Börsen-Zeitung: Der Schalter steht auf Risiko, Kommentar zur jüngsten
Akquisition des Elektrotechnik-Konzerns ABB, von Daniel Schauber
Frankfurt (ots) - Siemens kleckert, ABB klotzt: Der Züricher
Elektrotechnik-Konzern trumpft in spannungsgeladenem Umfeld mit einer
knapp 4 Mrd. Dollar schweren Akquisition in den USA auf. Den Namen
des übernommenen Unternehmens, Thomas & Betts, und seine Produkte,
wie zum Beispiel Kabelkanäle, kennen nur Spezialisten. Doch der
Zukauf ist einer der größten, den ein westeuropäischer
Industriekonzern seit 2011 getätigt hat.
Für ABB ist es schon die dritte Milliardentransaktion in knapp
zwei Jahren. Siemens hat sich dagegen bei großen Käufen zuletzt
auffällig zurückgehalten und wartete am Merger Monday - das hat fast
Symbolcharakter - nur mit einem kleinen Deal auf. Während die
Münchner kürzlich mit Abschreibungen und gesenkten Erwartungen von
sich reden machten, strotzen die Züricher vor Kraft.
Der seit 2008 amtierende ABB-Chef Joe Hogan hat den Schalter auf
Risiko umgelegt. Nach vielen Jahren der Abstinenz, die auf den
Beinahe-Zusammenbruch vor zehn Jahren folgten, geht der von General
Electric geholte CEO bei dem Züricher Multi in die Vollen. Die 2010
gestartete Einkaufstour hat bislang rund 11 Mrd. Dollar gekostet,
doch den Hals voll haben die Schweizer noch nicht: Finanzchef Michel
Demaré erklärt, dass man sich trotzdem weiter nach Kaufgelegenheiten
umsieht. Geld für weitere Zukäufe ist da. Vor allem in Nordamerika,
das für seine marode Strominfrastruktur berüchtigt ist, haben sich
die Schweizer verstärkt und ihren Appetit offenbar noch nicht
gestillt. Mit der jüngsten Akquisition steuern die USA künftig etwa
jeden sechsten Dollar Erlös für den europäischen Industrieausrüster
bei.
Drei Milliardentransaktionen in kurzer Zeit zu integrieren, wird
kein Kinderspiel sein, wie man bei ABB aus schmerzlicher Erfahrung
weiß. Denn das Nahtod-Erlebnis vor zehn Jahren war auf eine
aggressive Akquisitionstour gefolgt, bei der man sich nicht alles,
was im Einkaufskorb landete, gründlich anschaute.
Unter CEO Hogan muss das anders sein. Zwar scheinen die letzten
Käufe, gemessen an Bewertungskennziffern und Übernahmeprämien, nicht
gerade billig. Aber unumstritten ist, dass die drei zuletzt
akquirierten US-Konzerne strategisch ins ABB-Portfolio passen. Und
Verlustbringer werden nicht toleriert: Die letzten Zukäufe sind nicht
nur profitabel, sie müssen auch spätestens nach drei Jahren die
Kapitalkosten einspielen. Gerade im strategischen Markt USA hat ABB -
wie viele europäische Konzerne - jahrelang Verluste hingenommen.
Diese Zeiten sind vorbei.
(Börsen-Zeitung, 31.1.2012)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Akquisition des Elektrotechnik-Konzerns ABB, von Daniel Schauber
Frankfurt (ots) - Siemens kleckert, ABB klotzt: Der Züricher
Elektrotechnik-Konzern trumpft in spannungsgeladenem Umfeld mit einer
knapp 4 Mrd. Dollar schweren Akquisition in den USA auf. Den Namen
des übernommenen Unternehmens, Thomas & Betts, und seine Produkte,
wie zum Beispiel Kabelkanäle, kennen nur Spezialisten. Doch der
Zukauf ist einer der größten, den ein westeuropäischer
Industriekonzern seit 2011 getätigt hat.
Für ABB ist es schon die dritte Milliardentransaktion in knapp
zwei Jahren. Siemens hat sich dagegen bei großen Käufen zuletzt
auffällig zurückgehalten und wartete am Merger Monday - das hat fast
Symbolcharakter - nur mit einem kleinen Deal auf. Während die
Münchner kürzlich mit Abschreibungen und gesenkten Erwartungen von
sich reden machten, strotzen die Züricher vor Kraft.
Der seit 2008 amtierende ABB-Chef Joe Hogan hat den Schalter auf
Risiko umgelegt. Nach vielen Jahren der Abstinenz, die auf den
Beinahe-Zusammenbruch vor zehn Jahren folgten, geht der von General
Electric geholte CEO bei dem Züricher Multi in die Vollen. Die 2010
gestartete Einkaufstour hat bislang rund 11 Mrd. Dollar gekostet,
doch den Hals voll haben die Schweizer noch nicht: Finanzchef Michel
Demaré erklärt, dass man sich trotzdem weiter nach Kaufgelegenheiten
umsieht. Geld für weitere Zukäufe ist da. Vor allem in Nordamerika,
das für seine marode Strominfrastruktur berüchtigt ist, haben sich
die Schweizer verstärkt und ihren Appetit offenbar noch nicht
gestillt. Mit der jüngsten Akquisition steuern die USA künftig etwa
jeden sechsten Dollar Erlös für den europäischen Industrieausrüster
bei.
Drei Milliardentransaktionen in kurzer Zeit zu integrieren, wird
kein Kinderspiel sein, wie man bei ABB aus schmerzlicher Erfahrung
weiß. Denn das Nahtod-Erlebnis vor zehn Jahren war auf eine
aggressive Akquisitionstour gefolgt, bei der man sich nicht alles,
was im Einkaufskorb landete, gründlich anschaute.
Unter CEO Hogan muss das anders sein. Zwar scheinen die letzten
Käufe, gemessen an Bewertungskennziffern und Übernahmeprämien, nicht
gerade billig. Aber unumstritten ist, dass die drei zuletzt
akquirierten US-Konzerne strategisch ins ABB-Portfolio passen. Und
Verlustbringer werden nicht toleriert: Die letzten Zukäufe sind nicht
nur profitabel, sie müssen auch spätestens nach drei Jahren die
Kapitalkosten einspielen. Gerade im strategischen Markt USA hat ABB -
wie viele europäische Konzerne - jahrelang Verluste hingenommen.
Diese Zeiten sind vorbei.
(Börsen-Zeitung, 31.1.2012)
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