BERLIN (dpa-AFX) - Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, plädiert für mehr Zurückhaltung beim Thema Naturschutz und für ein höheres Tempo bei der Genehmigung von Bauprojekten. "Wir haben uns in Deutschland einen Verfahrensluxus zugelegt. Die Genehmigungsprozesse sind häufig überladen", sagte Adrian der "Bild am Sonntag". "Allein die Verfahren zum Schutz der Flora und Fauna ziehen sich teilweise über Jahre."
In Deutschland würden bereits jährlich viele Millionen Euro für die Umsiedelung seltener Vögel und für Eidechsen-Schutzzäune an Autobahnen ausgegeben. "Projekte werden gestrichen oder aufwendig umgeplant, weil das betroffene Bauland eventuell ein Nistraum für das Haselhuhn sein könnte. Ich möchte den Naturschutz keinesfalls infrage stellen, denn er ist wichtig. Aber wir sollten bei allem maßvoll bleiben", sagte der DIHK-Chef. Dabei gehe es auch um den Erhalt von Arbeitsplätzen. Vor allem seit 2022 gebe es "deutliche Abwanderungstendenzen, insbesondere in Branchen mit hohem Energiebedarf".
Um dem Fachkräftemangel beizukommen, müssten zudem Visavergaben vereinfacht werden. "Selbst das beste Fachkräfteeinwanderungsgesetz bringt uns nichts, wenn potenzielle Arbeitskräfte sechs Monate auf einen Termin warten müssen", sagte Adrian. "Die Bundesregierung muss die Visaverfahren drastisch vereinfachen. Die deutschen Konsulate dürfen nicht zum Nadelöhr der Fachkräftezuwanderung werden."
Zudem seien Potenziale im Inland auszuschöpfen. Bis heute seien Frauen in der Arbeitswelt unterrepräsentiert. "Wenn alle Frauen, die aktuell in Teilzeit beschäftigt sind, durchschnittlich zwei Stunden am Tag länger arbeiten würden, würde das so viel bringen wie 500 000 Arbeitskräfte", sagte der DIHK-Chef.