unmittelbare Auswirkung auf Deutschland und Europa hat diese Entscheidung nicht", sagte der Hauptgeschäftsführer des Digitalverbandes Bitkom, Bernhard Rohleder. "Dennoch geht von diesem Beschluss eine globale Signalwirkung aus." Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, sollte die EU bei der Auslegung und Anwendung ihrer Verordnung die Entwicklungen in den USA beachten. "Es ist wichtig, dass der Gesetzgeber die Freiheit der Verbraucher und die kommerzielle Freiheit der Netzbetreiber bewahrt, damit innovative Geschäftsmodelle eine Chance haben", sagte Rohleder. "Auch Deutschland und Europa stehen vor der Herausforderung, leistungsfähigere Netze aufzubauen."