FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Flucht aus Aktien in vermeintlich sichere Häfen wie Gold oder deutsche Staatsanleihen hat sich am Donnerstag fortgesetzt. Die Börsenerholung zur Wochenmitte war damit nur ein kurzes Zwischenspiel. Es regierte wieder die Angst vor einer weltweiten Wirtschaftsflaute. Nachdem der Leitindex im Tagesverlauf bis auf rund 8699 Punkte abgerutscht war, ging er schließlich mit einem Abschlag von 2,93 Prozent bei 8752,87 Punkten aus dem Handel und damit auf dem tiefsten Stand seit Mitte Oktober 2014. Seit Jahresbeginn hat das wichtigste deutsche Börsenbarometer nun insgesamt 18,5 Prozent an Wert verloren.
Der MDax (MDAX) der mittelgroßen Unternehmen beendete den Tag mit minus 2,83 Prozent auf 17 594,68 Zähler. Der Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) gab um 2,91 Prozent auf 1485,01 Punkte nach. Noch trüber sah es im restlichen Europa aus: Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) sackte um 3,90 Prozent auf 2680,35 Punkte ab. In Paris und London sah es kaum besser aus, und auch in den USA gaben die Börsen weiter nach. Der Dow Jones Industrial (Dow Jones Industrial Average) verlor zum europäischen Handelsschluss rund 2 Prozent, während Gold, Euro (FX1:EURUS) und Bund-Future kräftig zulegten.
'ERSTER BÄRENMARKT SEIT DER FINANZKRISE'
"Die Börsen sind weltweit im ersten Bärenmarkt seit der Finanzkrise 2007/08", sagte Daniel Saurenz von Feingold Research. "Heute mussten die weltweiten Aktienmärkte eine schwache Eröffnung der Börse in Hong Kong sowie weiter unter Druck stehende Rohölpreise verkraften", begründete Analyst Andreas Paciorek von CMC Markets die herben Verluste. Die Konjunktursorgen blieben das dominierende Thema, da die Politik der Notenbank-Stimuli zunehmend ihren Reiz verloren habe.
Erneut geriet vor allem die Bankenbranche unter Beschuss, denn wegen der Wirtschaftsschwäche wird eine Welle an Kreditausfällen befürchtet. Die Aktien der Commerzbank (XETRA:CBKG) und der Deutschen Bank (XETRA:DBKGn) verloren am Dax-Ende jeweils mehr als 6 Prozent. Die letztgenannte konnte damit nur einen kleinen Teil ihrer kräftigen Vortagesgewinne retten. Die Anteilsscheine der Deutschen Pfandbriefbank (XETRA:PBBG) büßten im MDax zugleich fast 9 Prozent ein.
ADIDAS: EINZIGER GEWINNER IM DAX
Die Aktien von Adidas (XETRA:ADSGn) waren die einzigen Gewinner unter den 30 Dax-Werten und legten um etwas mehr als 2 Prozent zu. Die überraschend vorgelegten Geschäftszahlen des Sportartikelherstellers kamen gut an. Zudem legte Adidas die Latte für 2016 höher.
Im MDax büßten die Metro-Aktien (XETRA:MEOG) fast 7 Prozent ein. Dem Handelskonzern hatte im ersten Geschäftsquartal der Verfall des russischen Rubel weiter zu schaffen gemacht, wenngleich ein Spartenverkauf das Nettoergebnis gerettet hatte. Analysten sprachen von einem schwachen Start in das neue Geschäftsjahr.
Die Papiere des Spezialverpackungsherstellers Gerresheimer (XETRA:GXIG) gaben nach einer laut Analysten "unspektakulären" Bilanz um etwas mehr als 2 Prozent nach. Die Papiere des Baudienstleisters Bilfinger (XETRA:GBFG) und des Gabelstapler-Herstellers Kion (XETRA:KGX) legten nach stärker als erwarteten Quartalszahlen zu.
ÜBERNAHMEFANTASIE BEI TELE COLUMBUS WIEDER VERPUFFT
Die anfangs von Übernahmefantasien getriebenen Aktien von Tele Columbus (XETRA:TC1n) gaben ihre Gewinne bis Handelsschluss wieder ab und büßten fast 2 Prozent ein. Der Internetdienstleister United Internet (XETRA:UTDI) hatte Anteile gekauft und ist eigenen Angaben zufolge nun größter Aktionär des Kabelnetzanbieters. Einer Übernahme erteilte das TecDax-Unternehmen am Mittwochabend aber eine Absage. Dessen Aktien gaben mehr als zwei Prozent ab.
Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere von 0,14 Prozent am Vortag auf 0,06 Prozent. Der Rentenindex Rex (FSE:REX) stieg um 0,33 Prozent auf 142,38 Punkte. Der Bund-Future legte kräftig um 0,35 Prozent auf 165,35 Punkte zu. Der Kurs des Euro stieg: Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,1347 (Mittwoch: 1,1257) US-Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,8813 (0,8883) Euro.