Washington/Brüssel (Reuters) - Die näher rückende Abstimmung der Briten über einen EU-Ausstieg versetzt Währungshüter auf beiden Seiten des Atlantiks in erhöhte Alarmbereitschaft.
US-Notenbankchefin Janet Yellen warnte am Dienstag vor einem Kongress-Ausschuss, die Entscheidung für einen Austritt könne "erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen" haben. Für diesen Fall sei eine Phase von Finanzmarktturbulenzen zu befürchten. Auch die konjunkturellen Perspektiven der USA dürften darunter leiden. EZB-Präsident Mario Draghi sagte in Brüssel, die Europäische Notenbank rüste sich mit Notfallplänen für die Zeit nach dem Votum.
"Ich denke, wir haben alle Vorbereitungen getroffen, die notwendig sind", sagte der Italiener vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments. Es sei jedoch sehr schwierig vorherzusagen, in welchen Größenordnungen sich das Votum auf der Insel auf die Märkte und die Volkswirtschaften in der Euro-Zone auswirken würde. Die Briten stimmen am Donnerstag in einem historischen Referendum darüber ab, ob sie die Europäische Union verlassen oder bleiben. Der Ausgang gilt als völlig offen. Die Unsicherheit, ob sich die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU nach Deutschland mit dem wichtigen Handelsplatz London künftig von Europa abkoppelt, sorgt an den Finanzmärkten für Unruhe.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet im Falle eines Ausstiegs mit einem raschen Einschreiten der EZB. "Wenn es zu einem Brexit kommen würde, wären Verwerfungen unvermeidlich", sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher: "Die EZB würde sicherlich am Interbankenmarkt Liquidität einschießen." Laut Österreichs Notenbank-Chef Ewald Nowotny könnte die EZB auch geltende Devisen-Swap-Vereinbarungen mit der Bank von England aktivieren, um beruhigend auf die Finanzmärkte einzuwirken. Im Kern handelt es sich dabei um gegenseitige Liquiditätshilfen. Die EZB stellt dabei der britischen Notenbank Euro-Liquidität zur Verfügung - die Bank von England der EZB wiederum Pfund. So soll sichergestellt werden, dass sich Geldhäuser in Großbritannien und im Euro-Raum gegen Sicherheiten von ihren Notenbanken ausreichend Pfund oder Euro leihen können.
Nach Einschätzung der Commerzbank (DE:CBKG) könnten bei einem Brexit die großen Notenbanken zudem bei Interventionen am Devisenmarkt gemeinsame Sache machen. Auch die US-Notenbank könnte mitmachen, da der starke Dollar den US-Exporteuren das Leben erschwert. Die US-Währungshüter hatten vorige Woche entschieden, den Leitzins in der Spanne von 0,25 und 0,5 Prozent zu belassen. Das Szenario eines britischen EU-Ausstiegs war laut Yellen dabei mit ins Kalkül genommen worden.