NEW YORK (dpa-AFX) - Im Übernahmepoker um den britisch-schwedischen Pharmakonzern AstraZeneca (FSE:ZEG) (SSE:AZN) (ISE:AZN) erhöht Pfizer (FSE:PFE) NYS:PFE den Druck: Die Amerikaner haben ein höheres Gebot auf den Tisch gelegt. Pfizer bietet 50 Pfund je AstraZeneca-Aktie oder insgesamt 63 Milliarden Pfund (rund 106 Mrd USD/77 Mrd Euro), teilte der Konzern in New York mit - das sind etwa 7 Milliarden Dollar mehr als bei der letzten Offerte. Gleichzeitig startete Konzernchef Ian Read eine Charmeoffensive auf der Insel. In einem Brief an den britischen Premierminister David Cameron versprach er im Falle einer Übernahme die Schaffung neuer Jobs in Großbritannien. Käme der Deal zustande, wäre es die größte Transaktion in der Pharmabranche seit Jahren.
Den größten Teil der Summe will Pfizer mit Aktien bezahlen. In bar sollen lediglich 15,98 Pfund je Aktie oder rund 20 Milliarden Pfund fließen. Pfizer bietet einen Aufschlag von 39 Prozent auf den Astra-Schlusskurs am 3. Januar. Astra-Titel reagierten nach den deutlichen Kursaufschlägen zum Wochenbeginn am Freitag nur mit einem Plus von 0,58 Prozent.
ASTRA WILL BEDENKZEIT
Der Verwaltungsrat von AstraZeneca werde die Offerte prüfen, hieß es aus London. Bereits im Januar hatte Pfizer-Chef Read den Briten angeboten, ihre Aktie mit 46,61 Pfund zu bewerten. Damit hätte Pfizer in bar und in Aktien rund 59 Milliarden Pfund (99 Mrd Dollar/71,6 Mrd Euro) auf den Tisch gelegt. Die AstraZeneca-Spitze hatte sich nach kurzen Gesprächen zurückgezogen. Auch beim zweiten Werben Ende April biss Pfizer auf Granit.
Neben einem höheren Angebot versuchen die Amerikaner nun auch für gutes Wetter zu sorgen. "Wir haben großen Respekt vor AstraZeneca und seinem stolzen Erbe", erklärte Pfizer-Chef Read etwa in einem Brief an Astra-Verwaltungsratchef Leif Johansson. Auch die Politik hat Pfizer auf der Agenda: In einer Mitteilung an Premier Cameron versprach Read, ein geplantes Forschungs- und Entwicklungszentrum in Cambridge fertig zu bauen sowie ein Fünftel der Arbeitsplätze in diesem Bereich im Vereinigten Königreich anzusiedeln. An der neuen Gesellschaft sollen Astra-Aktionäre 27 Prozent und Pfizer-Aktionäre 73 Prozent halten.
AUCH STEUERLICHE BEWEGGRÜNDE FÜR DEAL
Pfizer hat bereits angekündigt, den Firmensitz in den USA zu belassen, aber den juristischen Sitz aus steuerlichen Gründen nach Großbritannien zu verlegen. Zudem ergäbe sich durch den Kauf ein weiterer Steuervorteil: Pfizer soll rund 70 Milliarden Dollar im Ausland geparkt haben. Ein Teil könnte in die Übernahme fließen. Würden die Amerikaner das Geld nach Hause holen, würden hohe Steuern fällig. Experten sehen hier auch einen wesentlichen Grund für den Deal.
Neben dem Steueraspekt sichere sich Pfizer auch den Zugriff auf eine aussichtsreiche Entwicklungspipeline. Pfizer würde sich mit Astra vor allem in der Onkologie, also der Krebstherapie und -behandlung, sowie bei Diabetes verstärken, schreibt Professor John Lyon von der Warwick Business School. Astra-Chef Pascal Soriot hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt. 2020 will er zehn neue Medikamente auf dem Markt haben. Zuletzt litten die Briten allerdings unter den Patentverlusten für ehemalige Kassenschlager.
Soriot hatte 2012 das Ruder bei Astra übernommen und richtet den Konzern neu aus. Er steckte mehr Geld für Zukäufe in die Firmenkasse, strich tausende von Stellen und versucht die Expansion in den Schwellenländern voranzutreiben. Anfang 2017, so hofft Soriot, wird Astra Zeneca beim Umsatz wieder auf dem Niveau von 2013 liegen.
PFIZER KAUFT SICH NEUE PRODUKTE
Auch Pfizer steht unter Druck: Unter Berücksichtigung von Sonderposten sackte der Überschuss des in einem tiefen Umbau steckenden Pharmariesen im vierten Quartal 2013 um 59 Prozent auf 2,6 Milliarden Dollar ab. Pfizer steht wegen ablaufenden Patentschutzes für den Blutfettsenker Lipitor und das Potenzmittel Viagra vor schweren Zeiten. Zuletzt erzielte das Unternehmen einen Jahresumsatz von 51,6 Milliarden Dollar.
Das größte Risiko für Pfizer sei derzeit, dass der Deal mit Astra nicht gelingt, schreiben die Experten von Bernstein Reseach. Pfizer kennt sich aber mit Milliardenübernahmen aus: Seit dem Jahr 2000 hat der Viagra-Hersteller gut 244 Milliarden Dollar in Zukäufe gesteckt. 2009 schluckte er WYETH (FSE:AHP) (NYS:WYE) für 68 Milliarden Dollar.br