Börsen-Zeitung: XY... ungelöst, Kommentar zum EZB-Direktorium von
Claus Döring
Frankfurt (ots) - Für Machtdemonstrationen im Kampf um
Gleichberechtigung mag manchen Abgeordneten des Europaparlaments der
freie Stuhl im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) gerade
recht gekommen sein. Denn öffentliche Aufmerksamkeit war ihrer
Blockade in Zeiten der Euro-Krise und der Fokussierung auf die EZB
als Retter in der Not gewiss. Leider haben sich die feministischen
Parlamentarier(innen) das falsche Exempel ausgesucht, um ihr Mütchen
über weibliche Unterrepräsentanz in europäischen Gremien und
Institutionen zu kühlen oder gar persönliche Profilneurosen zu
befriedigen. Denn das am Donnerstag anstehende Votum des
EU-Parlaments zum Kandidaten Yves Mersch hat so wenig bindende
Wirkung für die Ernennung von EZB-Direktoriumsmitgliedern durch den
Europäischen Rat wie das - ablehnende - Votum des
Wirtschaftsausschusses des EU-Parlaments vom Montagabend.
Das ist in mehrfacher Hinsicht auch gut so. Denn erstens sollen
die EZB und damit das Direktorium politisch unabhängig sein. Wer sich
für seine Wahl parlamentarische Mehrheiten suchen muss, hat diese
Unabhängigkeit verloren, ehe er überhaupt sein Amt antritt. Schon
deshalb muss Mersch seine Kandidatur durchziehen und gute Miene zum
bösen Spiel machen, auch wenn er sich ob des unwürdigen Spektakels
einiger verbohrter EU-Parlamentarier gefragt haben mag, ob er sich
das weiter antun soll. Zweitens kommt es in einem Expertengremium wie
dem EZB-Direktorium vorrangig auf fachliche Eignung an und nicht auf
die Anzahl der X- oder Y-Chromosomen.
Yves Merschs Qualifikation steht außer Frage. Er war maßgeblich an
den Verhandlungen zum Maastricht-Vertrag beteiligt und ist als
Präsident der Luxemburgischen Notenbank der Einzige, der seit Beginn
der Währungsunion ununterbrochen dem EZB-Rat angehört. Es ist zu
hoffen, dass die Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen
Parlaments mit ihrem Votum morgen ein Zeichen setzt und die drohende
Beschädigung von Amt und Person beendet.
Ohne Zweifel sollte künftig bei der Besetzung von Spitzenämtern in
der EU stärker auf geeignete weibliche Bewerber geachtet werden, und
zwar am Anfang des Verfahrens. Der Vorsitzenden des
Wirtschaftsausschusses des EU-Parlaments jedoch, der britischen
Liberalen Sharon Bowles, sei empfohlen, ihre feministische Energie
mal auf die heimische Bank of England zu lenken. Dort findet sich in
der 33-köpfigen Führungsmannschaft nur eine einzige Frau - zuständig
für Personal.
Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
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Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
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Gleichberechtigung mag manchen Abgeordneten des Europaparlaments der
freie Stuhl im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) gerade
recht gekommen sein. Denn öffentliche Aufmerksamkeit war ihrer
Blockade in Zeiten der Euro-Krise und der Fokussierung auf die EZB
als Retter in der Not gewiss. Leider haben sich die feministischen
Parlamentarier(innen) das falsche Exempel ausgesucht, um ihr Mütchen
über weibliche Unterrepräsentanz in europäischen Gremien und
Institutionen zu kühlen oder gar persönliche Profilneurosen zu
befriedigen. Denn das am Donnerstag anstehende Votum des
EU-Parlaments zum Kandidaten Yves Mersch hat so wenig bindende
Wirkung für die Ernennung von EZB-Direktoriumsmitgliedern durch den
Europäischen Rat wie das - ablehnende - Votum des
Wirtschaftsausschusses des EU-Parlaments vom Montagabend.
Das ist in mehrfacher Hinsicht auch gut so. Denn erstens sollen
die EZB und damit das Direktorium politisch unabhängig sein. Wer sich
für seine Wahl parlamentarische Mehrheiten suchen muss, hat diese
Unabhängigkeit verloren, ehe er überhaupt sein Amt antritt. Schon
deshalb muss Mersch seine Kandidatur durchziehen und gute Miene zum
bösen Spiel machen, auch wenn er sich ob des unwürdigen Spektakels
einiger verbohrter EU-Parlamentarier gefragt haben mag, ob er sich
das weiter antun soll. Zweitens kommt es in einem Expertengremium wie
dem EZB-Direktorium vorrangig auf fachliche Eignung an und nicht auf
die Anzahl der X- oder Y-Chromosomen.
Yves Merschs Qualifikation steht außer Frage. Er war maßgeblich an
den Verhandlungen zum Maastricht-Vertrag beteiligt und ist als
Präsident der Luxemburgischen Notenbank der Einzige, der seit Beginn
der Währungsunion ununterbrochen dem EZB-Rat angehört. Es ist zu
hoffen, dass die Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen
Parlaments mit ihrem Votum morgen ein Zeichen setzt und die drohende
Beschädigung von Amt und Person beendet.
Ohne Zweifel sollte künftig bei der Besetzung von Spitzenämtern in
der EU stärker auf geeignete weibliche Bewerber geachtet werden, und
zwar am Anfang des Verfahrens. Der Vorsitzenden des
Wirtschaftsausschusses des EU-Parlaments jedoch, der britischen
Liberalen Sharon Bowles, sei empfohlen, ihre feministische Energie
mal auf die heimische Bank of England zu lenken. Dort findet sich in
der 33-köpfigen Führungsmannschaft nur eine einzige Frau - zuständig
für Personal.
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