* Siemens und Bayer heben Prognosen an
* Schuldenkrise hängt weiter wie Damokles-Schwert über Markt
(neu: Schlusskurse)
Frankfurt, 29. Apr (Reuters) - Überzeugende Zwischenbilanzen
von Großkonzernen wie Siemens haben die Nerven der
Anleger am deutschen Aktienmarkt etwas beruhigt. Der Dax<.GDAXI>
erholte sich am Donnerstag nahezu komplett von seinen
Vortagesverlusten und stieg um ein Prozent auf 6144 Punkte. Der
Volatilitätsindex VDax<.V1XI>, der die Nervosität der Anleger
misst, gab 4,2 Prozent nach. In den vergangenen beiden Tagen
hatte er zeitweise 40 Prozent zugelegt. Auch der
EuroStoxx50<.STOXX50E> kletterte um 1,4 Prozent auf 2828 Zähler.
Nach wie vor lastete aber die Furcht vor einem Übergreifen
der griechischen Schuldenkrise auf andere Euro-Staaten auf den
Kursen. "Das Thema Griechenland ist alles andere als
ausgestanden", sagte ein Börsianer. "Nach den jüngsten
Bonitätsherabstufungen fragt sich jeder: Wer steht als nächstes
auf der Liste?" Außerdem sei unklar, ob sich die Finanzlage
anderer Staaten ähnlich rapide verschlechtere wie die
Griechenlands. In den vergangenen beiden Tagen hatte die
Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) ihre Noten für die
Kreditwürdigkeit Griechenlands, Portugals und Spaniens gesenkt.
Angetrieben wurden die Börsen in Europa auch von der bis zum
hiesigen Handelsschluss festeren Wall Street. Dort ging es
aufwärts, nachdem die US-Notenbank ihren Nullzinskurs bestätigt
hatte und Firmen wie Motorola mit ihren Zahlen glänzten.
SIEMENS NACH ZAHLEN HÖHER - GEWINNMITNAHMEN BEI BASF
Weltweit zählten Finanzwerte wieder zu den Favoriten der
Anleger. Der europäische Branchenindex<.SX7P> stieg um 2,3
Prozent. Auch die griechischen Bankenaktien fanden wieder Gnade
bei den Investoren: der zuletzt auf Talfahrt gegangene
Bankenindex<.FTATBNK> legte 13,1 Prozent zu.
Bei Dax-Schwergewicht Siemens lobten Börsianer das solide
Quartalsergebnis. Die Anhebung der Gesamtjahresprognose kam aber
nicht überraschend. Siemens-Papiere legten 1,3 Prozent auf 72,91
Euro zu.
Äußerungen des MAN-Chefs zu vertieften Gesprächen
mit Scania und Volkswagen ließen Anleger auf eine
baldige Lkw-Allianz der beiden mit dem Nutzfahrzeuggeschäft von
VW spekulieren. MAN- und Scania-Aktien gewannen je
5,2 Prozent. VW-Aktien waren mit einem Plus von 5,5 Prozent auf
72,41 Euro größter Dax-Gewinner - hier halfen auch kräftige
Zuwächse bei den Betriebsgewinnen der Kernmarken VW und
Audi.
Die zuletzt wieder deutlich gestiegenen Handelsumsätze gaben
den Aktien von Deutsche Börse Auftrieb. Die Titel des
Börsenbetreibers gewannen 5,1 Prozent auf 57,92 Euro. Börsianer
erwarten eine starke Handelsstatistik für April.
Bei Bayer und BASF machten Anleger Kasse,
nachdem beide Konzerne Umsatz- und Gewinnzuwächse bekanntgegeben
hatten. "Angesichts der bislang gut verlaufenen Berichtssaison
sind die Erwartungen gestiegen. Außerdem haben sich beide Aktien
in den vergangenen Tagen recht gut gehalten", sagte ein
Börsianer. Bayer gaben 2,3 Prozent auf 48,975 Euro nach, BASF
verloren ein Prozent auf 45,925 Euro. Ein Händler nannte bei
BASF auch die fehlende Gesamtjahresprognose als
Belastungsfaktor.
In dieser Hinsicht punktete der britisch-schwedische
Pharmariese Astrazeneca: Er hob nach einem Gewinnsprung
seine Prognose für das Gesamtjahr an und trieb damit seinen
Aktienkurs um 2,1 Prozent in die Höhe. "Das dürften die meisten
Analysten nicht erwartet haben, weil der Konzern am stärksten
von der US-Gesundheitsreform betroffen ist", kommentierte die DZ
Bank.
Auch der Stahlkonzern ArcelorMittal lieferte einen
guten Ausblick, enttäuschte aber mit seinen Ergebnissen für die
ersten drei Monate. Die Aktien fielen um 1,1 Prozent. Im
Tiefenrausch waren die Papiere des britischen Ölkonzerns
BP, die um 6,5 Prozent einbrachen. Die im Golf von Mexiko
gesunkene Bohrinsel verliert fünf Mal so viel Öl wie angenommen.
BP ist Eigentümer des Ölfeldes, in dem die Plattform vor einer
Woche unterging.
(Reporter: Anika Lehmann; redigiert von Ralf Banser)