BERLIN (dpa-AFX) - Im Streit mit Griechenland um Reparationszahlungen für Nazi-Verbrechen setzt sich Staatsminister Michael Roth (SPD) für die Aufarbeitung der gemeinsamen Geschichte ein. "Nazi-Deutschland hat in Griechenland furchtbare Gräueltaten begangen. Wir stehen zu unserer Schuld und zu unserer historischen und moralischen Verantwortung", sagte der für Europafragen zuständige Staatsminister im Auswärtigen Amt der Deutschen Presse-Agentur.
Es dürfe aber kein Zusammenhang konstruiert werden zwischen Verbrechen vor 70 Jahren und der aktuellen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Lage in Griechenland. "Ich möchte an alle appellieren: Es darf nicht der Eindruck erweckt werden, wir könnten uns von irgendetwas freikaufen."
Zwischen Berlin und Athen bestünden unterschiedliche Rechtsauffassungen, ob das Thema Reparationen abgeschlossen sei oder nicht. Umso wichtiger sei es, im Rahmen des deutsch-griechischen "Zukunftsfonds" die schwierige gemeinsame Geschichte aufzuarbeiten. Der Fonds war 2014 geschaffen worden, um die Versöhnung zwischen Deutschland und Griechenland zu fördern.
Zum aktuellen deutsch-griechischen Verhältnis sagte Roth: "In einer solch angespannten und emotionalen Situation muss auf beiden Seiten alles unterlassen werden, was weiteres Öl ins Feuer gießt." In beiden Ländern gebe es Klischees über den jeweiligen Partner, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun hätten. Solchen schädlichen Stereotypen dürfe kein Vorschub geleistet werden.
"Wir sollten nicht übereinander, sondern miteinander reden", forderte Roth. "Vielen Menschen in Griechenland geht es dreckig. Das muss anders und besser werden, und genau das ist ja das Ziel der europäischen Bemühungen." Solidarität sei aber keine Einbahnstraße. "Europa ist kein Pokerspiel, Europa lebt vom Kompromiss und vom Vertrauen."
Ein "Grexit", also der Austritt Griechenlands aus der Eurozone, hätte nach Roths Ansicht nicht nur wirtschaftliche, sondern auch verheerende politische Folgen. "Europa braucht dringend Geschlossenheit angesichts der vielen außen- und sicherheitspolitischen Krisen", sagte er.