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INTERVIEW/DSW: Hohe Zinsen contra Verlustrisiko bei Mittelstandsanleihen

Veröffentlicht am 06.04.2012, 10:05
Aktualisiert 06.04.2012, 10:08
FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Anlagenotstand macht erfinderisch. Weil die Guthabenzinsen niedrig sind, entdecken private Anleihe-Anleger zunehmend den Mittelstand. Mit sogenannten Mittelstandsanleihen lassen sich zwar höhere Zinsen als mit Bundesanleihen erzielen, sagt DSW-Anlegerschützer Klaus Nieding im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. 'Allerdings sind diese Papiere nur so sicher wie das Unternehmen, das sie begibt', fährt der Experte vom DSW (Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierschutz e.V.) fort. Deshalb sollten sich die Anleger vor der Zeichnung einer Mittelstandsanleihe umfassend informieren.

Frage: Worin liegt der Reiz der Mittelstandsanleihen für Privatanleger?

Nieding: Sicherlich darin, dass diese für die Mittelstandsanleihen höhere Zinsen als für Bundesanleihen erhalten. Angesichts niedriger Guthabenzinsen und unergiebiger Rentenmärkte bestehen hier zusätzliche Schlüsselreize, die auf Seiten der Anleger durchaus einen Anlagenotstand herbeiführen können.

Es muss jedoch klar darauf hingewiesen werden, dass Mittelstandsanleihen nur für solche Privatanleger überhaupt in Frage kommen, die grundsätzlich einen etwaigen Totalverlust des eingesetzten Kapitals im Fall einer Insolvenz des Unternehmens stemmen können, da bei einer Insolvenz Anleihen nachrangig bedient werden.'

Frage: Worauf sollten Anleger achten, die sich für Mittelstandsanleihen interessieren?

Nieding: Sollte ein Anleger ein Interesse an einer bestimmten Mittelstandsanleihe haben, sollte er sich grundsätzlich darüber informieren, wie genau das Geschäftsmodell des Unternehmens funktioniert, wie erfahren die Geschäftsführung ist, wie die Marktposition des Unternehmens ist und welche Strategie es verfolgt. Weiterhin von essentieller Bedeutung ist, ob das Unternehmen schwarze Zahlen schreibt und ob es letztlich langfristig in der Lage ist, den Zins- und Tilgungszahlungen einer Anleihe nachzukommen. Entscheidend ist weiter, wofür das über die Anleihen-Emission eingesammelte Geld verwendet werden soll. Eine Tilgung von Altschulden ist in der Regel negativ zu beurteilen, wohingegen der Ausbau des operativen Geschäftes im Allgemeinen positiv zu werten ist.

Dazu sollten Anleger grundsätzlich erst einmal den Emissionsprospekt des Unternehmens ganz genau lesen und sich über das Unternehmen an sich, aber auch über den Zweck der Anleihe schlau machen. Dennoch sollte dem Anleger bewusst sein, dass das Transparenzniveau nicht hoch ist: Für eine Anleihe müssen nicht dieselben Standards gelten wie für börsennotierte Unternehmen. Dass es hier dann zu einem Ungleichgewicht der Informationen kommen kann, hat der Insolvenz-Fall von Solar Millennium eindrucksvoll bewiesen.

Darüber hinaus haben die Börsen in Deutschland diverse Handels- und Marktsegmente für Mittelstandsanleihen gegründet und etabliert. Die Voraussetzungen für eine Emission an den jeweiligen Börsenplätzen unterscheiden sich, so dass auch dies für den Anleger unter Umständen ein wichtiger Indikator im Sinne von Transparenz und Risikoanalyse sein kann.

Frage: Wie können sich Anleger über die Kreditwürdigkeit eines Anbieters von Mittelstandsanleihen informieren?

Nieding: Grundsätzlich gilt: Eine Mittelstandsanleihe ist nur so sicher wie das Unternehmen, das sie begibt. Der Anleger sollte sich darüber hinaus folgende Fragen stellen: Wem gehört das Unternehmen? Wozu wird das Kapital benötigt? Wie hoch ist das Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital? Aber auch die Höhe des Kupons einer Anleihe ist für die Risikobeurteilung zu beachten. Generell gilt: je höher der Kupon, desto höher das Risiko.

Schließlich sollten Anleger immer auch ihr eigenes Risikoprofil im Auge behalten und sich bewusst sein, dass hohe Renditen in der Regel mit einem hohen Risiko einhergehen.

Frage: Wie beurteilen Sie die Aussagekraft von Ratings, wie sie etwa von den Agenturen Creditreform, Euler Hermes oder S&P vergeben werden?

Nieding: Ratings sind grundsätzlich sicherlich eine erste Orientierungshilfe für den Anleger. Dass diese jedoch nicht immer die wirtschaftliche Realität abbilden, haben wir aus der Finanzkrise lernen müssen, so dass auch hier Vorsicht geboten ist. Bei den Mittelstandsanleihen werden die Ratings oft zwischen 'BB' und 'BBB' liegen, da hier unter anderem die Tatsache einfließt, dass diese mittelständischen Unternehmen momentan keinen Zugang zu alternativen Finanzierungsquellen besitzen. Zu berücksichtigen ist dabei ferner, dass den europäischen Ratingagenturen oft vorgeworfen wird, dass sie Mittelstandsanleihen zu positiv bewerten. Somit ist die Aussagekraft von Ratings über Mittelstandsanleihen doch sehr eingeschränkt.

Grundsätzlich sollte sich der Anleger daher immer bewusst sein, dass die Ausgabe einer Anleihe durch ein Unternehmen zumeist aus dem Grund erfolgt, dass die Bank dem Unternehmen keine Kredite gewährt.

Wichtig sind daher auch andere Punkte, wie etwa sogenannte Schutzklauseln (Covenants) in den Anleihebedingungen, in denen zum Beispiel eine Kündigungsmöglichkeit für den Anleihegläubiger unter bestimmten Voraussetzungen festgeschrieben wird. Dennoch muss sich der Anleger bewusst darüber sein, dass ein Totalverlustrisiko bestehen bleibt und die wirtschaftliche Lage des Emittenten für Privatanleger oft nicht überschaubar ist.

Frage: Stehen interessierten Anlegern Alternativen zu reinen Mittelstandsanleihen zur Verfügung?

Nieding: Eine Möglichkeit, Risiken einer Anleihe zu senken, ist der Kauf von Mittelstandsanleihen über Fonds. Ein Fonds kann zumeist besser diversifizieren als ein Einzelanleger, der Investor kann weiterhin auch von der Expertise des Fondsmanagers bei der Analyse der Unternehmen profitieren. Im Allgemeinen investieren Rentenfonds dabei in Wertpapiere mit regelmäßigen Zinserträgen unterschiedlicher Laufzeit. Wegen einer hohen Diversifizierung sind diese regelmäßig weniger volatil und federn mögliche Risiken besser ab. So können auch bonitätsschwächere Unternehmen mit hohen Kuponzahlungen aufgenommen werden. Ein Ausfall eines solchen Teilinvestments kann daher gegebenenfalls besser ausgeglichen werden. Darüber hinaus handelt der Investor nicht mit den Anleihen selbst, sondern mit seinen Fondsanteilen, so dass ein Handel in der Regel eher gewährleistet ist als bei einzelnen Anleiheninvestments. Aber auch hier gilt: Ein Totalverlustrisiko einzelner Anleihen bleibt grundsätzlich bestehen./la/hbr/stk

--- Gespräch: Lutz Alexander, dpa-AFX ---

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