BONN/BERLIN (dpa-AFX) - Die überraschende Vergabeentscheidung für das Berliner Gasnetz sorgt weiter für Aufregung und Widerspruch. Ein Sprecher des Bundeskartellamts stellte am Samstag fest: Man habe an der Bewertung der Angebote und Auswahl nicht mitgewirkt. Die Behörde sei nur im Vorfeld des Verfahrens einbezogen worden. Zuvor hatte "Der Tagesspiegel" (Samstag) darüber berichtet.
Die Konzession für das Berliner Gasnetz ist lukrativ und entsprechend umkämpft. Anfang Juni hatte Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) erklärt, dass überraschend das neue landeseigene Unternehmen Berlin Energie bei der Vergabe zum Zuge kommen soll. Diese Entscheidung hat für viel Streit gesorgt. Im rot-schwarzen Senat führte sie fast zu einer Koalitionskrise.
Die obersten deutschen Kartellwächter prüfen das Vorhaben derzeit noch. "Allerdings liegen die Unterlagen noch nicht vollständig vor", sagte der Sprecher. Wann die Prüfung abgeschlossen sein wird, lasse sich nicht abschätzen.
Der bisherige Netzbetreiber, die im Vergabeverfahren unterlegene Gasag, hat bereits Klage gegen die Entscheidung eingereicht. Der bestehende Konzessionsvertrag war Ende 2013 ausgelaufen. Berlins traditioneller Gaslieferant betreibt das Netz aber übergangsweise noch in diesem Jahr. Die Wirtschaft forderte indes bereits, das Verfahren zur Vergabe zu wiederholen.
Das Land hatte Berlin Energie eigens gegründet, um das Gasnetz wieder in kommunale Hand zu holen. Im Senat war die Vergabe bereits Thema. Letztlich muss das Abgeordnetenhaus in dem Fall entscheiden.
Nußbaum hatte bislang erklärt: "Wir haben die unterschiedlichen Kriterien für die Vergabe in jedem Schritt mit dem Senat und dem Abgeordnetenhaus abgestimmt. Und waren in engem Austausch mit dem Bundeskartellamt."
Dennoch sah er sich auch innerhalb des Senats Widerstand ausgesetzt. Am vergangenen Donnerstag musste Regierungschef Klaus Wowereit (SPD) ein Machtwort sprechen. Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) war mit seinem Kollegen Nußbaum aneinandergeraten. Der Streit schaukelte sich bis zu einer Unterlassungsforderung hoch. Nach Wowereits Intervention zog Heilmann diese aber zurück.ne