KIEL (dpa-AFX) - Nach Greenpeace-Vorwürfen zu russischen Öl-Exporten über die Ostsee hat der Umweltminister von Schleswig-Holstein, Tobias Goldschmidt, vor Gefahren durch Tanker für Schleswig-Holsteins Ostseeküste gewarnt. "Das Regime in Moskau unterläuft offensichtlich schamlos das Öl-Embargo, das seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zu Recht verhängt wurde", sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Dadurch gefährde dieser Krieg die ohnehin kranken Meere.
"Die Zunahme unsicherer und schlecht versicherter Öltanker auf der Ostsee bedeutet: Das Risiko eines Ölunfalls steigt", warnte Goldschmidt. "Und dieses Öl würde vor allem an unseren Stränden landen, von Fehmarn bis nach Eckernförde, wie Greenpeace-Untersuchungen aus der Kadetrinne zeigen." Dieser Zustand sei inakzeptabel.
Greenpeace-Datenauswertung
Die Umweltorganisation Greenpeace hat Schiffsbewegungen in der Ostsee ausgewertet. Demnach hätten die Fahrten von Rohöltankern seit Januar 2021 um 70 Prozent zugenommen. Gleichzeitig habe sich das Durchschnittsalter der Tanker von 8,9 Jahren im Jahr 2021 auf 16,6 Jahre im Jahr 2024 erhöht. Viele Schiffe seien unzureichend versichert.
Am Mittwoch hatte Greenpeace mit einer Aktion auf der Ostsee vor Rostock gegen umweltgefährdende russische Ölexporte mit maroden Tankern protestiert.
Mehrere westliche Länder werfen Russland vor, auf teilweise kaum seetaugliche Schiffe zu setzen, um Sanktionen der EU wegen des Angriffskriegs zu umgehen.
Goldschmidt fordert mehr Infos vom Bund
Goldschmidt will sich in der Sache an Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wenden. "Es kann nicht sein, dass hier russische Zeitbomben fahren und wir als Küstenbundesländer darüber kaum Informationen haben", sagte der Grünen-Politiker. Der Bund müsse das gegen Russland verhängte Embargo konsequent durchsetzen.
"Eine Öl-Katastrophe wäre für das Leben in der ohnehin durch Klimawandel, Nährstoffeinträge und Überfischung gestressten Ostsee verheerend", warnte Goldschmidt. Er forderte vom Bundesverkehrsministerium einen Tanker-TÜV in Form von Kontrollen.
Gut vorbereitet?
Im Falle einer Havarie wäre Schleswig-Holstein innerhalb der 12-Meilen-Zone für die Schadstoffunfallbekämpfung zuständig. "Da sind wir dank unseres hohen Vorsorgestandards gut aufgestellt, an dem wir keinesfalls rütteln sollten", sagte Goldschmidt. Dank Havariekommando stünden Spezialschiffe und -geräte sowie ein gemeinsames Unfallmanagement bereit.
Aktiv lasse sich das Havarierisiko in der viel befahrenen Kadetrinne durch den Ausbau von Wind- und Solarkraft senken, sagte Goldschmidt. "Wenn die Nachfrage nach Öl und Gas sinkt, wird es auch weniger gefährlichen Schiffsverkehr auf der Ostsee geben.