😎 Sommerzeit, Hammer-Deals! Bei InvestingPro winken jetzt bis zu 50% Rabatt auf KI-Aktien-TippsJETZT ZUGREIFEN

OTS: Börsen-Zeitung / Börsen-Zeitung: Die Schuldigen des Chaos, Kommentar zur ...

Veröffentlicht am 03.03.2014, 20:57
Aktualisiert 03.03.2014, 21:05

Börsen-Zeitung: Die Schuldigen des Chaos, Kommentar zur Krim-Krise von

Eduard Steiner

Frankfurt (ots) - Über Theorien von gestern heute noch zu

diskutieren, wirkt etwas überholt. Kremlchef Wladimir Putin nämlich

hat inzwischen auf der ukrainischen Halbinsel Krim Fakten geschaffen.

Die Krim sei de facto in russischer Hand und der Konflikt zwischen

der Ukraine und Russland sei 'sicherlich die größte Krise in Europa

im 21. Jahrhundert', sagt der britische Außenminister William Hague.

Vielschichtige Motive

Gerade deshalb scheint es aber doch nützlich, kurz an die Theorie

zu erinnern, die seit Monaten, teils Jahren kursierte: Putin und

seine sowjetisch sozialisierten Geheimdienstaufsteiger würden gezielt

an einer Destabilisierung der Ukraine arbeiten. Nicht zuletzt die

Parteinahme für den geflüchteten ukrainischen Präsidenten Viktor

Janukowitsch erhärtet rückblickend diese Theorie. Man hegte in Moskau

nie Sympathie für ihn, vielmehr verachtete man ihn.

Aber man wusste ziemlich genau, dass er - mehr noch als seine

Erzrivalin Julia Timoschenko - zu allem bereit war, wenn er sich nur

an der Macht halten und bereichern könnte. Markantes Beispiel: Weil

Moskau mit dem schnellen Geld winkte, ließ Janukowitsch Ende November

das EU-Assoziierungsabkommen platzen und brüskierte damit alle im

eigenen Land. Nun hat Moskau den chaotischen Moment genützt und sich

dort militärisch breitgemacht, wo es immer schon Anspruch auf

Mitsprache erhoben hatte.

Die tieferen Motive hinter dem Vorgehen des Kremls sind

vielschichtig. Neben dem weitgehend destruktiven imperialistischen

Reflex sind es auch legitime Interessen, die der große Nachbar der

Ukraine an den Tag legt. Indirekt und vielleicht auch unbewusst hat

sogar der Westen diese Nähe der beiden Nachbarstaaten beschworen,

indem er sich immer darüber echauffierte, wenn Russland mit der

Eintreibung der ukrainischen Gasschulden Ernst machte. Russland

sollte der Ukraine zwar unter die Arme greifen, aber nicht mitreden,

lautete die westliche Devise.

Mit sich selbst beschäftigt

Russland erhielt aber noch ein anderes Signal aus dem Westen. Weil

dieser seit Beginn der Finanzkrise mit sich selbst beschäftigt war,

sah Moskau freie Bahn, seine Ambitionen auf postsowjetischem Raum

auszuleben. Und seit sich der Kreml im Georgien-Krieg 2008 auch

versichern konnte, dass niemand außer ihm selbst eine militärische

Option überhaupt einkalkuliert, war der Weg frei.

In der Tat ist es Moskau gelungen, sich als Hauptzuständigen für

seinen postsowjetischen Hinterhof zu repositionieren. Allein, was es

mit dem Einfluss soll, hat Moskau wenig bedacht. Eine Teilnahme an

der von Moskau geführten Zollunion war nicht einmal für Janukowitsch

interessant. Moskaus Vasallenstaaten wollen mit Russland handeln,

billiges Gas, nahezu zinsfreies Geld und freien Personenverkehr für

die vielen Gastarbeiter. Aber sie verbinden mit Russland keine große

Zukunft. Moskau muss sich die Liebe immer teurer erkaufen und

offenbar alle paar Jahre mit einem Militäraufmarsch einfordern.

Putin ist freilich nicht der Einzige, der die Ukraine in den

Zustand manövriert hat, in dem sie sich jetzt befindet. Gerade die

ukrainischen Oligarchen, die jetzt die weitaus mächtigeren russischen

Tycoons fürchten, können sich nicht aus der Verantwortung stehlen.

Vor allem deshalb nicht, weil sie es waren, die so lange an

Janukowitsch festgehalten haben. Erst ganz zum Schluss haben sie sich

unisono und konzeptlos auf die Seite der prowestlichen Aufständischen

geschlagen. Und denen wiederum, die teils extrem nationalistisch

gesinnt sind, ist nichts Besseres eingefallen, als das Verbot des

Russischen als zweiter Staatssprache zu planen.

Das sind die Stoffe, aus denen Tragödien und im schlimmsten Fall

Kriege gebastelt werden. Noch nie war die Ukraine so nahe an eine

Aufspaltung des Landes herangerückt wie in diesen Tagen. Denn selbst

wenn die russischen Truppen nicht aufmarschiert wären, hätte man

endlich Wege diskutieren müssen, die faktische Teilung in einen

historisch, sprachlich und kulturell völlig konträr geprägten Osten

und Westen auch organisatorisch und politisch realistischer zu

administrieren - und im äußersten Notfall auch durch eine

Staatenteilung nach tschechoslowakischer Art zu formalisieren.

Banken auf dem Sprung

Dafür wird in der jetzigen Hektik keine Zeit sein. Ohnehin blickt

momentan alles abwechselnd auf die Krim und auf den Internationalen

Währungsfonds (IWF), dessen Vertreter diese Woche in die Ukraine

kommen. Sagt der IWF Hilfsgelder zu, erhält die Wirtschaft fürs Erste

einmal eine Verschnaufpause. Wenn nicht, breitet sich das Feuer auf

dem Dach weiter aus. Vor allem die Landeswährung Hrywnja würde dann

wohl noch weiter absacken. Die Folgen: Die Leute würden noch

schneller ihr Erspartes abheben und in Devisen umwandeln. Und der

Staat, aber auch die privaten Kreditnehmer hätten nur noch größere

Schwierigkeiten, ihre meist in Auslandswährungen denominierten

Schulden zu bedienen.

Es ist genau dieses Szenario, das die Banken fürchten. Ohnehin

waren sie schon seit geraumer Zeit in Absprungposition. Ein Teil von

ihnen schaffte den Absprung. Viele andere sind jetzt gefangen. Nicht

nur die westlichen wohlgemerkt, auch die - vorwiegend staatlichen -

russischen Institute.

Im Unterschied zu Russland, das seine nun unterbrochene

Geldvergabe an die Ukraine nur an die Loyalität gebunden hatte,

verlangen der IWF und die EU marktwirtschaftliche Reformen. Die

Ironie der Geschichte: Man wird vielleicht sogar darüber künftig mit

Russland eher mehr und nicht weniger als bisher reden müssen.

OTS: Börsen-Zeitung

newsroom: http://www.presseportal.de/pm/30377

newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung

Redaktion

Telefon: 069--2732-0

www.boersen-zeitung.de

Aktuelle Kommentare

Installieren Sie unsere App
Risikohinweis: Beim Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen bestehen erhebliche Risiken, die zum vollständigen oder teilweisen Verlust Ihres investierten Kapitals führen können. Die Kurse von Kryptowährungen unterliegen extremen Schwankungen und können durch externe Einflüsse wie finanzielle, regulatorische oder politische Ereignisse beeinflusst werden. Durch den Einsatz von Margin-Trading wird das finanzielle Risiko erhöht.
Vor Beginn des Handels mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen ist es wichtig, die damit verbundenen Risiken vollständig zu verstehen. Es wird empfohlen, sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten zu lassen.
Fusion Media weist darauf hin, dass die auf dieser Website bereitgestellten Kurse und Daten möglicherweise nicht in Echtzeit oder vollständig genau sind. Diese Informationen werden nicht unbedingt von Börsen, sondern von Market Makern zur Verfügung gestellt, was bedeutet, dass sie indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sein können. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für Handelsverluste, die durch die Verwendung dieser Daten entstehen können.
Die Nutzung, Speicherung, Vervielfältigung, Anzeige, Änderung, Übertragung oder Verbreitung der auf dieser Website enthaltenen Daten ohne vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenproviders ist untersagt. Alle Rechte am geistigen Eigentum liegen bei den Anbietern und/oder der Börse, die die Daten auf dieser Website bereitstellen.
Fusion Media kann von Werbetreibenden auf der Website aufgrund Ihrer Interaktion mit Anzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.
Im Falle von Auslegungsunterschieden zwischen der englischen und der deutschen Version dieser Vereinbarung ist die englische Version maßgeblich.
© 2007-2024 - Fusion Media Limited. Alle Rechte vorbehalten.