BERLIN (dpa-AFX) - In der Diskussion um den Mindestlohn haben die Zeitungsverleger erneut vor den Folgen gewarnt. Sollten die 160 000 Zusteller nicht mehr nach Zahl ausgetragener Zeitungen, sondern pro Stunde bezahlt werden, drohten ganze Regionen nicht mehr beliefert zu werden. Mit einem einheitlichen Mindestlohn kämen auf die Verlage Belastungen von 225 Millionen Euro zu. Diese Summe sei nicht tragbar, erklärte der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) am Montag. Die Gewerkschaft Verdi hielt dem entgegen, es gebe keine Anzeichen, dass der Mindestlohn bedeutende Einbußen für die Verlage mit sich brächte.
Laut BDZV wären von einem Mindestlohn 13 Prozent der Auflage betroffen. Die Mehrzahl der Zusteller seien Minijobber, die ohnehin nur begrenzt dazuverdienen dürften. Die Verleger berufen sich zudem auf ein Gutachten des früheren Bundesverfassungsrichters Udo di Fabio. Demnach müsse der Gesetzgeber die Folgen der Wirtschafts- und Sozialpolitik für die Pressefreiheit berücksichtigen. Schon heute sei die Presse gegenüber Internet und öffentlich-rechtlichem Rundfunk in der Defensive. Mehrkosten bei der Zustellung würden für manche Zeitung das Aus bedeuten, sagte di Fabio dem "Handelsblatt" (Montag).
Verdi widersprach dieser Darstellung. Die Gewerkschaft stützt sich auf ein Gutachten des Staatsrechtlers Bodo Pieroth (Münster). Die Pressefreiheit werde nicht durch einen Mindestlohn für Zusteller geschmälert. Der Stücklohn könnte bestehenbleiben, wenn mit einer Aufstockung der Stundenlohn von 8,50 Euro erreicht werde.ha