FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax hat am Donnerstag seine jüngsten Verluste ausgeweitet. Die anhaltenden Inflations- und Zinssorgen drückten wie schon zur Wochenmitte auf die Stimmung. Der deutsche Leitindex fiel bis zum frühen Nachmittag um 0,43 Prozent auf 15 239,54 Punkte, nachdem er kurz das untere Ende seines jüngsten Schwankungsbereichs durchbrochen hatte. Der MDax der mittelgroßen Werte verlor 0,82 Prozent auf 28 344,34 Punkte. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 0,12 Prozent nach unten.
Die Furcht vor weiter steigenden Zinsen, die festverzinsliche Anlagen attraktiver machen und die Wirtschaft bremsen können, bleibt an den Finanzmärkten omnipräsent. Marktbeobachter Michael Hewson vom Handelshaus CMC Markets (LON:CMCX) verwies auf steigende Anleiherenditen als generelles Problem für Aktien.
Frische Inflationsdaten aus dem Euroraum sorgten für einen kurzen Schockmoment am Aktienmarkt. Die hohe Teuerung in der Region hat sich im Februar zwar den vierten Monat in Folge abgeschwächt, aber nicht so stark wie erhofft. Die Kernjahresinflationsrate, bei der schwankungsanfällige Preise für Energie und Lebensmittel herausgerechnet werden, stieg sogar überraschend auf den Rekordwert von 5,6 Prozent.
"Bei der Europäischen Zentralbank schrillen die Alarmglocken", kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Der Inflationsdruck bleibe hoch: "Trotz der vor einem Jahr mit Kriegsausbruch gestiegenen Energiepreise und des damit einsetzenden Basiseffekts fällt die Teuerungsrate nur leicht. Das erschreckt." Der Dienstleistungssektor wälze gestiegene Energie- und Personalkosten auf die Produkte über.
Am Dax-Ende sackten die Aktien von Covestro (F:1COV) um 5,3 Prozent ab. Der Kunststoffkonzern traut sich in dem schwierigen Konjunkturumfeld keine konkrete Prognose für 2023 zu. Das operative Ergebnis dürfte im laufenden Jahr deutlich sinken. Gleiches gelte für den freien operativen Mittelzufluss.
Aktien von Immobilienkonzernen trotzten derweil den Zinssorgen der Anleger und legten gegen den negativen Trend zu. Hier kamen positive Nachrichten für die Branche aus der Stadt Berlin, wo knapp drei Wochen nach der Wiederholungswahl alles auf anstehende Koalitionsverhandlungen zwischen der CDU und der SPD hindeutet. Die beiden Parteien beabsichtigten wohl keine pauschale Enteignung von Immobilien, sondern die Vergesellschaftung von Wohnimmobilien im Einzelfall durch Ankauf, sagte ein Börsianer.
Die Umsetzung des erfolgreichen Volksentscheids zur Enteignung großer Wohnungskonzerne war ein Streitthema zwischen den Parteien der bisherigen rot-grün-roten Regierungskoalition in Berlin. Die Diskussion hat auch die Aktien der Branche unter Druck gesetzt. Nun gewannen die Papiere von LEG Immobilien (ETR:LEGn) an der MDax-Spitze 2,3 Prozent. Die Anteilsscheine von TAG Immobilien (ETR:TEGG) legten um 0,7 Prozent zu. Im Kielwasser dessen schnellten die Aktien von Dic Asset (ETR:DICn) mit einem Plus von 7,2 Prozent an die Spitze des Nebenwerteindex SDax , obwohl das Unternehmen auf Gewerbe- und nicht auf Wohnimmobilien spezialisiert ist.
Der Kurs des Euro gab weiter nach und notierte zuletzt bei 1,0592 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Mittwoch auf 1,0684 (Dienstag: 1,0619) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,9360 (0,9417) Euro.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,76 Prozent am Vortag auf 2,79 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,28 Prozent auf 123,15 Punkte. Der Bund-Future legte um 0,08 Prozent auf 131,93 Punkte zu.