Berlin (Reuters) - Wenige Tage vor der Verabschiedung im Bundestag hat sich die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, kritisch zur Armenien-Resolution geäußert, in der die Massaker an Armeniern in der Türkei vor 100 Jahren als Völkermord bezeichnet werden.
Die SPD-Politikerin sagte dem ARD-Hauptstadtstudio am Wochenende, es sei "zu erwarten, dass durch diese Abstimmung Türen eher zugeschlagen und die geschichtliche Aufarbeitung zwischen der Türkei und Armenien sogar verhindert wird". Bei den Massakern an den Armeniern in der Türkei waren während des Ersten Weltkrieges Hunderttausende Menschen getötet worden. Die Aufarbeitung belastet noch heute das Verhältnis zwischen der Türkei und Armenien sowie zahlreichen westlichen Staaten.
Trotz ihrer Kritik kündigte Özoguz der ARD zufolge an, sie werde der gemeinsamen Resolution von Union, SPD und Grünen zustimmen, über die der Bundestag am Donnerstag abstimmen soll. Nach langer Debatte wird die Verfolgung der Armenier darin nun doch als "Völkermord" bezeichnet, was die Türkei zurückweist.
In Berlin demonstrierten am Samstag gut 1000 Menschen gegen die geplante Verabschiedung der Resolution. Die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen sagte dem "Tagesspiegel am Sonntag": "Die Proteste und Kampagnen werden von der Regierung (des türkischen Präsidenten Recep Tayyip) Erdogan maßgeblich unterstützt, wenn nicht gesteuert". Mehr als 100 Jahre nach dem Völkermord halte die Türkei an ihrer "Leugnungspolitik" fest.
Türkische Gruppen hatten unter anderem zu Massenschreiben an Bundestagsabgeordnete aufgerufen. Grünen-Chef Cem Özdemir sagte "tagesschau.de", er habe auch zahlreiche Beleidigungen erhalten: "Es sind immer die gleichen Ausdrücke: Verräter, Armenierschwein, Hurensohn, armenischer Terrorist und sogar Nazi." Anders als in der Türkei müsse aber in Deutschland "kein Abgeordneter Angst haben, ins Gefängnis geworfen oder gar ermordet zu werden".