- von Antonie Klotz -
Frankfurt, 27. Jun (Reuters) - Kommt uns das nicht alles bekannt vor - ETCs, ETNs, ETPs, rolloptimierte Strukturen oder neuerdings aktiv gemanagte ETFs? Diese Entwicklung bei börsennotierten Investmentfonds (ETFs) erinnert an die Boomphase der Zertifikate-Industrie. Ein Vergleich, den viele ungern ziehen, doch längst vorbei sind die Zeiten, in denen sich die ETF-Anbieter allein auf die klassischen Index-Tracker konzentrierten. Da die Angebote der reinen passiven Indexabbildung begrenzt sind, suchen die Banken nach Expansionsmöglichkeiten.
Rückblickend zeigen sich viele Parallelen zum Zertifikatemarkt: Das erste Indexzertifikat 1990 war jahrelang ein Geheimtipp unter Profis und es dauerte etwa fünf Jahre, bis es immer mehr Vermögensverwalter und Privatanleger für sich entdeckten und weitere Emissionen folgten. Die Konstruktion war bestechend einfach und galt als praktisch, preiswert und profitabel. Dann folgte der große Boom und die Emittenten warteten mit diversen Baskets und artverwandten Konstrukten auf, die weitaus teurer waren als die schlichten Indexzertifikate - ähnlich wie heute bei börsengehandelten Indexprodukten.
Zertifikate waren hipp und wurden nachgefragt. Um vom positiven Image der Zertifikate zu profitieren, wurden Anfang des Jahrtausends die hochriskanten Knock-outs sogar unter dem Begriff Turbozertifikate vermarktet. Der ist irreführend, wird aber immer noch gern genutzt. Die Innovation hat wenig mit Zertifikaten gemein, bedeuten Knock-out-Papiere doch bei Erreichen der Barriere den Totalverlust und entwickeln sich aufgrund der Hebelwirkung keineswegs eins zu eins wie der Basiswert.
Ähnlich wie Hebelzertifikate im Windschatten der Indexzertifikate lagen, profitieren ETCs seit Jahren vom positiven Image der ETFs. ETCs, also Exchange Traded Commodities (börsennotierte Rohstoffe), sind zwar im Vergleich zu Zertifikaten besichert, aber kein Sondervermögen wie ein klassischer ETF. Namensgebung und Anlehnung an den ETF-Markt erinnern stark an die Entwicklung bei Turbozertifikaten, auch wenn hier das Risiko ungleich geringer ist.
Die Entwicklung der börsengehandelten Indexprodukte verläuft ähnlich wie bei Zertifikaten, teilweise sogar deutlich schneller. Vermutlich ist das der Tatsache geschuldet, dass das Thema Indexinvestment durch Zertifikate, die eine Dekade vorher an den Start gingen, bereits bekannt war. Auch was die Kosten betrifft ist es ähnlich: Strukturierte ETFs sind weitaus teurer als die klassischen Indextracker. Die Spreads in den weiterentwickelten Konstrukten werden breiter und die Gebühren höher, je exotischer die Basismärkte sind. Doch die Anbieter wollen um jeden Preis wachsen und ihr Angebot ausweiten. Das war auch am Zertifikatemarkt nicht anders. Wer beispielsweise auf Vergleichsseiten im Internet Managementgebühren bei ETFs analysiert, findet keineswegs immer die Gesamtbelastung eines ETF. Zum Teil kommen noch Gebühren dazu wie beispielsweise für die Sicherheitenhinterlegung, Indexlizenzen oder -konstruktion.
Dies alles ist vom Zertifikatemarkt bekannt und wurde dort zum Teil schon abgestellt. Doch auch bei Derivaten existieren Finanzierungskosten, die nicht offen ausgewiesen oder Dividenden, die unterschiedlich angerechnet werden. Für das Image einer Branche ist das keineswegs förderlich. Hier heißt es: Karten offen auf den Tisch - egal ob Zertifikate oder ETFs, ETCs oder andere Konstrukte. Alle Kosten müssen auf den ersten Blick sichtbar sein, auch verdeckte oder verkappte. Nur das schafft Vertrauen!
(redigiert von Tom Körkemeier)