ATHEN (dpa-AFX) - Was jahrelang als undenkbar galt, könnte für das hoch verschuldete Griechenland auf einmal innerhalb weniger Wochen möglich werden: die Rückkehr an die Finanzmärkte, um sich frisches Geld zu besorgen. "Wir wollen es so schnell wie möglich wagen", sagte eine hoher Funktionär des Athener Finanzministerium am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa. Analysten gehen davon aus, dass dies sogar noch vor den Europawahlen der Fall sein könnte, die in Griechenland am 25. Mai sind.
Die Koalitionsregierung unter Premier Antonis Samaras wolle vor dem Wahlgang beweisen, dass das Land das Schlimmste überwunden habe. Vier Jahre nach der Flucht unter den Rettungsschirm internationaler Geldgeber wolle das Land endlich wieder auf eigenen Beinen stehen, heißt es in Athen.
Erwogen wird, in einem ersten Schritt auf dem freien Kapitalmarkt zwei Milliarden Euro aufzutreiben - und dafür eine Anleihe mit fünf Jahren Laufzeit anzubieten. Die Rendite sollen nach Vorstellungen Athens "so etwa um die fünf Prozent sein", hieß es aus Kreisen des Finanzministeriums.
Die Entwicklung an den Kapitalmärkten spielt Athen in die Hände. Investoren reißen sich derzeit um bereits ausgegebene griechische Staatsanleihen. Am Donnerstag fiel die Rendite für richtungsweisende zehnjährige Staatstitel auf 6,05 Prozent. Das ist der tiefste Stand seit 2010. Die Rendite entwickelt sich gegenläufig zum Kurswert, der damit so hoch steht wie seit etwa vier Jahren nicht mehr. Zum Vergleich: Während der Schuldenkrise war die Rendite zwischenzeitlich auf mehr als 30 Prozent gestiegen. Zu solchen Konditionen selbst Geld aufzunehmen, hätte das Land finanziell ruiniert.
Griechenland ist daher seit 2010 von privaten Krediten abgeschnitten und auf internationale Hilfe angewiesen. 2012 folgte ein drastischer Schuldenschnitt. Private Geldgeber erließen 53,5 Prozent der Schulden was die Schuldenlast um rund 100 Milliarden Euro drückte. Doch die Koalitionsregierung Samaras hat noch Größeres vor: Ganz ohne fremde Hilfe auszukommen.
Ganz ohne weitere Unterstützung wird es nach Ansicht von Beobachtern aber nicht gehen. Ein drittes Hilfspaket oder ein weiterer Schuldenschnitt sind nach Einschätzung der Europartner indes nicht nötig. Griechenland selbst will sich nicht noch einmal auf harte Sparauflagen einlassen. Finanzminister Ioannis Stournaras betonte mehrfach, den Griechen gehe es um längere Zahlungsfristen und noch niedrigere Zinsen.
Griechenland ist allerdings noch lange nicht aus dem Schneider. Nach Jahren der Rezession soll es 2014 erstmals wieder ein Wachstum von 0,6 Prozent geben. Doch immer noch sind mehr als 27 Prozent ohne Job.br/DP/jsl