(Neu: Kreise-Informationen aus Elysee-Gesprächen, mehr Details, Aktienkurs Siemens)
PARIS (dpa-AFX) - Frankreichs Staatspräsident François Hollande hat eine mögliche Übernahme des heimischen Industriekonzerns Alstom (PSE:PALO) (FSE:AOM) zur Chefsache gemacht. Hollande bat am Montag die Spitzenmanager von Siemens (ETR:SIE) und General Electric (ETR:GEC) NYS:GE (GE) zu Gesprächen in den Élyséepalast. Sowohl der US-Mischkonzern GE als auch die Münchner haben Interesse an Teilen des Alstom-Konzerns, der unter anderem den Schnellzug TGV baut. Siemens soll bereit sein, Geschäfte im Schienenverkehr, wie den Bau von ICE-Zügen und Lokomotiven, an Alstom abzugeben, wenn es im Gegenzug das Energietechnik-Geschäft der Franzosen übernehmen könnte.
Nach einem rund einstündigen Gespräch mit GE-Chef Jeff Immelt am Vormittag wollte Hollande am Abend (18.00 Uhr) Siemens-Vorstandschef Joe Kaeser und Aufsichtsratschef Gerhard Cromme treffen. Im Anschluss daran war nach Angaben des Präsidialamtes eine Zusammenkunft mit Martin Bouygues (FSE:BYG) (PSE:PEN) geplant. Der Chef des gleichnamigen französischen Konzerns ist als Alstom-Großaktionär maßgeblich an den Übernahmeverhandlungen beteiligt.
KREISE: REGIERUNG WÜRDE ÜBERNAHME DURCH GE NICHT BLOCKIEREN
Stellungnahmen zu den Gesprächen im Élyséepalast waren zwar nicht geplant. Allerdings meldete die Nachrichtenagentur Bloomberg nach dem Treffen zwischen Hollande und Immelt unter Berufung auf Insider, die französische Regierung werde eine Alstom-Übernahme durch GE nicht behindern. Der Präsident habe Immelt demnach gesagt, dass unter anderem Garantien für Arbeitsplätze und die Energie-Unabhängigkeit des Landes wichtig für die Regierung seien.
Die Führung in Paris habe keine Präferenzen für eines der beiden Angebote von GE oder Siemens, hieß es weiter. Am Wochenende hatten Äußerungen von Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg noch vermuten lassen, dass die Regierung eine mögliche Übernahme durch GE kritisch sieht. Der französische Staat kann sich in die Verhandlungen einmischen, weil er bei Übernahmen im Energiesektor eine Art Veto-Recht hat.
ZUSAMMENSCHLUSS MIT SIEMENS NACH AIRBUS-VORBILD?
Hollande hatte bereits im Januar vorgeschlagen, eine deutsch-französische Allianz im Energiebereich zu schmieden. Als Vorbild für gelungene Zusammenarbeit nannte er den vor allem von Deutschland und Frankreich geschaffenen Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus (früher EADS).
In einem Brief bot Siemens-Chef Kaeser unter anderem eine Arbeitsplatzgarantie an. Siemens könne demnach für mindestens drei Jahre auf Stellenstreichungen in Frankreich verzichten. Der Wert der für Siemens interessanten Alstom-Geschäfte wird vom Unternehmen mit zehn bis elf Milliarden Euro beziffert. Es geht Siemens vor allem um die Kraftwerkssparte, die erneuerbaren Energien und die Energieübertragungstechnik von Alstom.
SIEMENS-AKTIEN VERLIEREN - ALSTOM WEITER VOM HANDEL AUSGESETZT
Die Alstom-Führung will sich spätestens am Mittwochmorgen zum weiteren Vorgehen äußeren. Die Aktien des Unternehmens sollen bis dahin nicht gehandelt werden. Siemens-Papiere verloren indes bis zum Montagmittag über zwei Prozent und rutschen an das Dax (ETR:DAX)-Ende. Aus Sicht von LBBW-Analyst Thomas Klee gibt es für General Electric bei einer Übernahme mehr zu gewinnen als für Siemens. Trotzdem hält der Experte beide Szenarien - eine Übernahme durch den US-Konzern oder die Münchner - für ähnlich wahrscheinlich.
General Electric soll Bloomberg-Informationen zufolge rund 13 Milliarden Dollar (9,4 Mrd Euro) für große Teile des französischen Herstellers von Energie- und Bahntechnik bieten.tb