- von Matthias von Arnim -
Frankfurt, 06. Mai (Reuters) - Discount-Zertifikate und Aktien-Anleihen sollten sich bei vergleichbarer Ausstattung für Anleger unter dem Strich gleich gut rechnen. Das tun sie aber nicht. Aktien-Anleihen sind teurer. Trotzdem verkaufen sie sich immer besser. Es ist wie im Supermarkt: Die teuren Markenprodukte werden in den Regalen in Augenhöhe der Kunden positioniert. Eine Regalreihe tiefer gibt es oft die gleiche Qualität für weniger Geld. So ähnlich funktioniert der Deal auch im Zertifikate-Geschäft.
Kunden, die sich in der Sparkasse, der Volksbank oder einer privaten Geschäftsbank beraten lassen, möchten eine Anlage, die ihnen das Gefühl gibt, eine höhere Rendite zu erzielen als mit ihrem Sparbuch. Welches Produkt ihnen dieses Gefühl gibt, ist ihnen egal. Da sind Aktien-Anleihen ein sehr interessantes Produkt - und zwar sowohl für die Käufer als auch den Vertrieb. Denn die Verkaufsargumente sind bestechend.
Das beginnt schon beim Namen "Anleihe". Das klingt nach Sicherheit, und der Anleger kann sich darunter etwas vorstellen. Darüber hinaus bieten Aktien-Anleihen regelmäßige Kupon-Auszahlungen, die deutlich über dem Marktzins liegen und einen Stückzins wie bei klassischen Anleihen. Dass das Renditeversprechen nur aufgeht, wenn der Kurs des Basiswertes nicht unter ein bestimmtes Niveau fällt, wird vermutlich oftmals wahr-, aber nicht ernst genommen.
Ebenso ist den meisten Käufern von Aktien-Anleihen vermutlich nicht bewusst, dass es die Papiere in anderer Verpackung eine Regalreihe tiefer zu einem viel günstigeren Preis gibt, nämlich unter dem Label Discount-Zertifikat. Dort gibt es statt Zinszahlungen einen Rabatt beim Kauf. Es ist dasselbe Rechenspiel: Die Risiko- und Renditechancen von Aktienanleihen und Discount-Zertifikaten unterscheiden sich nicht. Was bei der Aktienanleihe der Basispreis ist, nennt sich beim Discount-Zertifikat Cap. Die Auszahlungsprofile sind bei gleicher Laufzeit sowie gleichem Cap und Basispreis absolut identisch. Eigentlich.
In der Praxis sieht es allerdings anders aus. Hält man Aktien-Anleihen und Discount-Zertifikate mit jeweils gleichen Ausstattungsmerkmalen gegeneinander, sind die Rendite-Aussichten der Discount-Zertifikate fast immer signifikant besser. Signifikant bedeutet, dass Rendite-Unterschiede von zwei Prozentpunkten per annum keine Seltenheit sind.
Das ist viel und ein Argument gegen Aktien-Anleihen. Wie kommt es, dass sich der Anteil von Aktien-Anleihen am Gesamtmarkt in den vergangenen 12 Monaten trotzdem um 50 Prozent erhöht hat, während der Marktanteil der Discount-Zertifikate unverändert geblieben ist? Die Antwort liegt auf der Hand: Die Renditeunterschiede sind nichts anderes als Vertriebsprovisionen, die die Berater in den Sparkassen, Volksbanken und privaten Geschäftsbanken verstärkt dazu motivieren, ihren Kunden Aktien-Anleihen zu empfehlen.
Diese Motivation funktioniert offensichtlich hervorragend. Discount-Zertifikate dagegen werden seit Jahren von denselben Selbst-Entscheidern gekauft, die schon immer genau ausgerechnet haben, ob sich die Investition in ein Produkt lohnt.
Unter dem Strich werden jedoch wohl alle glücklich: Die Schnäppchenjäger freuen sich beim Griff ins Discount-Regal, mehr Rendite fürs Geld zu bekommen. Die Kunden, die mit Hilfe des Beraters in Augenhöhe ins Regal greifen, haben das Gefühl, hohe Zinsen zu kassieren. Und die Berater freuen sich über hohe Vertriebsprovisionen. Letztlich ist alles eine Frage der Verpackung.
(redigiert von Hakan Ersen)