Karlsruhe (Reuters) - Die Oppositionsfraktionen im Bundestag haben keinen Anspruch auf Stärkung ihrer Rechte.
Das Bundesverfassungsgericht wies am Dienstag eine entsprechende Klage der Linken vollständig ab. Das Grundgesetz gebe Oppositionsfraktionen keine eigenen Kontrollrechte, vielmehr seien diese Rechte allein Abgeordneten vorbehalten, unabhängig von ihrer Fraktion, heißt es in dem Urteil. Das Grundgesetz stehe der Einführung spezifischer Oppositionsfraktionsrechte sogar entgegen. Linke, Grüne und FDP reagierten enttäuscht auf das Urteil.(Az:2 BvE 4/14)
Die Linkspartei wollte erreichen, dass angesichts häufiger werdender großer Koalitionen die Rechte kleiner Oppositionsfraktionen gestärkt werden, um deren Kontrollfunktion effektiver zu machen. Zahlreiche Rechte der Minderheit sind im Grundgesetz davon abhängig, dass sie von einem Viertel der Abgeordneten geltend gemacht werden. Dazu gehört etwa das Recht auf Einberufung eines Untersuchungsausschusses. Die Oppositionsparteien Linke und Grüne erreichen dieses Quorum von einem Viertel derzeit aber nicht.
Gregor Gysi, der als damaliger Chef der Linken-Fraktion 2014 die Klage eingereicht hatte, räumte die juristische Niederlage ein, wertete aber als Erfolg, dass das Bundesverfassungsgericht die Rechte der Opposition in einem bislang nicht dagewesen Umfang dargestellt habe. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Hasselmann, erklärte, es gebe gute Gründe, die Festschreibung der Rechte kleiner Minderheiten zu verankern. Auch FDP-Chef Christian Lindner sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", die "übergroße Mehrheit der großen Koalition" könne zur Gefahr für den Parlamentarismus werden. Zufrieden zeigte sich die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Christine Lambrecht: Das Bundesverfassungsgericht habe betont, dass Oppositionsrechte zu Recht an Quoren gebunden seien.
Der Bundestag senkte im Jahr 2014 in seiner Geschäftsordnung die Quoren ab, so dass in dieser Legislaturperiode 120 Abgeordnete zur Einberufung eines Untersuchungsausschusses ausreichen. Um Gesetze über eine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen, ist aber weiterhin ein Quorum von einem Viertel der Abgeordneten nötig. Außerdem ist die Geschäftsordnung jederzeit änderbar und kein Gesetz.
GERICHT: AUCH FRÜHER SCHON VIELE KLEINE PARTEIEN
Das Verfassungsgericht lehnte unter Hinweis auf den Wortlaut des Grundgesetzes alle Anträge der Linken ab. Es gebe auch keine Veränderung der Verfassungswirklichkeit. In früheren Jahren seien noch viel mehr Parteien im Bundestag gewesen als heute. Die Grundgesetzgeber hätten ganz bewusst auf spezifische Fraktionsrechte der Opposition verzichtet und sie einer bestimmten Anzahl von Abgeordneten zuerkannt. Seit der ersten Legislaturperiode habe die Möglichkeit großer Koalitionen im Bundestag bestanden und damit die Möglichkeit, dass Oppositionsfraktionen bestimmte Quoren nicht erfüllen. Dies habe es auch schon mehrfach gegeben. "Die tatsächlichen Verhältnisse sind somit stabil", schloss das Gericht daraus.