FRANKFURT/KIEW (dpa-AFX) - Der politische Umsturz in der Ukraine ist an den dortigen Finanzmärkten positiv aufgenommen worden. Der Aktienindex PFTS lag am Montag zeitweise um mehr als zwei Prozent im Plus. Die Risikoaufschläge für ukrainische Staatsanleihen sanken ebenso wie die Prämien für entsprechende Ausfallversicherungen (Credit Default Swaps, CDS). Am Wochenende hatte das ukrainische Parlament den Präsidenten Viktor Janukowitsch abgesetzt und einen neuen Übergangspräsidenten bestimmt.
Am ukrainischen Anleihemarkt gab die Rendite für zweijährige, auf Dollar lautende Staatsanleihen stark nach. Sie sank um mehr als drei Prozentpunkte auf 11,2 Prozent. Das ist der tiefste Stand seit Anfang Februar. Die Kosten für eine Versicherung gegen einen Ausfall fünfjähriger Staatsanleihen sanken um 1,80 Punkte auf 9,67 Prozent. Trotz des deutlichen Rückgangs liegen die CDS-Prämien auf ukrainische Anleihen immer noch höher als beispielsweise für Staatsanleihen Griechenlands, Zyperns oder Ägyptens.
LANDESWÄHRUNG VERLIERT ZEITWEISE MEHR ALS VIER PROZENT
Unter starkem Druck stand zu Wochenbeginn indes weiter die Landeswährung Hrywnja. Sie verlor zum US-Dollar zeitweise mehr als vier Prozent. Seit Jahresbeginn summieren sich die Verluste auf mehr als zehn Prozent. Die Volkswirte von der US-Bank Goldman Sachs (FSE:GOS) (NYS:GS) begründen dies unter anderem mit den geringen Devisenreserven des Landes. Längere Interventionen der Notenbank gegen eine weitere Abschwächung der Hrywnja sind deswegen sehr unwahrscheinlich.
Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) sieht die Finanzlage der Ukraine als äußerst bedrohlich an. Mit einer schnellen Besserung der Lage rechneten die Ratingexperten zuletzt nicht. Nach Angaben der neuen Führung in Kiew benötigt die Ukraine gewaltige Finanzhilfen von 35 Milliarden US-Dollar (25,5 Milliarden Euro). Übergangspräsident Alexander Turtschinow hatte die wirtschaftliche Lage in einer Ansprache an das Volk am Vorabend als 'katastrophal' eingestuft.
DROHENDER STAATSBANKROTT
Die Europäische Union ist nach Aussagen der EU-Kommission in Brüssel grundsätzlich zu Finanzhilfen für die Ukraine bereit, hat derzeit aber noch keine Vorstellung von deren möglichem Umfang. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton wollte bei ihrem Besuch am Montag in Kiew auch über kurz-, mittel- und langfristige Aspekte eines Hilfsprogramms sprechen.
Angesichts des drohenden Staatsbankrotts und fehlender Milliarden hat die EU vor allem den Internationalen Währungsfonds (IWF), die Europäische Investitionsbank EIB und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung EBRD um Mithilfe gebeten. IWF-Chefin Christine Lagarde hatte zuvor angekündigt, ihre Organisation stehe für Unterstützung bereit - im Gegenzug für Wirtschaftsreformen. Russland hingegen hat angekündigte Milliardenkredite angesichts der revolutionären Umbrüche im Nachbarland zunächst auf Eis gelegt.P/jkr