Börsen-Zeitung: European Federal Reserve, Kommentar zur
EZB-Zinssenkung von Stephan Balling
Frankfurt (ots) - Die Entscheidung der Europäischen Zentralbank
(EZB), den Leitzins um 25 Basispunkte zu senken, ist falsch. Sie
zeugt von gefährlichen Vorstellungen über Aufgabe und Möglichkeiten
einer Zentralbank. Um Missverständnissen vorzubeugen: Das liegt nicht
daran, dass der neue EZB-Präsident Mario Draghi Italiener ist. Es
wäre jetzt zu billig, ihn als wachsweichen Römer hinzustellen, der
von Stabilitätspolitik keine Ahnung hat und auch nichts davon hält.
Darum geht es nicht. Schließlich hat er auch in Deutschland und vor
allem in den USA Verbündete.
Es geht darum, dass die EZB nun offenkundig einen fundamentalen
Wechsel in ihrer Strategie vollzogen hat. Stabilitätspolitik war
gestern, heute ist Wachstumförderung! Bisher sollten Eurolands
Währungshüter nur für stabile Preise sorgen, die Inflation sollte
unter, aber nahe 2% bleiben. Die EZB hatte kein doppeltes Mandat.
Darin unterschied sie sich von der US-Notenbank Federal Reserve
(Fed). Aufgabe der Fed ist es, die Wirtschaft zu stimulieren und
dafür zu sorgen, dass neue Jobs entstehen. Dieses Ziel steht in
Washington gleichberechtigt mit dem Kampf gegen Inflation.
Offenbar ist das nun auch in Frankfurt so. Die EZB ist zu einer
European Federal Reserve geworden. Für Konsumenten und Anleger heißt
das: Das Tor zur Inflation ist weit offen. Das zeigen Draghis
gestrige Worte. Er begründete den Zinsschritt mit einer sich
eintrübenden Konjunktur. Es sei dabei zu erwarten, dass die
Inflationsrate in einigen Monaten wieder unter die Marke von 2%
falle, dem Ziel der EZB, weshalb niedrigere Zinsen ja nicht schaden
könnten.
Mag sein, dass die EZB damit auf kurze Sicht Recht behält. Gemäß
ihrem alten Ziel hätte sie aber ihre Politik daran ausrichten sollen,
was der Preisstabilität langfristig nutzt, und nicht daran, was ihr
kurzfristig nicht schadet. Derzeit liegt die Inflation übrigens bei
3% - deutlich über dem EZB-Ziel. Aber auch Deflationsgefahren sieht
Draghi nicht. Trotzdem hat er den Leitzins wieder in Richtung des
Rekordtiefs von 1% gesenkt.
Außerdem: Risiken für die Preisstabilität können auch die Käufe
von Staatsanleihen mit sich bringen. Draghi machte gestern keine
Anstalten, diese zu beenden. Für 174 Mrd. Euro hat die EZB
mittlerweile Regierungsbonds gekauft. Sicher, das ist kein Vergleich
zur Fed: Sie hat unter ihrem Präsidenten Ben Bernanke mittlerweile
US-Treasuries für mehr als 1,6 Bill. Dollar in der Bilanz. Nimmt
Draghi auch hier die Fed zum Vorbild? Falls ja, dann lässt sich
rufen: Welcome to Frankfurt, Ben Draghi!
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
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(EZB), den Leitzins um 25 Basispunkte zu senken, ist falsch. Sie
zeugt von gefährlichen Vorstellungen über Aufgabe und Möglichkeiten
einer Zentralbank. Um Missverständnissen vorzubeugen: Das liegt nicht
daran, dass der neue EZB-Präsident Mario Draghi Italiener ist. Es
wäre jetzt zu billig, ihn als wachsweichen Römer hinzustellen, der
von Stabilitätspolitik keine Ahnung hat und auch nichts davon hält.
Darum geht es nicht. Schließlich hat er auch in Deutschland und vor
allem in den USA Verbündete.
Es geht darum, dass die EZB nun offenkundig einen fundamentalen
Wechsel in ihrer Strategie vollzogen hat. Stabilitätspolitik war
gestern, heute ist Wachstumförderung! Bisher sollten Eurolands
Währungshüter nur für stabile Preise sorgen, die Inflation sollte
unter, aber nahe 2% bleiben. Die EZB hatte kein doppeltes Mandat.
Darin unterschied sie sich von der US-Notenbank Federal Reserve
(Fed). Aufgabe der Fed ist es, die Wirtschaft zu stimulieren und
dafür zu sorgen, dass neue Jobs entstehen. Dieses Ziel steht in
Washington gleichberechtigt mit dem Kampf gegen Inflation.
Offenbar ist das nun auch in Frankfurt so. Die EZB ist zu einer
European Federal Reserve geworden. Für Konsumenten und Anleger heißt
das: Das Tor zur Inflation ist weit offen. Das zeigen Draghis
gestrige Worte. Er begründete den Zinsschritt mit einer sich
eintrübenden Konjunktur. Es sei dabei zu erwarten, dass die
Inflationsrate in einigen Monaten wieder unter die Marke von 2%
falle, dem Ziel der EZB, weshalb niedrigere Zinsen ja nicht schaden
könnten.
Mag sein, dass die EZB damit auf kurze Sicht Recht behält. Gemäß
ihrem alten Ziel hätte sie aber ihre Politik daran ausrichten sollen,
was der Preisstabilität langfristig nutzt, und nicht daran, was ihr
kurzfristig nicht schadet. Derzeit liegt die Inflation übrigens bei
3% - deutlich über dem EZB-Ziel. Aber auch Deflationsgefahren sieht
Draghi nicht. Trotzdem hat er den Leitzins wieder in Richtung des
Rekordtiefs von 1% gesenkt.
Außerdem: Risiken für die Preisstabilität können auch die Käufe
von Staatsanleihen mit sich bringen. Draghi machte gestern keine
Anstalten, diese zu beenden. Für 174 Mrd. Euro hat die EZB
mittlerweile Regierungsbonds gekauft. Sicher, das ist kein Vergleich
zur Fed: Sie hat unter ihrem Präsidenten Ben Bernanke mittlerweile
US-Treasuries für mehr als 1,6 Bill. Dollar in der Bilanz. Nimmt
Draghi auch hier die Fed zum Vorbild? Falls ja, dann lässt sich
rufen: Welcome to Frankfurt, Ben Draghi!
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