Börsen-Zeitung: Ende der Geduld, Kommentar zum Revirement an der
Spitze des Lanxess-Konzerns, von Antje Kullrich.
Frankfurt (ots) - Es ist ein durch und durch respektvoller
Abschied, den der Lanxess-Aufsichtsrat seinem langjährigen
Vorstandschef Axel Heitmann bereitet. Er hat es sich verdient. Der
heutige Dax-Konzern war als Spin-off eher schwachbrüstiger
Bayer-Aktivitäten 2005 beim Gang an die Börse noch vielfach belächelt
worden. Heitmann formte daraus mit einem engagierten Umbauprogramm
einen Spezialchemiekonzern mit 9 Mrd. Euro Umsatz und dem
Rekordgewinn von einer halben Mrd. Euro im Jahr 2012.
Doch der Fall kurz darauf war tief. Die eklatante
Nachfrageschwäche in der Automobil- und Reifenindustrie führte zu
desaströsen Zahlen, einem deutlichen Umsatzrückgang und noch
heftigerem Ergebniseinbruch. Lanxess avancierte 2013 mit einem
Kursminus von 26% zum zweitschwächsten Wert im Dax30. Heitmann
reagierte mit ein wenig Restrukturierung, im Wesentlichen aber mit
einem Weiter-so. Trotz Überkapazitäten im Markt zeigte sich der
Manager mittelfristig von den Erfolgschancen in der Reifenindustrie
mit den spritsparenden Kautschukprodukten von Lanxess überzeugt.
Doch die Durststrecke hat zu lange gedauert. Das Vertrauen in
Heitmanns Kurs bröckelte zuletzt mit jedem deprimierenden
Quartalsergebnis, die Geduld erschöpfte sich. Wann hat sich jemand
verrannt oder braucht einfach nur noch ein wenig mehr Zeit? Diese
Frage galt es für den Aufsichtsrat zu entscheiden. Er hat es dem
Vernehmen nach sehr zügig getan.
Nach zehn Jahren kann ein neuer Blick einem Konzern sehr gut tun.
Mit Matthias Zachert hat sich Lanxess, das zeigt die Reaktion an der
Börse, eine Art Rockstar des Kapitalmarkts an die Spitze geholt. Der
Finanzexperte brilliert in der Kommunikation mit Investoren. Für ihn
spricht zudem, dass er seinen zukünftigen Arbeitgeber aus sieben
Jahren Leitung des Finanzressorts aus dem Effeff kennt. Eine längere
Einarbeitungszeit entfällt. Intern dürfte Zachert noch gut verdrahtet
sein.
Doch die Vorschusslorbeeren am Kapitalmarkt wirken durchaus üppig.
Der Finanzkünstler Zachert muss sich als Steuermann und
Unternehmensstratege noch beweisen. Der Druck ist zudem gewaltig:
'Lanxess steht vor großen Herausforderungen, beispielsweise
hinsichtlich Marktkapazitäten und Geschäftsportfolio', lässt sich
Aufsichtsratschef Rolf Stomberg in einer Pressemitteilung zitieren.
Das ist der Arbeitsauftrag für Zachert. Und die Zeit, die Heitmann
nicht mehr gewährt wurde, dürfte auch ihm nur noch klein portioniert
zugeteilt werden.
(Börsen-Zeitung, 28.1.2014)
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