MÜNCHEN/STUTTGART (dpa-AFX) - Im Dauerstreit um den Länderfinanzausgleich haben die Grünen mit einem ersten konkreten Reformvorschlag im Südwesten parteiübergreifendes Entsetzen ausgelöst. Nach einer ersten Modellrechnung müsste Baden-Württemberg als eines der drei Geberländer ein Minus von knapp 700 Millionen Euro hinnehmen. Das geht aus dem am Freitag in München vorgestellten Konzept der grünen Landtagsfraktionen aus Baden-Württemberg, Hessen, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen hervor.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) distanzierte sich von dem Vorschlag. Es sei zwar sinnvoll, dass sich die Fraktionen Gedanken über die Finanzströme zwischen den Ländern machen, 'aber klar ist auch, dass es bei dem neuen System der Finanzströme nicht sein kann, dass Baden-Württemberg noch mehr einbringt als bisher schon', sagte Kretschmann der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. 'Das ist nicht Sinn der Übung und kann nicht das Ergebnis sein.' Vize-Regierungschef und Landesfinanzminister Nils Schmid (SPD) sagte der in Ulm erscheinenden 'Südwest Presse' (Samstag): 'Klar ist: Alles, was Baden-Württemberg am Ende schlechter stellt, ist für mich keine Option.'
'Beim ersten Lesen des Vorschlags der Grünen zum Länderfinanzausgleich, fragt man sich, ob es sich um einen verspäteten Aprilscherz handelt', sagte CDU-Fraktionschef Peter Hauk. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel erklärte, mit dem Konzept würde die Deckungslücke im Haushalt deutlich über drei Milliarden Euro springen. 'Offensichtlich haben die Grünen aus dem Land den Auftrag missverstanden.' FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke hatte die Landesregierung aufgefordert, sich von 'diesem Unsinn' zu distanzieren. Kretschmann mahnte trotz seiner distanzierten Haltung aber: 'Man soll sich auch nicht vorschnell von ersten und vorläufigen Simulationsrechnungen zu einer radikalen Ablehnung verleiten lassen.'
Verlierer wären nach dem vorgestellten Modell auch Berlin, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, die jeweils über eine Milliarde Euro weniger in der Kasse hätten.
Ausgearbeitet hatte das Konzept die Konstanzer Verwaltungswissenschaftlerin Nathalie Behnke, die aber gleich einschränkte, es handle sich um ein vorläufiges Modell. 'Das ist ein work in progress und soll nur anzeigen, in welche Himmelsrichtung es geht.' Am stärksten profitieren würden Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern mit einem Plus von jeweils über einer Milliarde Euro. Die zwei anderen großen Zahlerländer Bayern und Hessen könnten mit dreistelligen Millionengewinnen in Höhe von 840 beziehungsweise einer knappen Milliarde Euro rechnen.
Das Konzept beruht darauf, den bisherigen Finanzausgleich der Länder untereinander mit seinem Volumen von sieben bis acht Milliarden Euro jährlich komplett abzuschaffen. Stattdessen soll der Bund ein neues System für die Aufteilung der jährlich rund 80 Milliarden Euro Umsatzsteuereinnahmen unter den Ländern einführen. Dabei sollen nach dem Grünen-Modell fünf Faktoren einbezogen werden: Einwohnerzahl, Finanzkraft, Bevölkerungsdichte und -entwicklung sowie die Arbeitslosenzahl.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich die Bundeshauptstadt Berlin zum größten Profiteur entwickelt, während viele andere der Nehmerländer nur vergleichsweise geringe Beträge erhalten. Im vergangenen Jahr zahlte Bayern mit 3,7 Milliarden Euro gut die Hälfte des Länderfinanzausgleichs, während Berlin mit 3 Milliarden Euro fast die Hälfte kassierte. 'Es hat sich seit der Wiedervereinigung vor 20 Jahren dramatisch zugespitzt', sagte Behnke.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und sein hessischer Amtskollege Volker Bouffier (CDU) drohen zwar seit Jahren mit einer Klage gegen den Länderfinanzausgleich, haben aber bisher keinen Reformvorschlag vorgelegt - dieser soll im Juni bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz präsentiert werden.
Die Grünen werfen den Unionspolitikern vor, innerdeutsche Neiddebatten anzuheizen und eine 'Entsolidarisierung' reicher Bundesländer mit der Bevölkerung in schwachen Regionen zu riskieren. Die grünen Landtagsfraktionen betonten, dass Politiker aus finanzstarken und -schwachen Ländern den Vorschlag unterstützen. 'Uns war es wichtig, Geber- und Nehmerländer an einen Tisch zu bringen', sagte die baden-württembergische Finanzexpertin Muhterem Aras.
CDU-Landeschef Thomas Strobl kommentierte: 'Ich hätte mir im schlimmsten Alptraum nicht vorstellen können, dass jemand auf die Idee kommt, die Lage Baden-Württembergs im Länderfinanzausgleich nochmal zu verschlechtern.'/cho/mrd/DP/jsl
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) distanzierte sich von dem Vorschlag. Es sei zwar sinnvoll, dass sich die Fraktionen Gedanken über die Finanzströme zwischen den Ländern machen, 'aber klar ist auch, dass es bei dem neuen System der Finanzströme nicht sein kann, dass Baden-Württemberg noch mehr einbringt als bisher schon', sagte Kretschmann der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. 'Das ist nicht Sinn der Übung und kann nicht das Ergebnis sein.' Vize-Regierungschef und Landesfinanzminister Nils Schmid (SPD) sagte der in Ulm erscheinenden 'Südwest Presse' (Samstag): 'Klar ist: Alles, was Baden-Württemberg am Ende schlechter stellt, ist für mich keine Option.'
'Beim ersten Lesen des Vorschlags der Grünen zum Länderfinanzausgleich, fragt man sich, ob es sich um einen verspäteten Aprilscherz handelt', sagte CDU-Fraktionschef Peter Hauk. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel erklärte, mit dem Konzept würde die Deckungslücke im Haushalt deutlich über drei Milliarden Euro springen. 'Offensichtlich haben die Grünen aus dem Land den Auftrag missverstanden.' FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke hatte die Landesregierung aufgefordert, sich von 'diesem Unsinn' zu distanzieren. Kretschmann mahnte trotz seiner distanzierten Haltung aber: 'Man soll sich auch nicht vorschnell von ersten und vorläufigen Simulationsrechnungen zu einer radikalen Ablehnung verleiten lassen.'
Verlierer wären nach dem vorgestellten Modell auch Berlin, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, die jeweils über eine Milliarde Euro weniger in der Kasse hätten.
Ausgearbeitet hatte das Konzept die Konstanzer Verwaltungswissenschaftlerin Nathalie Behnke, die aber gleich einschränkte, es handle sich um ein vorläufiges Modell. 'Das ist ein work in progress und soll nur anzeigen, in welche Himmelsrichtung es geht.' Am stärksten profitieren würden Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern mit einem Plus von jeweils über einer Milliarde Euro. Die zwei anderen großen Zahlerländer Bayern und Hessen könnten mit dreistelligen Millionengewinnen in Höhe von 840 beziehungsweise einer knappen Milliarde Euro rechnen.
Das Konzept beruht darauf, den bisherigen Finanzausgleich der Länder untereinander mit seinem Volumen von sieben bis acht Milliarden Euro jährlich komplett abzuschaffen. Stattdessen soll der Bund ein neues System für die Aufteilung der jährlich rund 80 Milliarden Euro Umsatzsteuereinnahmen unter den Ländern einführen. Dabei sollen nach dem Grünen-Modell fünf Faktoren einbezogen werden: Einwohnerzahl, Finanzkraft, Bevölkerungsdichte und -entwicklung sowie die Arbeitslosenzahl.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich die Bundeshauptstadt Berlin zum größten Profiteur entwickelt, während viele andere der Nehmerländer nur vergleichsweise geringe Beträge erhalten. Im vergangenen Jahr zahlte Bayern mit 3,7 Milliarden Euro gut die Hälfte des Länderfinanzausgleichs, während Berlin mit 3 Milliarden Euro fast die Hälfte kassierte. 'Es hat sich seit der Wiedervereinigung vor 20 Jahren dramatisch zugespitzt', sagte Behnke.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und sein hessischer Amtskollege Volker Bouffier (CDU) drohen zwar seit Jahren mit einer Klage gegen den Länderfinanzausgleich, haben aber bisher keinen Reformvorschlag vorgelegt - dieser soll im Juni bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz präsentiert werden.
Die Grünen werfen den Unionspolitikern vor, innerdeutsche Neiddebatten anzuheizen und eine 'Entsolidarisierung' reicher Bundesländer mit der Bevölkerung in schwachen Regionen zu riskieren. Die grünen Landtagsfraktionen betonten, dass Politiker aus finanzstarken und -schwachen Ländern den Vorschlag unterstützen. 'Uns war es wichtig, Geber- und Nehmerländer an einen Tisch zu bringen', sagte die baden-württembergische Finanzexpertin Muhterem Aras.
CDU-Landeschef Thomas Strobl kommentierte: 'Ich hätte mir im schlimmsten Alptraum nicht vorstellen können, dass jemand auf die Idee kommt, die Lage Baden-Württembergs im Länderfinanzausgleich nochmal zu verschlechtern.'/cho/mrd/DP/jsl