Brüssel (Reuters) - Die künftige Grenze zwischen dem britischen Nordirland und der EU nach dem Brexit bleibt eine Hauptstreitpunkt.
Auch der jüngste britische Vorschlag zur Lösung des Problems überzeugt den EU-Chefunterhändler Michel Barnier nicht. Es sei gut, dass London sich mit dem Vorstoß engagiere, sagte Barnier am Freitag in Brüssel: "Jedoch stellen sich jetzt mehr Fragen als Antworten." Ablehnen wollte er den Vorstoß aber auch nicht.
Es ist die erste offizielle Antwort der EU auf das Angebot aus London, für eine begrenzte Zeit auch nach dem EU-Austritt eine Art Zollunion mit der EU beizubehalten. Zankapfel ist insbesondere Nordirland, wo nach dem Ausstieg über Nacht zur Republik Irland eine neue EU-Außengrenze entstehen würde. Dort müssten Personen und Waren eigentlich wieder kontrolliert werden, war vor allem die irische Regierung ablehnt. Zudem wird ein Aufflammen der Unruhen nach 20 Jahren Ruhe befürchtet. Deshalb unternimmt Dublin alles, um eine harte Grenze zu vermeiden - und hat dabei den Rest der EU hinter sich.
Die Briten verlassen die EU im März 2019. Wegen der vielen Unklarheiten gewährt die EU dem Königreich aber eine Übergangsperiode bis Ende 2020. In der Zeit muss London sich an EU-Regeln halten, bewahrt sich dafür aber den Zugang zum EU-Binnenmarkt und zur Zollunion. Nun schlug Premierministerin Theresa May eine noch längere Verbindung zur EU-Zollunion vor, eventuell bis Ende 2021. Bis dahin wolle man sich mit Brüssel auf alle Punkte des Scheidungsvertrags einigen.
Die Notfalllösung sei aber zeitlich begrenzt und deshalb nicht das, was die EU oder Irland wollten, betonte Barnier. Die von der Union angebotene Ausweitung des EU-Zollgebiets auf Nordirland sei zudem eine "außergewöhnliche" Lösung, die nicht auf das ganze Königreich ausgeweitet werden könne. Die derzeit einzig denkbare Alternative ist eine Zollgrenze im Vereinigten Königreich selbst: zwischen Nordirland und der Hauptinsel. Doch dies sei für May "inakzeptabel", sagte ein Regierungssprecher.
Für Aufsehen sorgten auch Aussagen des britischen Außenministers Boris Johnson, der einem Medienbericht zufolge ein totales Scheitern der Brexit-Verhandlungen nicht ausschließt. "Man muss sich der Tatsache stellen, dass es einen Kollaps geben könnte, ok?", sagte der Chefdiplomat nach Angaben der Nachrichten-Seite BuzzFeed. Es solle aber niemand während der "Kernschmelze" die Nerven verlieren. "Keine Panik. Pro bono publico (Zum Wohle der Gesellschaft). Keine verdammte Panik. Am Ende wird alles gut." Johnsons Äußerungen wurden dem Bericht nach heimlich bei einem Abendessen am Mittwoch aufgenommen.