Rom/Brüssel (Reuters) - Italien steuert im Haushaltsstreit mit der EU-Kommission auf Konfrontationskurs.
"Es gibt keinen Grund, ihn zu ändern", sagte Ministerpräsident Giuseppe Conte am Freitag in Brüssel mit Blick auf seinen Haushaltsplan für 2019. Von den EU-Partnern kam indes der Aufruf, Italien Verstöße gegen europäische Vorgaben nicht durchgehen zu lassen. An den Finanzmärkten wuchsen die Sorgen, der Konflikt könnte sich zu einer neuen Schuldenkrise ausweiten.
Die EU-Kommission hat der Regierung aus rechter Lega und populistischer 5-Sterne-Bewegung zuletzt per Brief mitgeteilt, der Haushaltsentwurf sei ein besonders gravierender Verstoß gegen EU-Regeln. Sie räumte der Regierung in Rom eine Frist bis Montag zur Antwort ein. Conte sagte dazu, das Schreiben sei "der Beginn einer Diskussion". Italien werde am Montag darauf antworten. Er werde der Kommission erklären, dass die zusätzlichen Ausgaben nicht so schlimm seien wie behauptet.
DEUTLICH HÖHERE NEUVERSCHULDUNG
Die derzeitige EU-Ratspräsidentschaft Österreich forderte von der EU-Kommission eine klare Haltung. Kanzler Sebastian Kurz sagte, Italien bringe sich selbst und andere in Gefahr, wenn es gegen europäischen Vorgaben verstoße. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici hat der Regierung in Rom gravierende Verstöße gegen EU-Regeln vorgeworfen. Zur Finanzierung teurer sozialpolitischer Wahlversprechen plant die Koalition 2019 eine deutlich höhere Neuverschuldung als von der Vorgängerregierung in Aussicht gestellt. Die Ausgaben sollen weitaus deutlicher gesteigert werden als erlaubt.
Wenn Italien den Entwurf nicht ändert, könnte ihn die EU-Kommission eine Woche später (29. Oktober) zurückweisen. Dann hätte Italien drei weitere Wochen Zeit für einen neuen Entwurf. Die Kommission könnte diesen dann bis Mitte Dezember prüfen. Es wäre das erste Mal, dass die Kommission diesen Weg ginge, seit sie diese Befugnisse 2013 erhalten hat. Dies könnte zusätzliche Unruhe an den Finanzmärkten auslösen. Schon am Freitag lag der Risikoaufschlag für zehnjährige italienische Staatsanleihen zu vergleichbaren Bundestiteln zeitweise so hoch wie zuletzt während der Euro-Schuldenkrise 2012. Die Verzinsung der italienischen Anleihen kletterten auf bis zu 3,78 Prozent und damit den höchsten Stand seit rund vier Jahren.
An der Börse in Mailand standen vor allem Banken unter Druck. Sie haben viele Staatsanleihen in ihren Bilanzen. Am Nachmittag beruhigte sich die Lage etwas. Händler verwiesen auf mäßigende Aussagen von Moscovici. Der EU-Kommissar hatte in Rom erklärt, er wolle die Spannungen aus dem Streit herausnehmen und suche einen konstruktiven Dialog. Zudem fürchte er keine Ansteckungsgefahren für andere Länder der Euro-Zone.
RATING-ÜBERPRÜFUNG STEHT AN
Für Italien steht auch die Kreditwürdigkeit auf der Kippe. Die Ratingagentur S&P überprüft ihre Bonitätsnote bis Ende kommender Woche. Die Kollegen von Moody's haben dies ebenfalls bis Ende Oktober in Aussicht gestellt. Im Falle einer Herabstufung wäre Italien nur noch einen Schritt vom sogenannten "Ramsch"-Status entfernt, ab dem viele Investoren ihr Geld nicht mehr in italienische Staatsanleihen stecken dürften.
In Rom spitzte sich derweil ein Zwist der Regierungsparteien über eine Steueramnestie zu. Diese soll etwa acht Milliarden Euro in die Staatskasse spülen. Bürger sollen gegen Zahlung einer begrenzten Summe ihren Streit mit dem Fiskus beilegen können. Das Projekt ist Teil des Haushaltsentwurfs. 5-Sterne-Chef Luigi Di Maio zufolge wurde der Passus zu diesem Vorhaben nach Zustimmung seiner Partei im Kabinett manipuliert.