CANNES/ATHEN (dpa-AFX) - Die Schuldenkrise in Europa bleibt außer Kontrolle. Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou hat kapituliert und einer Übergangsregierung zugestimmt, um das Finanzchaos zu beenden. Italiens Premier Silvio Berlusconi fehlte weiter die Kraft, verlorene Kreditwürdigkeit zurückzugewinnen. Zum Auftakt des G20-Gipfels im französischen Cannes halfen Versuche Deutschlands und Frankreichs wenig, Führungsstärke zu demonstrieren. US-Präsident Barack Obama war unzufrieden mit dem Krisenmanagement. Immerhin profitierten die Finanzmärkte von einer unerwarteten Zinssenkung in der Eurozone.
Sinnbild für die derzeitige politische Verfassung Europas ist die Kehrtwende des Griechen Papandreou, der am Montagabend ein Referendum über die internationalen Hilfen angekündigt hatte. Keine 72 Stunden später sagte er es unter dem Druck der Euro-Partner und der eigenen sozialistischen Partei wieder ab.
ÜBERGANGSREGIERUNG: PAPANDREOU FÜHRT GESPRÄCHE MIT OPPOSITION
Die Absage sei die Voraussetzung für Gespräche mit der oppositionellen Nea Dimokratia (ND), eine Übergangsregierung zu bilden, sagte Papandreou, dessen künftige politische Rolle zunächst unklar war.
Der um seine Wiederwahl im nächsten Jahr kämpfende Obama kritisierte in Cannes, dass die europäischen Probleme das globale Wachstum gefährdeten. 'Unsere wichtigste Aufgabe in den nächsten zwei Tagen ist es, die Finanzkrise in Europa zu lösen.'
Die USA kämpfen weiter mit den Folgen der Krise nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers 2008: schwache Konjunktur, hohe Arbeitslosenzahl und wenig Hoffnung auf rasche Wende.
EZB:DRAGHI STARTET MIT ÜBERRASCHENDER ZINSSENKUNG
Der französische Präsident und Gipfel-Gastgeber Nicolas Sarkozy sagte, Europa sei entschlossen, die Brandherde in Griechenland, Portugal, Irland und Italien zu löschen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) unter ihrem neuen Präsidenten Mario Draghi senkte nicht nur den Leitzins im Euro-Raum von 1,5 auf 1,25 Prozent. Draghi sicherte auch zu, dass die EZB weiter Staatsanleihen der Euro-Schuldenstaaten aufkauft.
Die letzten Prognosen deuteten auf ein schwächeres Wachstum in Europa und den USA hin. Niedrige Zinsen verbilligen Kredite und können Investitionen und Konsum ankurbeln. Billiges Geld heizt auch die Inflation an.
Seit Mai 2010 steckte die Notenbank Milliarden in Staatsanleihen von Schuldenstaaten wie Griechenland, Portugal und Italien. Ein umstrittener Schritt. Banker sehen die Unabhängigkeit der EZB von Politik verletzt.
SARKOZY UND MERKEL DROHEN GRIECHENLAND MIT EURO-RAUSSCHMISS
Am Vorabend des G20-Gipfels hatten Sarkozy, Bundeskanzlerin Angela Merkel und die EU-Spitzen in gereizter Atmosphäre mit dem griechischen Premier gerungen. Die Botschaft an Papandreou war eindeutig: Europa nimmt eine Staatspleite Griechenlands in Kauf, um den Euro zu retten. Auf die Idee der Volksabstimmung reagierten die Geldgeber mit dem Einfrieren einer Überweisung von 8 Milliarden Euro.
'Wir möchten nicht, dass der Euro zerstört wird', sagte Sarkozy. Sollten die Griechen sich dem Sparen verweigern, sei die Eurozone auf den Austritt vorbereitet. 'Wir sind gewappnet', sagte Merkel.
Wenig Gutes brachte auch das andere Sorgenkind, Italien, zum G20-Gipfel mit. In einer Krisensitzung bis in die Nacht einigten sich Berlusconi und sein Koalitions-Kabinett nur mit Mühe auf eher kosmetische Zusätze eines Konjunkturprogrammes, wie Medien berichteten. Staatspräsident Giorgio Napolitano prüfe Neuwahlen.
EURO-SORGENKIND ITALIEN VOR NEUWAHLEN?
Die europäische Schulden- und Bankenkrise drängte die eigentlich wichtigen Aufgaben der führenden Volkswirtschaften, der Gruppe der 20 (G20), zunächst in den Hintergrund. Dabei ging es um den schwelenden Streit über ein globales Währungssystem und schärfere Kontrollen von Großbanken und milliardenschweren Finanzgeschäften ohne Aufsicht.
Deutschland und die USA stritten weiter darüber, wie weit die Notenbanken im Kampf gegen Schuldenkrise und Wirtschaftsabschwung gehen dürfen. Die USA befürworten nach Angaben von Diplomaten mehr Flankenschutz der Politik durch die US-Notenbank und die EZB. Merkel habe dies bei einem Treffen mit Obama zurückgewiesen.
Nicht überzeugt zeigte sich Obama vom europäischen Krisenmanagement. Er habe zwar den Eindruck, als seien die Europäer vorangekommen. Aber Einzelheiten seien noch unklar. 'Wir müssen die Situation in Europa klären.'
US-PRÄSIDENT OBAMA MACHT DRUCK AUF EURO-RETTER
Obama forderte rasche Fortschritt, weil die US-Notenbank einen düsteren Ausblick für die Konjunktur verkündete. Zum dritten Mal in diesem Jahr senkte die Federal Reserve (Fed) ihre Prognose. Auch die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt sieht sie pessimistisch.
Einen Erfolg kann offensichtlich Russland verbuchen. Nach dem Willen der G20-Staatengruppe soll Russland bald Mitglied der Welthandelsorganisation WTO werden, heißt es in einem Entwurf der Gipfel-Abschlusserklärung, die der Nachrichtenagentur dpa vorlag. Russland bemüht sich seit 17 Jahren um einen WTO-Beitritt.
An der französischen Mittelmeerküste sind neben den großen westlichen Industriestaaten auch aufstrebende Nationen wie China, Indien, Brasilien und Mexiko mit ihren Staats- und Regierungschef vertreten.
Die jährlich wechselnde Präsidentschaft der G20 liegt in diesem Jahr bei Frankreich. Für das Treffen in dem südfranzösischen Seebad sind 12 000 Polizisten und Sicherheitskräfte aufgeboten./rom/DP/hbr
Sinnbild für die derzeitige politische Verfassung Europas ist die Kehrtwende des Griechen Papandreou, der am Montagabend ein Referendum über die internationalen Hilfen angekündigt hatte. Keine 72 Stunden später sagte er es unter dem Druck der Euro-Partner und der eigenen sozialistischen Partei wieder ab.
ÜBERGANGSREGIERUNG: PAPANDREOU FÜHRT GESPRÄCHE MIT OPPOSITION
Die Absage sei die Voraussetzung für Gespräche mit der oppositionellen Nea Dimokratia (ND), eine Übergangsregierung zu bilden, sagte Papandreou, dessen künftige politische Rolle zunächst unklar war.
Der um seine Wiederwahl im nächsten Jahr kämpfende Obama kritisierte in Cannes, dass die europäischen Probleme das globale Wachstum gefährdeten. 'Unsere wichtigste Aufgabe in den nächsten zwei Tagen ist es, die Finanzkrise in Europa zu lösen.'
Die USA kämpfen weiter mit den Folgen der Krise nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers 2008: schwache Konjunktur, hohe Arbeitslosenzahl und wenig Hoffnung auf rasche Wende.
EZB:DRAGHI STARTET MIT ÜBERRASCHENDER ZINSSENKUNG
Der französische Präsident und Gipfel-Gastgeber Nicolas Sarkozy sagte, Europa sei entschlossen, die Brandherde in Griechenland, Portugal, Irland und Italien zu löschen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) unter ihrem neuen Präsidenten Mario Draghi senkte nicht nur den Leitzins im Euro-Raum von 1,5 auf 1,25 Prozent. Draghi sicherte auch zu, dass die EZB weiter Staatsanleihen der Euro-Schuldenstaaten aufkauft.
Die letzten Prognosen deuteten auf ein schwächeres Wachstum in Europa und den USA hin. Niedrige Zinsen verbilligen Kredite und können Investitionen und Konsum ankurbeln. Billiges Geld heizt auch die Inflation an.
Seit Mai 2010 steckte die Notenbank Milliarden in Staatsanleihen von Schuldenstaaten wie Griechenland, Portugal und Italien. Ein umstrittener Schritt. Banker sehen die Unabhängigkeit der EZB von Politik verletzt.
SARKOZY UND MERKEL DROHEN GRIECHENLAND MIT EURO-RAUSSCHMISS
Am Vorabend des G20-Gipfels hatten Sarkozy, Bundeskanzlerin Angela Merkel und die EU-Spitzen in gereizter Atmosphäre mit dem griechischen Premier gerungen. Die Botschaft an Papandreou war eindeutig: Europa nimmt eine Staatspleite Griechenlands in Kauf, um den Euro zu retten. Auf die Idee der Volksabstimmung reagierten die Geldgeber mit dem Einfrieren einer Überweisung von 8 Milliarden Euro.
'Wir möchten nicht, dass der Euro zerstört wird', sagte Sarkozy. Sollten die Griechen sich dem Sparen verweigern, sei die Eurozone auf den Austritt vorbereitet. 'Wir sind gewappnet', sagte Merkel.
Wenig Gutes brachte auch das andere Sorgenkind, Italien, zum G20-Gipfel mit. In einer Krisensitzung bis in die Nacht einigten sich Berlusconi und sein Koalitions-Kabinett nur mit Mühe auf eher kosmetische Zusätze eines Konjunkturprogrammes, wie Medien berichteten. Staatspräsident Giorgio Napolitano prüfe Neuwahlen.
EURO-SORGENKIND ITALIEN VOR NEUWAHLEN?
Die europäische Schulden- und Bankenkrise drängte die eigentlich wichtigen Aufgaben der führenden Volkswirtschaften, der Gruppe der 20 (G20), zunächst in den Hintergrund. Dabei ging es um den schwelenden Streit über ein globales Währungssystem und schärfere Kontrollen von Großbanken und milliardenschweren Finanzgeschäften ohne Aufsicht.
Deutschland und die USA stritten weiter darüber, wie weit die Notenbanken im Kampf gegen Schuldenkrise und Wirtschaftsabschwung gehen dürfen. Die USA befürworten nach Angaben von Diplomaten mehr Flankenschutz der Politik durch die US-Notenbank und die EZB. Merkel habe dies bei einem Treffen mit Obama zurückgewiesen.
Nicht überzeugt zeigte sich Obama vom europäischen Krisenmanagement. Er habe zwar den Eindruck, als seien die Europäer vorangekommen. Aber Einzelheiten seien noch unklar. 'Wir müssen die Situation in Europa klären.'
US-PRÄSIDENT OBAMA MACHT DRUCK AUF EURO-RETTER
Obama forderte rasche Fortschritt, weil die US-Notenbank einen düsteren Ausblick für die Konjunktur verkündete. Zum dritten Mal in diesem Jahr senkte die Federal Reserve (Fed) ihre Prognose. Auch die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt sieht sie pessimistisch.
Einen Erfolg kann offensichtlich Russland verbuchen. Nach dem Willen der G20-Staatengruppe soll Russland bald Mitglied der Welthandelsorganisation WTO werden, heißt es in einem Entwurf der Gipfel-Abschlusserklärung, die der Nachrichtenagentur dpa vorlag. Russland bemüht sich seit 17 Jahren um einen WTO-Beitritt.
An der französischen Mittelmeerküste sind neben den großen westlichen Industriestaaten auch aufstrebende Nationen wie China, Indien, Brasilien und Mexiko mit ihren Staats- und Regierungschef vertreten.
Die jährlich wechselnde Präsidentschaft der G20 liegt in diesem Jahr bei Frankreich. Für das Treffen in dem südfranzösischen Seebad sind 12 000 Polizisten und Sicherheitskräfte aufgeboten./rom/DP/hbr