BERLIN (dpa-AFX) - Die mitgliederstärkste Krankenkasse Barmer GEK will kräftig Personal abbauen und die Zahl ihrer Geschäftsstellen in Deutschland halbieren. 3500 Stellen würden mittelfristig gestrichen, teilte Vorstandschef Christoph Straub am Montag in Berlin mit. Noch rund 400 Geschäftsstellen werde es geben. Gestärkt werden sollen der Service am Telefon und im Internet.
Angesichts des wachsenden Finanzdrucks in der gesetzlichen Krankenversicherung sollen 250 bis 300 Millionen Euro pro Jahr gespart werden. Damit will die Kasse künftige Zusatzbeiträge für ihre 6,7 Millionen zahlenden Mitglieder in Grenzen halten. Inklusive mitversicherten Familienangehörigen zählt sie 8,6 Millionen Versicherte.
Bislang hat die Versicherung 16 900 Mitarbeiter. Damit würde fast jeder fünfte Arbeitsplatz mittelfristig dem Rotstift zum Opfer fallen. Laut der 'Frankfurter Allgemeinen Zeitung' ('FAZ') soll der Abbau bis 2018 erfolgen - sozialverträglich und eng mit der Personalvertretung abgestimmt, wie die Kasse betonte. In der ARD vermied Straub aber die Antwort auf die Frage nach betriebsbedingten Kündigungen. 'Es ist kein Sparprogramm', sagte der Kassen-Chef. Es gehe darum, das Unternehmen im Interesse der Kunden zu verändern. Ziel ist laut Kasse mehr Qualität bei Service und Leistung.
'Unsere Analysen zeigen, dass immer mehr Versicherte ihre Anliegen am Telefon oder im Web erledigen und weniger in die Geschäftsstellen kommen', erläuterte Straub. Auch künftig werde die Kasse vor Ort erreichbar sein. Mobile Geschäftsstellen würden eingerichtet.
2012 hatte die Barmer GEK einen Überschuss von 493 Millionen Euro erzielt. 2013 dürfte bei einem Haushalt von 28,2 Milliarden Euro laut 'FAZ' ein Plus von 91 Millionen Euro übrig bleiben. Bei den Verwaltungskosten je Mitglied lag die Barmer GEK mit knapp 95 Euro nach drei Quartalen 2013 leicht über dem Durchschnitt aller Ersatzkassen von gut 92 Euro. Insgesamt stiegen die Verwaltungskosten in der gesetzlichen Krankenversicherung binnen fünf Jahren um rund 1,5 auf rund 9,7 Milliarden Euro 2012.
Die Gewerkschaft Verdi forderte umgehend Tarifverhandlungen. 'Es darf keinen Kahlschlag zu Lasten der Versicherten und der Beschäftigten geben', mahnte Vorstandsmitglied Isolde Kunkel-Weber. 'Ein Tarifvertrag zur Reorganisation und zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen ist deshalb unverzichtbar.' Über die Aufnahme von Tarifverhandlungen hat die Barmer GEK noch nicht entschieden. 'Wir werden das gemeinsam mit dem Hauptpersonalrat besprechen, wie wir unsere Ziele erreichen', sagte ein Sprecher der Kasse.
Hintergrund ist auch, dass künftig die Ausgaben der Kassen die Einnahmen deutlich übersteigen werden. Künftige Kostensteigerungen müssen die Versicherten nach den Reformplänen der Koalition über einkommensabhängige Zusatzbeiträge zahlen. Ein Sonderbeitrag von 0,9 Punkten zulasten der Versicherten entfällt dagegen. Das Bundesversicherungsamt erwartet unter der Annahme konstanter Einnahmen- und Ausgabenentwicklung einen Zusatzbeitrag im Jahr 2017 von im Schnitt 1,6 bis 1,7 Prozent. Höhere Aufschläge könnten Kassen in Bedrängnis bringen. Straub sagte der FAZ, seine Kasse werde wohl keinen Zusatzbeitrag über dem Durchschnitt verlangen.
Auch bei anderen Kassen waren und sind interne Reformen im Gang. Ein Sprecher der DAK-Gesundheit sagte der Nachrichtenagentur dpa: 'Vereinfacht gesagt haben wir seit 2010 jährlich rund 1000 Mitarbeiterkapazitäten abgebaut.' Derzeit sind es dort gut 11 000 Mitarbeiter. Die Zahl der Service-Zentren soll von 671 in diesem Jahr auf 574 sinken. Mehr Beratung gebe es mittels Telefon und Mail.
Eine Sprecherin der Techniker Krankenkasse (TK) sagte der dpa: 'Wir haben schon vor Jahren eine Spezialisierung in Zentren vorgenommen.' Gemessen an den Versicherten lief die TK der Barmer GEK im Januar den Rang als größte Kasse ab.
Eine Sprecherin der IKK classic sagte der dpa, die Kasse wolle an ihren 372 Geschäftsstellen festhalten. Auch an der Zahl von 7500 Mitarbeiter solle sich nichts ändern.P/jkr