n LONDON/HANNOVER (dpa-AFX) - Geldregen aus Verlegenheit: Der weltweit drittgrößte Rückversicherer Hannover Rück (ETR:HNR1) denkt angesichts seines immer dickeren Kapitalpolsters über Sonderdividenden für seine Aktionäre nach. Das Kapital des Konzerns wachse vermutlich bald stärker als der Gewinn, gab Vorstandschef Ulrich Wallin am Donnerstag beim Investorentag in London zu verstehen. Das Problem: Die Aktionäre erwarten eine hohe Rendite für jeden Euro Kapital, den der Rückversicherer für die übernommenen Risiken einsetzt. Der Markt gibt aber nicht genug lohnendes Geschäft her. Die Lösung: Die Hannover Rück gibt den Anteilseignern einen Teil des Kapitals zurück, dann stimmt die Rendite wieder.
Die Hannover-Rück-Aktie reagierte mit Kursgewinnen auf die Nachrichten. Nach Wallins Ankündigung sprang das Papier aus der Verlustzone und lag am frühen Nachmittag als einer der stärksten Werte im MDax F:MDAX mit 1,18 Prozent im Plus bei 62,76 Euro.
Einen ähnlichen Effekt wie mit der Sonderdividende könnte die Hannover Rück mit dem Rückkauf eigener Aktien erreichen. Der Vorstand ziehe die direkte Ausschüttung aber vor, sagte Wallin vor den Finanzexperten in London.
Den Anlass für den Geldregen sieht der Manager schon bald kommen. Nicht nur das weltweite Überangebot an Rückversicherungsschutz, sondern auch die anhaltenden Niedrigzinsen drücken auf die Gewinne der Rückversicherer. Ein Grund dafür ist ausgerechnet die Kapitalschwemme. Wegen hoher Gewinne und neuer Konkurrenten steht in der Rückversicherungsbranche derzeit so viel Kapital zur Deckung der Risiken zur Verfügung wie nie zuvor. Die Nachfrage kommt bei diesen Steigerungsraten nicht mit. Erstversicherer und Großkunden können daher in vielen Bereichen auf die Preise drücken.
Daher wird es für Rückversicherer immer schwerer, für jeden zusätzlich eingesetzten Euro noch attraktive Geschäftschancen zu finden. So warnte der Finanzchef des Weltmarktführers Munich Re (ETR:MUV2), Jörg Schneider, vor wenigen Tagen, dass es schwer werde, das Gewinnniveau der vergangenen Jahre zu halten.
Alleine bei der Hannover Rück schwoll das Eigenkapital von Ende 2011 bis Mitte 2014 von knapp 5 Milliarden auf 6,4 Milliarden Euro an. "Wir haben genügend Nachfrage von unseren Kunden. Aber wir zeichnen Geschäft nicht zu jedem Preis", sagte Wallin.
Auch deshalb rechnet die Hannover Rück in den kommenden drei bis fünf Jahren mit einem langsameren Gewinnwachstum als zuletzt. Der Gewinn je Aktie soll im Schnitt um mindestens 6,5 Prozent pro Jahr steigen. Zuletzt hatte die Zielmarke noch bei mindestens 10 Prozent gelegen. Dennoch soll die Eigenkapitalrendite mit durchschnittlich mindestens 11,1 Prozent höher ausfallen als die bisher angepeilten 9,6 Prozent. In den vergangenen Jahren hatte das Unternehmen ohnehin immer deutlich besser abgeschnitten. 2013 lag die Eigenkapitalrendite bei 15 Prozent.
Ihre Prämieneinnahmen will die Hannover Rück unterdessen weiter steigern. In der Schaden- und Unfall-Rückversicherung steht weiterhin ein Wachstum der Bruttoprämien um jährlich 3 bis 5 Prozent auf dem Plan. In der Lebens- und Kranken-Rückversicherung peilt Wallin 5 bis 7 Prozent an. Die Kapitalanlagerendite dürfte weiter sinken und im Schnitt bei 3,0 Prozent liegen. Für das laufende Jahr rechnet der Vorstand noch mit 3,2 Prozent. Unter dem Strich soll ein Gewinn von rund 850 Millionen Euro stehen.ha/
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