Berlin (Reuters) - Deutschland droht eine seiner zentralen wirtschaftlichen Stärken einzubüßen: Trotz immer neuer Beschäftigungsrekorde wird immer weniger ausgebildet.
Die Zahl der Auszubildenden ging zwischen 1999 und 2015 um 6,7 Prozent zurück, ergab eine am Freitag veröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung. Dabei stieg in der gleichen Zeit die Beschäftigtenzahl um über zwölf Prozent. Kamen im Jahre 1999 rein rechnerisch 6,1 Auszubildenden auf je 100 Beschäftigte, waren es 2016 nur noch 5,1 Auszubildende. "Eine Trendwende ist nicht in Sicht", erklärte die Stiftung. Würden nicht mehr junge Menschen ausgebildet, "ist der Fachkräftemangel hausgemacht", warnte Vorstand Jörg Dräger.
Besonders deutlich ging die Ausbildung in Kleinst- und Kleinbetrieben zurück. In Betrieben mit bis zu fünf Mitarbeitern sank die Zahl der Auszubildenden zwischen 1999 und 2015 um ein Drittel. Das Gros dieser Betriebe kommt aus den Branchen Handel oder Finanz- und Versicherungsdienstleistungen. Absolvierten 2008 rund 225.000 junge Menschen ihre Ausbildung in Kleinstbetrieben, waren es 2015 gut 75.000 weniger.
Ähnlich sah es in Kleinbetrieben mit sechs bis 49 Mitarbeitern aus, die etwa ein Drittel der gesamten Ausbildungsleistung erbringen. Bei ihnen sank die Zahl der Auszubildenden von 2008 bis 2015 um mehr als 65.000 auf rund 540.000 Auszubildende. Einzig Betriebe mit einer Belegschaft von 50 bis 249 Mitarbeitern legten bei der Auszubildendenzahl zu. Am geringsten ist die Ausbildungsquote bei Großbetrieben mit mehr als 500 Beschäftigten.
Als Konsequenz forderte die Stiftung eine stärkere Förderung der Ausbildung. Mehr junge Menschen ohne Schulabschluss oder mit maximal einem Hauptschulabschluss müssten in Ausbildung gebracht werden. "Wir brauchen flexiblere Ausbildungswege und mehr individuelle Unterstützung für Azubis und Ausbilder", forderte Dräger. Zudem müsse der Staat mehr tun und unter anderem mehr in Berufsschulen investieren.