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HINTERGRUND-Märkte halten Alleingang für kaum durchsetzbar

Veröffentlicht am 19.05.2010, 15:19

* Börsianer bezweifeln Durchsetzbarkeit neuer Regularien

* Vor allem Koordination mit anderen Ländern wird vermisst

* Verbot wird als symbolisch betrachtet

- von Andrea Lentz -

Frankfurt, 19. Mai (Reuters) - Dem Vorstoß der Bundesregierung bei der Regulierung der Finanzmärkte können Börsianer nur Symbolcharakter abgewinnen. Denn ohne Unterstützung der anderen Finanzplätze sei ein Verbot ungedeckter Leerverkäufe nicht durchsetzbar, kritisieren sie. Zudem seien viele Fragen bei der technischen Umsetzung offen. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin hatte in der Nacht zum Mittwoch ungedeckte Leerverkäufe bestimmter Finanzwerte und Staatsanleihen sowie von Kreditausfallversicherungen (CDS) verboten. Dabei sind die sogenannten Market Makers - also etwa Broker, die im Eigenhandel Preise für den Kauf und Verkauf stellen - von dem Verbot ausgenommen. Und hier beginnt auch schon die Kritik: Selbst Händler waren sich nicht sicher, wer genau damit gemeint ist.

"Das bringt nichts, es sei denn London, New York und Tokio ziehen mit." Marktstratege Heino Ruland von Ruland Research sieht in der fehlenden internationalen Koordination das größte Manko der Berliner Entscheidung. "Es geht vor allem um die Symbolik", vermutete auch Frank Dornseifer, Geschäftsführer des Branchenverbandes für Hedgefonds. Die Regierung wolle ihre Handlungsbereitschaft zeigen. "Es ist ein Signal an die Märkte, unabhängig davon, wie es sich kontrollieren lässt."

Besonders kritisiert wurde von Börsianern, dass viele Einzelheiten des Verbots zunächst ungeklärt blieben. "Die technischen Modalitäten sind unklar, deshalb wirken die Maßnahmen unausgegoren, was man durchaus kritisieren kann", fasst Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt der Bremer Landesbank zusammen.

Weiterer Kritikpunkt ist das Verbot ungedeckter Leerverkäufe von Kreditausfallversicherungen in Deutschland. Denn hierzulande werden solche Geschäfte kaum abgewickelt. Zudem ist der Markt gar nicht reguliert. "Wie kann man etwas verbieten, das man gar nicht kontrollieren kann", kritisiert Ruland.

Auch das Verbot ungedeckter Leerverkäufe bei Staatsanleihen halten Börsianer für wenig hilfreich. Zum einen sei das bei Staatspapieren nicht sehr verbreitet, erklärt ein Rentenhändler bei einer großen europäischen Bank. Zum anderen seien die Anleger nur weiter verunsichert worden. Entsprechend gaben die Kurse gerade bei griechischen Staatsanleihen schon wieder nach, so dass sich die Risikoaufschläge wieder erhöhten.

Am ehesten könnte das Verbot ungedeckter Leerverkäufe bei einigen Bankenwerten noch funktionieren, hieß es Frankfurt. Immerhin hat es das während der Finanzkrise 2008 schon einmal gegeben - seinerzeit aber koordiniert mit anderen großen Finanzplätzen wie London und New York. Danach sah es am Mittwoch aber nicht aus: nur Österreich und Belgien ziehen ähnliche Maßnahmen in Betracht. Ungedeckte Leerverkäufe bei Aktien sind bislang nur in der Schweiz verboten.

"DEUTSCHLAND SETZT EIN SIGNAL"

Einige Börsianer sehen das Verbot aber auch positiv: "Ich halte es für unabdingbar, ungedeckte Leerverkäufe zu verbieten, denn mit ihnen öffnet man der Manipulation Tor und Tür", fasst Hellmeyer zusammen. "Die Bafin hat das Signal gegeben, dass nicht nur diskutiert wird, sondern der Druck erhöht wird." Der Chefvolkswirt von Generali Investments, Klaus Wiener, sieht das ähnlich. Die Finanzmärkte hätten sich von der Realwirtschaft entkoppelt, sagte Wiener. "Beide müssen wieder stärker miteinander verzahnt werden." Deutschland setze damit ein Zeichen. "Es bringt erstmal nicht viel, aber es hat Symbolcharakter", fasst Wiener zusammen.

Experten fürchten allerdings, dass sich die Anleger einfach etwas Neues ausdenken werden. Professor Clemens Fuest, der im wissenschaftlichen Beirat des Bundesfinanzministeriums sitzt, warnt: "Wenn es restriktive Regulierungen gibt, werden sich die Finanzmärkte etwas ausdenken, wie sie darumherumkommen." Händler sahen das ähnlich und führten als Beispiel nicht zuletzt die Talfahrt beim Euro an. "Wenn die Anleger keine Bonds und Aktien verkaufen können, dann verkaufen sie eben den Euro", fasst Deutsche-Bank-Händler Peter Thoma die Reaktion am Devisenmarkt zusammen.

(unter Mitarbeit von Kirsti Knolle, Anika Lehmann, Rupert Pretterklieber, Matthias Sobolewski und Jörn Poltz; redigiert von Alexander Ratz)

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