- von Andreas Framke und Frank Siebelt
Frankfurt (Reuters) - Ausländische Banken, die nach dem Brexit weiter in der Euro-Zone aktiv sein wollen, müssen sich beeilen.
"Alle Banken, die ihren Sitz aus Großbritannien in die Euro-Zone verlagern möchten, sollten ihren Antrag auf eine Banklizenz eigentlich längst eingereicht haben. Wenn das noch nicht passiert ist, sollte es bis spätestens Ende des zweiten Quartals geschehen", sagte Sabine Lautenschläger, die stellvertretende Leiterin der unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelten Bankenaufsicht, am Mittwoch in Frankfurt. Die Zeit dränge, weil unklar sei, ob es eine Übergangszeit geben werde, in der in London ansässige Banken wie bisher in der EU agieren könnten.
Bislang haben nach den Worten Lautenschlägers acht Banken formell eine Lizenz zum Betrieb von Geschäften in der Euro-Zone bei der EZB beantragt, vier Institute planen demnach eine signifikante Ausweitung ihrer Aktivitäten im Währungsraum nach dem Brexit. Intensive Gespräche - teils in fortgeschrittenem Stadium - gebe es derzeit mit mehr als 50 Kreditinstituten, sagte die ehemalige Bundesbank-Vizepräsidentin.
Der für Ende März 2019 anvisierte Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union ist für die in London angesiedelten Geldhäuser ein Problem: Wenn sie weiter in Kontinentaleuropa Geschäfte betreiben wollen, brauchen sie dafür eine Lizenz der hiesigen Behörden und müssen eine Tochtergesellschaft eröffnen. In den Euro-Ländern sind für die Vergabe der Genehmigung die EZB-Aufsicht und die jeweiligen nationalen Behörden zuständig - in Deutschland die BaFin.
PROBLEM FAULE KREDITE
Lautenschläger und die Chefin der EZB-Aufsicht, die Französin Daniel Nouy, forderten die Banken auf, ihre Bilanzen möglichst rasch von faulen Krediten zu säubern. Der riesige Berg behindere die Gesundung des Finanzsektors: "Banken sollten die guten Zeiten nutzen, um notleidende Kredite abzubauen. Und die guten Zeiten sind jetzt." Neue Richtlinien zum Umgang mit neu entdeckten faulen Krediten wollen die Bankenaufseher im März veröffentlichen. Der Zeitpunkt, ab dem die neuen Regeln gelten sollen, werde auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, ergänzte Nouy. Es sei aber denkbar, dass sie bereits ab April in Kraft treten. Die Regeln seien nicht allgemeinverbindlich, sondern würden - als Ausgangspunkt der Gespräche der Aufseher mit den Banken - von Fall zu Fall angepasst.
Die Aufseher kommen den Banken damit sehr weit entgegen. Ursprünglich hatte die EZB geplant, dass Geldhäuser bereits ab Januar alle Darlehen, die neu als ausfallgefährdet eingestuft werden, schrittweise und am Ende vollständig über Rückstellungen abdecken müssen. Damit soll verhindert werden, dass Banken im Euro-Raum erneut einen Berg fauler Kredite auftürmen. Doch insbesondere aus Italien kam lautstarke Kritik an den Plänen.
Ende des dritten Quartals 2017 schleppten die großen Banken im Euro-Raum immer noch faule Kredite in einem Volumen von 760 Milliarden Euro mit sich herum. Gut ein Viertel schlummerte bei italienischen Instituten. In Griechenland sind laut den Daten fast die Hälfte aller Kredite notleidend, in Portugal, Irland und Slowenien zwischen zwölf und 18 Prozent. Zahlreiche dieser Problemdarlehen sind eine Hinterlassenschaft der jahrelangen Wirtschaftsflaute, vor allem in den südeuropäischen Staaten.
Die EZB ist seit Herbst 2014 nicht mehr nur für die Geldpolitik, sondern auch für die Überwachung der größten Banken im Währungsraum zuständig. Inzwischen kontrolliert sie 119 Institute - darunter in Deutschland die Deutsche Bank (DE:DBKGn) und die Commerzbank (DE:CBKG).