Investing.com - Die US-Börsen (ETR:SXR4) stehen vorbörslich unter Druck und steuern auf einen Wochenverlust zu. Die Märkte reagieren auf die gestrigen Aussagen von Fed-Präsident Jerome Powell, der signalisiert hat, dass die Zentralbank angesichts der guten Wirtschaftslage keinen Grund zur Eile bei Zinssenkungen habe. Auch aus China kommen gemischte Signale. Zusätzlich trübt ein Rückgang der britischen Wirtschaftsleistung im September die Stimmung.
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1. Powell signalisiert gemäßigten Zinsansatz
Fed-Chef Jerome Powell sieht aktuell keinen Grund, die Zinssätze überstürzt weiter zu senken – vor allem angesichts der Unsicherheiten, die eine mögliche Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus mit sich bringt.
„Ich denke, es ist zu früh, hier vorschnelle Urteile zu fällen. Wir wissen schlichtweg nicht, welche Maßnahmen er ergreifen wird“, sagte Powell gestern bei einer Veranstaltung der Fed in Dallas.
Nach den US-Wahlen am 5. November haben die Republikaner die Kontrolle über beide Häuser des Kongresses sowie das Weiße Haus übernommen. Die Trump-Regierung plant eine Reihe wirtschaftspolitischer Maßnahmen, darunter hohe Zölle auf Importe und eine verschärfte Einwanderungspolitik. Beide könnten dazu führen, dass der Inflationsdruck erneut zunimmt – ein Szenario, das Powell genau im Blick behalten dürfte.
Erst Anfang des Monats hatte die US-Notenbank den Leitzins um 25 Basispunkte auf eine Spanne von 4,50 % bis 4,75 % gesenkt. Es war bereits die zweite Zinssenkung in Folge, mit dem Ziel, die Konjunktur zu stützen, ohne die Inflation außer Kontrolle geraten zu lassen.
Powells vorsichtige Haltung spiegelt sich auch in den Erwartungen der Märkte wider. Laut Zins-Futures liegt die Wahrscheinlichkeit für eine weitere Senkung um 25 Basispunkte im nächsten Monat jetzt bei etwa 60 %. Zu Beginn der Woche lag sie noch bei 80 %.
2. US-Börsenrallye gerät ins Stocken
Die Euphorie an den US-Märkten nach der Wahl von Donald Trump lässt allmählich nach. Auch heute deuten die Vorzeichen auf weitere Verluste hin. Der Dow Future notiert aktuell 0,5 % tiefer, der S&P 500 verliert 0,6 %, und der Nasdaq 100 gibt sogar um 0,9 % ab. Die Rallye der letzten Wochen hat sich damit deutlich abgekühlt.
Bereits gestern schlossen die wichtigsten Indizes tief im Minus. Der Dow Jones Industrial fiel nach den hawkischen Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell um mehr als 200 Punkte. Zum Wochenschluss dürften sich die Verluste noch deutlicher zeigen: Der DJIA steuert auf ein Minus von 0,5 %, der S&P 500 auf ein Minus von 0,8 %, und der technologielastige Nasdaq Composite wird voraussichtlich mit einem Abschlag von 0,9 % aus der Woche gehen.
Im weiteren Tagesverlauf stehen mehrere Wirtschaftsdaten im Mittelpunkt, die für die Marktbewegungen entscheidend sein könnten. Dazu zählen die Einzelhandelsumsätze sowie die Einfuhrpreise und die Industrieproduktion in den USA.
Bei den Einzelwerten wird Applied Materials (NASDAQ: AMAT) nach einer enttäuschenden Umsatzprognose besonders im Fokus stehen. Der Chiphersteller signalisierte schwächere Geschäftsaussichten, was sich deutlich auf den Kurs auswirken könnte. Ebenfalls im Blickpunkt: Domino’s Pizza (NYSE:DPZ). Hier sorgt eine Beteiligung durch Berkshire Hathaway (NYSE:BRKa) für Schlagzeilen.
3. Chinesische Wirtschaft mit gemischtem Bild
Die heute veröffentlichten Wirtschaftsdaten aus China zeichnen ein gemischtes Bild vom Zustand der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt.
Die Industrieproduktion wuchs im Oktober um 5,3 % im Jahresvergleich und verfehlte damit knapp die Erwartungen von 5,5 %. Auch gegenüber dem Vormonat (5,4 %) zeigt sich eine leichte Abschwächung. Gründe dafür sind vor allem die nach wie vor schwache lokale Nachfrage sowie eine zurückhaltende Fiskalpolitik.
Besser sieht es bei den Einzelhandelsumsätzen aus: Diese stiegen im Oktober um 4,8 % und übertrafen damit die Prognosen von 3,8 % deutlich. Im Vergleich zum Vormonat (3,2 %) zeigt sich zudem eine Beschleunigung des Konsums im Einzelhandel. Allerdings relativiert sich der Optimismus etwas, da die Goldene Woche Anfang Oktober einen erheblichen Beitrag zu den guten Zahlen geleistet hat. Trotzdem lässt sich eine leichte Belebung der privaten Ausgaben feststellen, insbesondere seitdem Peking im vergangenen Monat umfassende Konjunkturmaßnahmen eingeleitet hat.
Ein anhaltender Sorgenfaktor bleibt der Immobiliensektor. Die Immobilieninvestitionen gingen von Januar bis Oktober im Jahresvergleich um 10,3 % zurück. Zudem sanken die Preise für Neubauten im Oktober um 5,9 % gegenüber dem Vorjahr. Das ist der stärkste Rückgang seit 2015 und markiert den 16. Monat in Folge mit fallenden Preisen.
4. Britische Wirtschaft ist im September erneut geschrumpft
Die britische Wirtschaft hat im September unerwartet einen Rückschlag erlitten. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank im Monatsvergleich um 0,1 %. Zwar konnte die Wirtschaft im dritten Quartal insgesamt um 0,1 % wachsen, blieb damit jedoch deutlich hinter dem Zuwachs von 0,5 % im zweiten Quartal zurück.
Für die neue Labour-Regierung, die sich ambitionierte Ziele für nachhaltiges Wachstum gesetzt hat, kommt diese Entwicklung zur Unzeit. Schatzkanzlerin Rachel Reeves hatte erst Ende Oktober ihren ersten Haushaltsplan präsentiert, der umfassende Investitionen, höhere Steuern und zusätzliche Kreditaufnahmen vorsieht, um die Wirtschaft auf Kurs zu bringen.
„Das Wirtschaftswachstum zu stärken, ist der Kern meiner Arbeit. Deshalb bin ich mit diesen Zahlen alles andere als zufrieden“, erklärte Reeves nach der Veröffentlichung der enttäuschenden Daten.
Auch die Bank of England sieht düstere Zeiten voraus. Anfang November senkte sie den Leitzins um 25 Basispunkte, nachdem sie ihre Wachstumsprognose für 2024 von 1,25 % auf 1 % herabgestuft hatte.
5. Ölpreise unter Druck
Der Ölpreis setzt seinen Abwärtstrend fort und steuert auf einen Wochenverlust zu. Die Sorte US-Rohöl (WTI) notiert derzeit 1,1 % niedriger bei 67,97 Dollar pro Barrel, während Brent, die Nordseesorte, ebenfalls um 1,1 % auf 71,78 Dollar fällt. Beide Kontrakte stehen damit auf Wochensicht vor einem Rückgang von etwa 3 %.
Ein wesentlicher Grund für die Verluste ist die Sorge um Chinas Wirtschaft, den größten Rohölimporteur der Welt. Jüngste Wirtschaftsdaten zeigen ein schwankendes Bild der wirtschaftlichen Erholung: Im Oktober verarbeiteten Chinas Raffinerien 4,6 % weniger Rohöl als im Vorjahr – der siebte Rückgang in Folge.
Hinzu kommt die Unsicherheit durch die OPEC, die ihre Nachfrageprognose gesenkt hat. Gleichzeitig wuchsen die US-Rohöllagerbestände in der vergangenen Woche um 2,1 Millionen Barrel, was die Angst vor einem Überangebot verstärkte. Die Produktion bleibt mit mehr als 13 Millionen Barrel täglich auf einem Rekordniveau.
Auch die Internationale Energieagentur (IEA) hat in ihrem jüngsten Monatsbericht gewarnt, dass die anhaltend hohe Produktion das Angebot bis 2025 über die Nachfrage steigen lassen könnte – selbst unter den aktuellen Förderkürzungen der OPEC+.
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